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# taz.de -- Wulffs heiraten zum 3. Mal: Ein Ende muss kein Scheitern sein
> Die Ehe muss dringend reformiert werden. Christian und Bettina Wulff
> machen vor, wie es geht.
Bild: Sagen jetzt zum dritten Mal Ja: Bettina und Christian Wulff im Jahr 2006
Zu ihrer Hochzeit musste ich meiner großen Schwester nur eines versprechen:
nicht weinen. Ich brach mein Versprechen schon vor der Zeremonie. Die
Vorstellung, dass zwei Menschen vor ihren Freund*innen und Familien
sagen, dass sie sich lieben und füreinander sorgen wollen, finde ich
wahnsinnig rührend. So viel Liebe in diesen grausamen und von Krisen
gebeutelten Zeiten. Und dann auch noch die Party: gemeinsam feiern, bestes
Essen, Alkohol, Tanzen und Musik. Ach, ich bin ein Hochzeits-Fan.
So scheint es auch Bettina (49) und Christian Wulff (63) zu gehen. Die
beiden haben „Ja“ gesagt – und das schon zum dritten Mal. Am vergangenen
Samstag haben sie „im Familien- und Freundeskreis“ in Hannover gefeiert.
Erstmals hatten der ehemalige niedersächsische Ministerpräsident und seine
damalige Pressereferentin 2008 geheiratet.
Nach Wulffs Wahl zum Bundespräsidenten, seinen politischen Affären und dem
daraus folgenden Rücktritt trennten sich die beiden im Januar 2013. Zwei
Jahre später waren sie wieder ein Paar und heirateten erneut. Im Jahr 2020
folgte die Scheidung. Und im Juni 2021 gaben sie ihr Comeback als
Liebespaar bekannt – was sie nun standesamtlich besiegelt haben.
Die Presse reagierte auf die erneuten Hochzeits-News vor allem hämisch. Die
Bunte befragt eine Paartherapeutin, warum das Paar schon wieder heirate.
Die FAZ schrieb, dass das nun hoffentlich das endgültige „Happy End“ sei.
An vielen Stellen las man von „zwei gescheiterten Ehen“.
## Der Kopf sagt: nein
Doch muss das Ende einer Ehe gleich ein Scheitern sein? Ist doch schön,
dass die beiden sich immer wieder aufs Neue füreinander entscheiden.
Außerdem sagte meine Quasi-Schwiegermutter mal sinngemäß: Wenn Menschen
nicht mehr heiraten, kommt die Großfamilie nur noch zu Beerdigungen
zusammen.
Und ja, es gibt Alternativen zur Hochzeit. Aber waren Sie schon mal auf
einem dieser sagenumwobenen „Liebesfeste“? Besonders etabliert sind die
bisher noch nicht.
Doch so sehr mein Herz für Hochzeiten schlägt, so sehr ist mein Kopf
dagegen. Die Institution Ehe ist rückwärtsgewandt und patriarchal:
Verheiratete Paare, die unterschiedlich verdienen, werden vom Staat
belohnt. Dieses sogenannte Ehegattensplitting führt meist dazu, dass es
sich finanziell für ein Paar lohnt, wenn die Frau weniger lohnarbeitet –
was ihre finanzielle Unabhängigkeit beschneidet.
Das muss sich ändern. Doch statt Hochzeiten und Ehen abzuschaffen, sollten
sie reformiert werden. Nur, weil zwei Menschen eine Ehe eingehen, sollten
sie nicht steuerlich bevorzugt werden. [1][Und warum überhaupt zwei
Menschen?] Wäre es nicht viel schöner, jede Person könnte sich überlegen,
wie viel Verantwortung sie für wie viele Personen übernehmen möchte?
Schließlich kann eine beste Freundin genauso gut über eine nötige
Organspende entscheiden wie ein Ehemann. Auch Adoptionen,
Kinderwunschbehandlungen, Erbe oder Sorgerecht müssten nicht über Ehen
geregelt werde. Diese Privilegien könnten auch vielfältigeren
Lebensgemeinschaften zustehen – sogar [2][die Ampel-Regierung hat über
Ähnliches schon nachgedacht]. Bloß lässt die Umsetzung noch auf sich
warten.
Dass die Ehe die stabilste Beziehungsform ist, stimmt wenn überhaupt auch
nur deswegen, weil uns über Jahrzehnte eingeprügelt wurde, dass man sie
unter keinen Umständen verlassen darf. Viel zeitgemäßer wäre es da, sich
ständig neu zu überlegen, wem man ganz offiziell ein verbindendes Ja-Wort
geben will. Wie die Wulffs eben. Und wenn man sich dabei alle Jahre wieder
für den selben Menschen entscheidet, ist das auch völlig in Ordnung.
23 Mar 2023
## LINKS
[1] /Feministin-ueber-das-Familienrecht/!5873105
[2] /Familie-und-Koalitionsvertrag/!5816133
## AUTOREN
Carolina Schwarz
## TAGS
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