# taz.de -- Abstimmung über Verbot in Paris: Ein Leben ohne E-Roller ist mögl… | |
> Es ist ganz nett, auf Scootern elektrisch herumzudüsen. Aber es gibt auch | |
> gute Gründe gegen die Gefährte. Paris stimmt jetzt über sie ab. | |
Bild: Leider schrecklich nervig: hingeworfene E-Roller in Paris | |
E-Scooter sind das Fastfood der Mobilität. Man kann sie schnell leihen, | |
kommt schnell zum Ziel und wird sie schnell wieder los. Für längere | |
Strecken gilt, analog zum großen Hunger: Über die Maßen genossen macht das | |
elektrische Stehrollen nicht so richtig Spaß, dafür wird es schnell richtig | |
teuer. Außerdem rümpfen andere Leute gern mal die Nase. | |
Was ja Gründe hat. Unbenutzt stehen die Dinger hässlich und störend im Weg | |
herum, benutzt nerven sie oft noch mehr, dann nämlich, wenn Menschen – | |
meist Männer, wie immer – mit ihnen kreuz und quer über Gehwege schlingern. | |
In diesem Fall sorgt auch die sonst dankenswerte Lautlosigkeit der Roller | |
für absolut verzichtbare Schrecksekunden. | |
Für manche ist das mehr als nur nervig: Vor allem, wer nicht gut sehen | |
kann, hat seine Not mit den Scootern, die unverhofft auf dem Trottoir | |
liegen, bisweilen aufgetürmt und verkantet wie stählerne Panzersperren. Der | |
Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband [1][protestiert schon lange] | |
gegen die vermeintlich smarten Fahrzeuge, genau wie der | |
Fußgänger-Lobbyverein Fuss e. V. | |
Es gäbe also gute Gründe, die Existenz der Gefährte in Frage zu stellen, | |
wie das gerade in Paris passiert. An diesem Sonntag stimmen die Menschen in | |
der französischen Hauptstadt ab, ob es E-Scooter weiter geben soll oder | |
nicht. | |
Hierzulande versucht es die Politik derweil mit Reglementierungen. Die | |
privaten Anbieter mit den fantasievollen Ein-Silben-Namen sollen die Chance | |
erhalten, ihr Geschäftsmodell zu retten, indem sie insbesondere das | |
ungeordnete Abstellen unterbinden. Dazu gibt es nun viele Regeln und | |
teilweise auch Rückgabezonen, abseits derer ein Check-out technisch nicht | |
möglich ist. | |
In der Praxis funktioniert das miserabel. Von den Abstellzonen gibt es viel | |
zu wenige, und dass die Roller nicht vorm U-Bahn-Ausgang stehen dürfen oder | |
eine in Metern definierte Gehweg-Restbreite übrig lassen sollen, | |
interessiert viele NutzerInnen exakt gar nicht. Manche Anbieterfirmen | |
machen ein Handyfoto zur Bedingung für die Rückgabe, in der Realität geht | |
das auch komplett verwackelt durch – und wer soll das eigentlich alles | |
kontrollieren? | |
Die Anbieter selbst schwenken eifrig die Fahne der Verkehrswende, wenn es | |
um E-Scooter geht. „Mobilität nachhaltig verändern“ lautet der Slogan ein… | |
der Unternehmen, das davon schwärmt, wie smooth es auf den rollenden | |
Batterien, prallvoll mit klimaneutralem Strom, in Richtung eines | |
„nahtlosen“ Stadtverkehrs geht. Viele deutsche Stadtverwaltungen beißen bei | |
diesem Köder freudig an. | |
Der Witz dabei: Eine [2][Studie des Umweltbundesamts] hat gezeigt, dass die | |
E-Scooter-Nutzung in den allermeisten Fällen Fahrten mit ÖPNV und Fahrrad | |
oder Fußwege ersetzt, ganz selten solche mit dem Auto. Und viele Fahrten | |
werden überhaupt nur gemacht, weil’s halt ganz nett ist, ein bisschen | |
elektrisch herumzudüsen. | |
Wie gesagt: Fastfood. Für das ja auch gilt, dass es im Einzelfall mal ganz | |
lecker sein kann oder tatsächlich ein elementares Bedürfnis stillt. Und so, | |
wie es vielen absurd erscheinen würde, Essen zu verbieten, nur weil es | |
ungesund ist, kommt nun auch die Pariser Abstimmung über die Zukunft der | |
„Trottinettes“ manchen komplett überzogen vor. | |
Die würde übrigens vermutlich klar zugunsten der Scooter ausgehen, könnten | |
TouristInnen daran teilnehmen. Sie profitieren wohl am meisten davon, dass | |
man tatsächlich in Prag und Madrid, Lissabon und London die immergleichen | |
Anbieter und eine niedrigschwellige Möglichkeit zur Stadterkundung | |
vorfindet. | |
Andererseits gibt es mit den Niederlanden auch einen EU-Staat, in dem die | |
Fahrzeuge wegen einer Regelungslücke gar nicht zugelassen sind. Und dass | |
etwa in Amsterdam die BesucherInnen ausbleiben, weil sie nicht | |
stehenderweise um (oder in) die Grachten kurven können, davon hat man | |
bislang noch nicht gehört. Ein Leben ohne Roller ist möglich. | |
2 Apr 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.dbsv.org/e-roller.html | |
[2] https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm/nachhaltige-mobilitaet/… | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
## TAGS | |
E-Scooter | |
Paris | |
GNS | |
Fußgänger | |
wochentaz | |
Kolumne Starke Gefühle | |
Öffentlicher Nahverkehr | |
Schwerpunkt Emmanuel Macron | |
Kolumne Starke Gefühle | |
E-Scooter | |
E-Roller | |
Christian Wulff | |
Zukunftsvision | |
Kolumne Starke Gefühle | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kinder in Frankreich mit Messer verletzt: Präsident Macron äußert Bestürzung | |
In Annecy hat die Polizei einen 32-Jährigen festgenommen. Er hat mehrere | |
Personen lebensgefährlich verletzt, die meisten davon Kinder. | |
Nervige Boomboxen im Park: Alter, der Park gehört mir | |
Mit Bässen werden in den Parks Reviere abgesteckt. Und wehe, man fragt, ob | |
sie runtergedreht werden könnten. | |
Nach dem E-Scooter Verbot in Paris: Keine Verbote, aber Regeln | |
Obergrenzen, eigene Fahrspuren, Helmpflicht: Auch in Deutschland macht man | |
sich Gedanken, wie man mit E-Scooter umgehen soll. | |
Abstimmung über E-Roller in Paris: Das war's mit den Trottinettes | |
In Paris haben 90 Prozent der Abstimmungsteilnehmenden für ein Verbot von | |
Mietrollern gestimmt. Eine Kampagne der Anbieterfirmen verfing nicht. | |
Wulffs heiraten zum 3. Mal: Ein Ende muss kein Scheitern sein | |
Die Ehe muss dringend reformiert werden. Christian und Bettina Wulff machen | |
vor, wie es geht. | |
Captain Kirk gegen Weltzerstörung: Despoten sollten „Star Trek“ gucken | |
Was sich auf der Erde abspielt, ist schrecklich. Man sollte Diktatoren wie | |
Putin zum „Star Trek“-Schauen verdammen, sie würden viel lernen. | |
Essen aus Schüsseln: Die Bowl ist Quatsch | |
Sie sollen der Speisekarte Weltgewandtheit verleihen. Doch Bowls machen | |
nicht satt und zeigen vor allem eins: den Siegeszug des Kapitalismus. |