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# taz.de -- Fotograf über Kolonialismus-Ausstellung: „Lange ein blinder Flec…
> Das Gestrige im Heutigen: Kai Löffelbeins Ausstellung „Echo Echo –
> Hannover kolonial“ setzt sich mit dem kolonialen Erbe der Stadt
> auseinander.
Bild: Ein Flugzeug im Urwald? Nicht immer sind in den Fotos (hier ein Ausschnit…
taz: Herr Löffelbein, Sie setzen sich [1][mit dem Erbe Hannovers aus der
Kolonialzeit] auseinander. War es schwer, da fündig zu werden?
Kai Löffelbein: Die kolonialen Spuren sind in Hannover nicht ganz so rasch
sichtbar wie in Berlin oder Hamburg. Aber genau das war zugleich spannend –
denn natürlich gibt es sie.
Dinge wie den [2][Gedenkstein für den Kolonialisten Carl Peters], heute zum
Mahnmal umgewidmet?
Der stand ursprünglich auf dem Carl-Peters-Platz, der seit den späten
1980ern Bertha-von-Suttner-Platz heißt, durch eine Bürgerinitiative. Das
zeigt: Der Fokus auf dieses Thema ist nicht ganz neu.
Sie sind für Ihre Ausstellung zum Detektiv geworden?
Es war eine intensive Recherche. Natürlich war ich auch im ethnologischen
[3][Depot des Landesmuseums]. Das Museum hat eine eigene Personalstelle für
Provenienzforschung.
Derzeit ist im Historischen Museum die Ausstellung „[4][Von goldenen
Kutschen und kolonialer Vergangenheit]. Hannover, England und die
Sklaverei“ zu sehen. Liegt das Thema in Hannover im Trend?
Der Eindruck stimmt. Eine Bewegung wie Black Lives Matter hat da wirklich
Vorschub geleistet. Gerade Menschen jüngeren Alters beschäftigt das Thema
stark. „Von goldenen Kutschen“ beleuchtet die vorkoloniale Zeit und endet,
wo mein Thema anfängt: der deutsche Kolonialismus ab dem späten 19.
Jahrhundert.
Was ist Ihre Motivation für „Echo Echo“?
Dass der Kolonialismus lange ein blinder Fleck war, selbst im Akademischen.
Viele Hannoveraner verkennen bis heute, dass es auch in ihrer Stadt
Persönlichkeiten gab, die eine bedeutende Rolle im deutschen Kolonialismus
gespielt haben. Rudolf von Bennigsen zum Beispiel, der als Gouverneur in
der Südsee sehr sadistisch geherrscht hat.
In Hannover gibt es einen Savannenweg, eine Windhukstraße. Was sagt es über
die Stadtgesellschaft, dass diese Straßennamen noch immer existieren?
Das „Afrikaviertel“, das sie prägen, entstand in der NS-Zeit, in
romantisierendem Kolonialrevisionismus, in Bezug auf den Gedanken von Volk
und Raum. Vielen bedeuten diese Namen heute nichts mehr, sie werden nicht
mit etwas Negativem verknüpft. Aber ich verstehe das als mental mapping. Da
findet Heroisierung statt. Man sollte sich fragen, ob man Straßen wie diese
nicht besser umbenennt.
Sie waren auch im Zoo, in der Themenwelt „Sambesi“. Was hat Sie da
besonders interessiert? Der klischeehafte Strohhütten-Kraal?
Das sind ausgedachte, pittoreske, stark exotisierende, simplifizierende
Szenerien, wie man sich das „wilde Afrika“ vorstellt. Ich finde das
problematisch. Nicht zuletzt deshalb, weil auch der Zoo Hannover früher
„Völkerschauen“ ausgerichtet hat.
Auch in Afrika waren Sie unterwegs – auf den Spuren des deutschen
Kolonialismus?
Vergangenes Jahr war ich zweieinhalb Monate in Namibia. Das war ein
Versuch, dem Gestern im Heute nachzuspüren, den Auswirkungen der deutschen
Gewaltherrschaft.
Wie steht es in Hannover um die Aufarbeitung des Kolonialismus?
Ich bin immer wieder erstaunt, wie stark Menschen darauf beharren, dass man
Straßen nicht umbenennt. Sieben Jahre lang hat ein Ehepaar vor Gericht
darum gestritten, dass die Lettow-Vorbeck-Allee in Hannover-Badenstedt
nicht umgetauft wird, benannt nach einem Generalmajor der
Ostafrikafeldzüge. Total verrückt. Heute heißt sie Namibia-Allee.
Was die Sache nicht besser macht.
Nein, nicht wirklich.
Was war das am wenigsten zu Erwartende während Ihrer Recherchen?
Spannend war, dass ich auf dem Rittergut Bennigsen fotografieren durfte.
Die heutigen Besitzer, nach wie vor die Familie von Bennigsen, haben mir
sehr bereitwillig die Türen geöffnet. Die Frage ist ja immer auch: Wie
viele Generationen überdauert Schuld in einer Gesellschaft? Auch für mich
selbst ist „Echo Echo“ eine Beschäftigung mit eigener Verantwortung.
8 Apr 2023
## LINKS
[1] http://gafeisfabrik.de/hannover-shots-i-echo-echo-hannover-kolonial%E2%80%A…
[2] /Kolonialverbrecher-aus-Hannover/!5779237
[3] https://www.landesmuseum-hannover.de/
[4] https://kolonialismus-hannover.de/
## AUTOREN
Harff-Peter Schönherr
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Deutscher Kolonialismus
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Hannover
Schwerpunkt Kunst und Kolonialismus
Denkmal
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