# taz.de -- Gesetz für Arbeitszeiterfassung: Union wirft Heil Gängelung vor | |
> Das Arbeitsministerium legt ein Gesetz für die Arbeitszeiterfassung vor. | |
> Es gibt Kritik von Gewerkschaften, Linken und der Union. | |
Bild: Szene aus dem Film „Die kleinen Träume von der weiten Welt“ (USA, 19… | |
BERLIN taz | Das Arbeitsministerium (BMAS) hat einen Gesetzentwurf | |
vorgelegt, der die Erfassung von Arbeitszeit neu regeln soll. Zuerst | |
berichtete die Süddeutsche Zeitung, dass Unternehmen angehalten werden, | |
Arbeitszeiten künftig jeden Tag elektronisch zu erfassen. | |
Das Ministerium unter der Leitung von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) | |
sieht vor, dass Arbeitgeber_innen Dauer, Beginn und Ende der Arbeitszeit | |
festhalten. Aber auch durch Dritte oder die Arbeitnehmer_innen selbst soll | |
eine Aufzeichnung möglich sein. Arbeitnehmer_innen sollen zudem einfordern | |
können, über die Aufzeichnungen in Kenntnis gesetzt zu werden. | |
Allerdings sind im Gesetzentwurf auch Ausnahmen vorgesehen – Tarifpartner | |
können diese mit Unternehmen und Betriebsräten vereinbaren. Auch | |
[1][Vertrauensarbeitszeit] soll demnach weiterhin möglich sein. Bei der | |
sogenannten Vertrauensarbeitszeit teilen sich die Arbeitnehmer_innen ihre | |
Arbeitszeit selbst ein, es gelten dennoch die gesetzlichen Vorgaben wie | |
Pausenzeiten und die Ruhezeit nach Feierabend von elf Stunden. | |
Weiterhin soll es laut Süddeutscher Zeitung auch möglich sein, auf die | |
Erfassung der Arbeitszeit zu verzichten oder diese nicht-elektronisch zu | |
erstellen. Auch für Kleinbetriebe sind Ausnahmen vorgesehen. | |
## Bislang müssen nur Überstunden erfasst werden | |
Der Gesetzentwurf wurde vom Arbeitsministerium erstellt, da der Europäische | |
Gerichtshof (EuGH) im Jahr 2019 sowie das Bundesarbeitsgericht (BAG) [2][im | |
vergangenen September] dies verlangten. Letzteres entschied, dass | |
Arbeitgeber ein „objektives, verlässliches und zugängliches System“ | |
einführen müssen, „mit dem die von Arbeitnehmern geleistete tägliche | |
Arbeitszeit gemessen werden kann“. | |
Die Richter_innen des BAG stellten demnach fest, dass das | |
Arbeitsschutzgesetz laut EuGH-Rechtsprechung bereits eine Pflicht zur | |
Aufzeichnung beinhaltet. Zuvor gab es laut Arbeitszeitgesetz nur eine | |
Pflicht für die [3][Dokumentation von Überstunden]. | |
Arbeitgeber_innen, Opposition als auch Gewerkschaften reagierten mit Kritik | |
auf den Gesetzentwurf von Arbeitsminister Hubertus Heil. Der Fraktionsvize | |
der CDU, Hermann Gröhe, sagte der dpa, Arbeitsminister Hubertus Heil wolle | |
Arbeitnehmer und Arbeitgeber durch Vorgaben bei der Arbeitszeiterfassung | |
offenbar gängeln: „Seine Pläne verengen gerade bei der | |
Vertrauensarbeitszeit Spielräume, die besonders in der heutigen Zeit von | |
Arbeitnehmern und Arbeitgebern gewünscht und gebraucht werden.“ | |
Die stellvertretende Fraktionsvize der Linken, Susanne Ferschl, wünscht | |
sich dagegen striktere Vorgaben: „Gut, dass nun endlich eine gesetzliche | |
Regelung zur Arbeitszeiterfassung kommt. Schlecht, wenn es so viele | |
Ausnahmen gibt“, [4][twitterte sie]. | |
Andreas Keller, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung | |
und Wissenschaft (GEW), [5][twitterte ebenfalls]: „Eine Ausnahme für | |
Forschende, echt jetzt? Da hat man wohl im BMAS den Schuss nicht gehört.“ | |
19 Apr 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Neuer-Vorstand-beim-BNW/!5809122 | |
[2] /Urteil-zur-Arbeitszeiterfassung/!5878166 | |
[3] /Urteil-zur-Arbeitszeiterfassung/!5879271 | |
[4] https://twitter.com/SusanneFerschl/status/1648583647748866048?s=20 | |
[5] https://twitter.com/AKellerGEW/status/1648598489805336576?s=20 | |
## AUTOREN | |
Nicole Opitz | |
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