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# taz.de -- Lkw-Streik auf dem Rastplatz: Lieferstopp wegen Lohnausfall
> Seit Wochen warten sie auf ihren Lohn. Jetzt protestieren Lkw-Fahrer aus
> Usbekistan und Georgien. Erst wenn das Geld da ist, fahren die Lkw
> weiter.
Bild: Alle Räder stehen still
Berlin taz | Seit einigen Tagen ist Blau die Farbe auf den Lkw-Parkplätzen
der Autobahnraststätte Gräfenhausen-West bei Darmstadt. Mehr als 50 vor
allem usbekische und georgische Fahrer der Firmengruppe Mazur haben ihre
Lkws dort abgestellt und weigern sich weiterzufahren. Der Grund: nicht
bezahlte Löhne. Die ersten Fahrer streiken bereits seit 20. März, immer
mehr Fahrer schließen sich jetzt dem Protest an, bestätigt Anna Weirich vom
[1][DGB-Beratungsnetzwerk „Faire Mobilität“.]
Sie und ihre Kolleg*innen sind gemeinsam mit Mitgliedern der
niederländischen Gewerkschaft FNV vor Ort, um die Fahrer bei den
Verhandlungen mit dem Unternehmen, aber auch mit Lebensmitteln zu
unterstützen. Die Fahrer wollen erst weiterfahren, wenn alle
Lohnforderungen beglichen sind. Gräfenhausen ist der Hauptort des Protests.
Kleinere Versammlungen gibt es auch an Raststätten in Niedersachsen, in der
Schweiz. Es ist ein spontaner Ausstand, initiiert von Fahrern, die als
Drittstaatler am untersten Ende der Ausbeutungskette stehen, in einer
Branche, die von extremen Arbeitsbedingungen geprägt ist.
Verhandlungsführer ist Edwin Atema von der FNV und dem Road Transport Due
Diligence Team (RTDD).
Die mutmaßlich säumige Unternehmensgruppe Mazur hat ihren Sitz im
polnischen Wawrzeńczyce nahe Krakau. Mehr als 1.000 Fahrzeuge soll das
Unternehmen haben, transportiert werden Waren im Auftrag großer
europäischer Speditionen und Firmen. Die Fahrer sind Selbstständige, sagt
Weirich. „Damit tragen sie das gesamte Risiko und erhalten keinerlei
Absicherung.“ Der versprochene Tagessatz liege bei 80 Euro, inklusive
Spesen.
[2][Das würde den deutschen Mindestlohn, der den Fahrern bei Fahrten in
Deutschland zusteht], auch dann unterschreiten, wenn der Arbeitstag nur
acht Stunden lang wäre. Viele Fahrer haben ihre Familien seit Monaten nicht
gesehen. Sie werden von Auftrag zu Auftrag geschickt und schlafen in den
Kabinen, manche seit über einem Jahr. EU-Vorschriften erlauben dies
eigentlich nicht, in der Branche sind solche Bedingungen aber weit
verbreitet.
## Fahrer wollen weiter protestieren
Bei Lkw-Fahrern hat die Firma Mazur einen schlechten Ruf. In Online-Foren
berichten Trucker von Problemen. Diejenigen, die nun auf der Raststätte in
Gräfenhausen streiken, sagen, dass sie zum Teil seit 50 Tagen nicht mehr
bezahlt wurden, das Unternehmen schulde ihnen zum Teil vierstellige
Beträge. Laut Weirich ist der Unternehmer Lukasz Mazur am Mittwoch am
Rastplatz aufgetaucht. Die Fahrer ließen ihn wohl abblitzen. Am Donnerstag
und Freitag kehrte Mazur offenbar zurück: Bei Verhandlungen habe er immer
wieder behauptet, alle Löhne gezahlt zu haben.
Bislang hat er dafür keine Beweise vorgelegt. Die Fahrer können dagegen
belegen, dass es seit Wochen keine Zahlungseingänge auf ihren Konten gab.
Warum nicht gezahlt wird, ist unklar. Auf taz-Nachfrage äußerte man sich
dazu nicht. Mazur verhandelt nicht mehr persönlich, heißt es, sondern über
seinen Anwalt. Bisher ergebnislos. Der Protest geht weiter.
2 Apr 2023
## LINKS
[1] https://www.faire-mobilitaet.de/
[2] /Erhoehung-des-Mindestlohns/!5883357
## AUTOREN
Nelli Tügel
jan-ole arps
## TAGS
Lkw
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