| # taz.de -- Italiens Flüchtlingspolitik: Kurzsichtiger Egoismus | |
| > Kaum ein Land geht so hart gegen Flüchtende vor wie Italien. Doch weder | |
| > begrenzt es damit die Zahl der Ankommenden noch seine eigenen Probleme. | |
| Bild: Er hatte Glück, gerettet zu werden: Anlandender Migrant auf Sizilien am … | |
| „Prima gli italiani!“ Italiener zuerst, ist seit Jahren der Schlachtruf der | |
| [1][Postfaschistin Giorgia Meloni] und auch ihres Koalitionspartners Matteo | |
| Salvini. Ginge es nach ihnen, würde sich Italien perfekt abschotten gegen | |
| die Elendsgestalten, die die gefährliche Überfahrt übers Mittelmeer | |
| riskieren, um nach Europa zu gelangen. | |
| „Seeblockaden“ hatte Meloni im Wahlkampf letztes Jahr verlangt, und Salvini | |
| war mit seinem Evergreen, der Forderung nach „geschlossenen Häfen“, im | |
| Rennen. Jetzt sitzen beide gemeinsam in der Regierung und müssen sich der | |
| harten Realität stellen: der Realität, dass die Geflüchteten, ob aus | |
| Syrien, Irak, Pakistan, aus Tunesien oder den Ländern Subsahara-Afrikas, | |
| einfach weiterhin kommen. | |
| Für Italiens Rechte ist das gegenwärtige Fluchtgeschehen [2][ein | |
| PR-Desaster], denn ausgerechnet seit ihrem Regierungsantritt im letzten | |
| Oktober ist die Zahl der eintreffenden Menschen nach oben geschnellt. Schon | |
| diese Tatsache ist ein klares Dementi der rechten Rhetorik, wonach vor | |
| allem die in der Rettung auf dem Mittelmeer tätigen NGOs die Schuld am | |
| Zufluss trugen: Die Tätigkeit der Retter*innen nämlich hat sie mit | |
| [3][schikanösen Auflagen] stark eingeschränkt. | |
| Doch Meloni macht ungerührt weiter. Jetzt geht es direkt gegen die | |
| Flüchtlinge selbst. Die Anerkennungsgründe sollen zusammengestrichen, die | |
| Unterbringungsbedingungen verschlechtert werden. Schon jetzt dürfen wir die | |
| Prognose wagen: Die Zahl der Migrant*innen wird dadurch nicht kleiner | |
| werden. Nur ihre Lebensbedingungen werden sich deutlich verschlechtern. | |
| Weniger Anerkennungen bedeuten ja nicht weniger Migrant*innen im Land, | |
| sondern mehr, die irregulär in Italien leben, die auf den schwarzen | |
| Arbeitsmarkt oder mangels anderer Perspektiven gleich in die Kriminalität | |
| gedrängt werden. Ausgerechnet die Sicherheitsfanatiker der italienischen | |
| Rechten tun so einiges dafür, mit ihrer inhumanen Politik die Städte | |
| unsicherer zu machen. | |
| Italien steht mit seiner Migrationsabwehr keineswegs allein in Europa: Die | |
| Bilder der letzten Jahre, aus Spaniens Afrika-Enklaven Ceuta und Melilla, | |
| aus dem französischen Calais, aus Kroatien oder von Polens Grenze zu | |
| Belarus belegen das. Meloni aber will von Immigration schier gar nichts | |
| wissen. Allerdings regiert sie das Land in Europa, das mangels Geburten am | |
| schnellsten vergreist, am schnellsten zu schrumpfen droht. Eine Antwort | |
| hierauf hat sie nicht. Nur eines weiß Meloni: Italiens Demografieproblem | |
| will sie „nicht mit Migranten“ lösen. Auch hier gilt schließlich „Itali… | |
| zuerst!“ | |
| 18 Apr 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Michael Braun | |
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