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# taz.de -- Nach Einsturz des Fabrikgebäudes 2013: Immerhin gehen die Feuerlö…
> Ohne die Katastrophe in Bangladesch gäbe es das Lieferkettengesetz wohl
> nicht. Seitdem wurde die Sicherheit in dem Land verbessert, der Lohn
> kaum.
Bild: 13-jährige Arbeiterin in einer Textilfabrik in Bangladesch
Der Einsturz des Fabrikgebäudes Rana Plaza am 24. April vor zehn Jahren mit
über 1.100 Toten und 2.500 Verletzten sandte eine internationale
Schockwelle aus. Vielen Leuten und Politiker:innen hierzulande wurde
klar, was „Globalisierung“ bedeuten kann und was die Arbeitsbedingungen in
den armen Ländern mit dem Konsum der reichen Staaten zu tun haben.
Ohne die Katastrophe in Dhaka, der Hauptstadt von Bangladesch, wäre es
vielleicht nicht zum [1][Lieferkettengesetz der Europäischen Union]
gekommen, das das EU-Parlament in einem Monat beschließen soll. Auch
[2][das deutsche Lieferkettengesetz], das Anfang 2023 wirksam wurde,
entstand unter anderem als Reaktion auf Rana Plaza.
[3][Aber auch in Bangladesch gab es seitdem einige Fortschritte.] Nach dem
Einsturz beschlossen zwei Dachverbände internationaler Gewerkschaften,
örtliche Arbeitnehmerorganisationen und etwa 200 transnationale
Unternehmen den sogenannten Bangladesh Accord für Feuerschutz und
Gebäudesicherheit. Auch viele deutsche Firmen machen mit, unter anderem
Adidas, Aldi, Esprit, Hugo Boss, Lidl, Rewe und Kik. Rund 1.700
Textilfabriken in Bangladesch werden seitdem regelmäßig kontrolliert, ob
sie baulich stabil und gegen Feuer geschützt sind.
## Nicht nur Bangladesch
Die internationalen Firmen schicken eigene Leute oder beauftragen
Agenturen. Sie überprüfen beispielsweise, ob die Fabriken über
Feuerschutztüren verfügen, die Feuerlöscher und Schläuche funktionieren,
der Alarm klappt, die schweren Stromaggregate im Erdgeschoss und nicht auf
dem Flachdach stehen. Nach allgemeiner Einschätzung hat sich deshalb die
Arbeitssicherheit in der Textilindustrie von Bangladesch deutlich
verbessert. Und seit Kurzem existiert ein vergleichbares Abkommen auch in
Pakistan, wo bisher 49 internationale Marken und etwa 700 einheimische
Fabriken mitmachen.
Die Löhne der Textilarbeiter:innen in Bangladesch sind ebenfalls
gestiegen – allerdings auf niedrigem Niveau. Betrug der staatlich
festgelegte Mindestlohn 2013 noch 3.000 Taka, liegt er heute bei 8.000
Taka. Das sind umgerechnet 67 Euro pro Person und Monat – oft für 60
Arbeitsstunden an sechs Tagen wöchentlich. Wobei manche Unternehmen mehr
zahlen. Immerhin könnte der Mindestlohn zum Anfang kommenden Jahres auf
12.000 bis 14.000 Taka (100 bis 120 Euro) steigen, wie von der Vereinigung
der Textilfirmen in Bangladesch zu hören ist.
Ein ungelöstes Problem bleiben dabei jedoch die sogenannten Existenzlöhne.
Damit die Arbeiter:innen und ihre Familien sich ein vernünftiges Leben
leisten können, müsste die Bezahlung nach Angaben der Gewerkschaften
mindestens das Dreifache der niedrigen, staatlich festgelegten Mindestlöhne
betragen.
## Auch in anderen Ländern gibt es Missverhältnisse
In Bangladesch wären das momentan um die 23.000 Taka (knapp 200 Euro). In
dieser Richtung passiert jedoch fast nichts – nicht nur in Bangladesch,
auch in anderen armen Produktionsländern, wo ein ähnliches Missverhältnis
herrscht. Die nationalen Regierungen schützen die einheimischen Firmen vor
zu hohen Löhnen, die internationalen Markenunternehmen einigen sich nicht
auf gemeinsame Gehaltsanhebungen.
Das sieht man auch im deutschen Textilbündnis, einem ebenfalls nach der
Rana-Plaza-Katastrophe gegründeten Firmenzusammenschluss unter Anleitung
der Bundesregierung. Dort diskutiert zwar eine Arbeitsgruppe über
Existenzlöhne; praktische Verbesserungen kamen aber bisher nicht zustande.
Ähnlich ist es beim [4][Grünen Knopf], dem deutschen staatlichen Siegel für
nachhaltige Kleidung. Mitgliedsfirmen müssen nur „bekennen“, auf
Existenzlöhne „hinzuarbeiten“.
25 Apr 2023
## LINKS
[1] /EU-Einigung-zu-Lieferkettengesetz/!5896841
[2] /Neues-Lieferkettengesetz/!5909148
[3] /Textilarbeiterinnen-in-Pakistan/!5901262
[4] /Reform-des-Vergaberechts/!5901545
## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
Lieferketten
Globalisierung
Rana Plaza
Textilindustrie
Fairtrade
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Menschenrechte
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