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# taz.de -- Vorwürfe gegen Lidl-Zulieferer: Quälerei fürs Kühlregal
> Eine spanische Tierschutzorganisation erhebt schwere Vorwürfe gegen einen
> Zuchtbetrieb. Die Produkte könnten auch in deutschen Filialen gelandet
> sein.
Bild: Lidl-Tüte
Madrid taz | Die Bilder sind schrecklich. Tote Schweine, teilweise
angefressen von ihren Artgenossen, entzündete Wunden, riesige bis zu sieben
Kilogramm schwere Eingeweidebrüche, Geschwülste, blinde Tiere und überall
Dreck, Würmer, Ratten. Die Aufnahmen, die die spanische
Tierschutzorganisation Observatorium für das Tierwohl (OBA) veröffentlicht
hat, stammen aus einem Zuchtbetrieb in Quintanilla del Coco in der
nordspanischen Provinz Burgos.
Die „Horrorfarm“, wie die spanische Presse die Zucht taufte, hat einen
Bestand von 2.200 Tieren und liefert an ein Unternehmen, das unter dem
Markennahmen Campodulce auch bei den spanischen Supermärkten von [1][Lidl]
im Regal liegt. Zumindest bei einer Sonderaktion sollen Fleischprodukte aus
diesem Vertriebsweg auch in den deutschen Filialen gelandet sein.
In einem von OBA veröffentlichten Video ist zu sehen, wie Tiere im
fraglichen Zuchtbetrieb Ende Juli auf einen LKW verladen werden und im
Schlachthof landen, der Lidl beliefert. The Pink Pig heißt das Unternehmen
der Jorge Gruppe, Eigentümerin der Marke Campodulce. Immer wieder kommen –
so das OBA – bei der Verladung der Tiere Schläge und Elektroschocks zum
Einsatz. Die Organisation zeigte den Eigentümer des Zuchtbetriebes, Domingo
del Pozo Martínez, Bürgermeister seines Heimatortes, an. Del Pozo,
Poliotiker aus den Reihen der konservativen Partido Popular, war am Freitag
nicht zu erreichen. Das Telefon des Rathauses war unbesetzt.
„Als wir von den Vorwürfen erfuhren, haben wir uns unweigerlich mit
Campodulce in Verbindung gesetzt. Sie versicherten, dass sie nicht mit
dieser Schweinezucht zusammenarbeiten, da sie das Gütesiegel für Tierwohl
nicht erneuert hat, das wir von allen Betrieben verlangen, die mit Lidl
zusammenarbeiten“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme des
Unternehmens. Was die Pressestelle nicht erwähnt: Da fragliche Gütesiegel
„Animal Welfair“, ausgestellt vom spanischen Unternehmen AENOR in
Zusammenarbeit mit der katalanischen Agentur IRTA, wurde der Zucht in
Quintanilla del Coco entzogen, nach dem die Tageszeitung El País über die
OBA-Nachforschungen exklusiv berichtete – keine 72 Stunden vor besagter
Stellungnahme der spanischen Lidl-Pressestelle. Lidl-Spanien bezieht von
der Jorge-Gruppe und deren Marke Campodulce, deren Zulieferer die
Schweinezucht bei Burgos ist, „Jamón Serrano Reserva“ – aufgeschnittener,
luftgetrockneter Schinken.
## Nicht der erste Skandal
„Es handelt sich um den siebten Tiermissbrauchsskandal bei Lidl innerhalb
von zwölf Monaten“, sagt Guillermo Moreno. Der Gründer und Direktor des OBA
wirft Lidl vor, sich nicht „für den Tierschutz zu engagieren.“ „Und das,
obwohl es schwerwiegende Fälle gibt, die all die guten Worte widerlegen,
die Lidl auf seiner Website über den Umgang mit Tieren in seiner
Lieferkette verliert“, fügt er hin zu.
[2][Bei früheren Skandalen] ging es hauptsächlich um die Aufzucht von
Hähnchen, deren Fleisch bei Lidl vermarktet wird. Mehr als eine halbe
Million Verbraucher habe eine Petition an die Europäische Union (EU)
unterschrieben, in der eine ernsthaftere Tierschutzpolitik eingefordert
wird.
In Spanien werden jedes Jahr über 56 Millionen Schweine aufgezogen und
geschlachtet. Das Land auf der Iberischen Halbinsel liegt damit weltweit
nach den USA, China und Deutschland ganz knapp auf Platz vier. Das
Kilogramm Schweinefleisch kostet in Spanien ab Schlachthof 1,61 Euro ohne
Mehrwertsteuer und ist damit so billig wie nirgends in der EU. In
Österreich sind es 1,75 Euro, in Deutschland 1,78 Euro. In den letzten
Jahren wuchs der spanische Schweinebestand um 30 Prozent. Über 600.000
Tonnen Schweinefleisch gehen jährlich in den Export, 50.000 Tonnen davon
alleine nach Deutschland.
1 Dec 2023
## LINKS
[1] /Lidl/!t5017975
[2] /Kampagne-Fleischskandal-bei-Lidl/!5891639
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Landwirtschaft
Massentierhaltung
Tierquälerei
Lieferketten
Plastikmüll
Recycling
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