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# taz.de -- Atomwaffen in Belarus: Minsk und Moskau rüsten verbal auf
> Putin will Atomwaffen in Belarus stationieren, dabei war das Land einst
> Vorreiter bei der Abrüstung. Kritiker warnen vor einer Gefahr für ganz
> Europa.
Bild: Zwei außer Rand und Band: Machthaber Lukashenko und Putin haben sich was…
Kyjiw taz | Taktische Atomwaffen sollen künftig in Belarus stationiert
werden. Dies verkündete der [1][russische Präsident Wladimir Putin] im
russischen Fernsehen. Der Bau einer entsprechenden Lagerstätte solle am 1.
Juli abgeschlossen sein.
Mit der Entscheidung verstoße man nicht gegen internationale Verträge zur
Nichtverbreitung von Atomwaffen, behauptete Putin. Auch verbleibe die
Kontrolle über die Waffen weiterhin in Moskau. Technisch habe man bereits
Vorbereitungen getroffen, so habe Russland Belarus bereits den
Iskander-Komplex übergeben, der als Atomwaffenträger dienen kann.
Gleichzeitig kündigte Putin den Einsatz von Munition mit abgereichertem
Uran in der Ukraine an, sollte Kijiw dergleichen vom Westen erhalten, und
bezog sich auf die Ankündigung von Großbritannien, Munition mit
abgereichertem Uran an die Ukraine zu liefern. Dieses ist weit weniger
radioaktiv als angereichertes Uran und wird zur Erhöhung der
Durchschlagskraft panzerbrechender Geschosse verwendet.
Es ist nicht das erste Mal, dass mit abgereichertem Uran versetzte Munition
eingesetzt wird: Die Gronauer Firma Urenco hatte in den vergangenen 20
Jahren Zigtausende von Tonnen von „Depleted Uranium“ nach Russland
geliefert. Bei den Luftangriffen auf Jugoslawien hatte die Nato [2][zehn
Tonnen von Uranmunition eingesetzt].
## Lukashenkos nukleare Träume
In seiner 1994 demokratisch verabschiedeten Verfassung hat Belarus sein
Hoheitsgebiet zu einer kernwaffenfreien Zone erklärt. Alexander Lukaschenko
hatte dies wiederholt als Fehler bezeichnet. Bei der feierlichen Eröffnung
des ersten Blocks des Atomkraftwerkes Astravez im November 2020 hatte er
denn auch geschwärmt, nun werde Belarus Atommacht.
Im Februar 2022 hatte der Machthaber laut der oppositionellen
belarussischen Plattform zerkalo.io gesagt, im Falle einer Bedrohung durch
den Westen könnten in Belarus Atomwaffen zum Einsatz kommen. Und am 22.
März, so zerkalo.io weiter, habe Lukaschenko in Chatyn die Ankündigung
Großbritanniens mit den Worten kommentiert: „Russland wird uns Munition mit
echtem Uran liefern.“
Die nuklearen Pläne von Belarus und Russland stoßen auf viel Kritik. Die
schärfste Form kommt von dem früheren stellvertretenden Außenminister
Andrei Sannikow. Sannikow war zwischen 1992 und 1995 Leiter der
belarussischen Delegationen bei Abrüstungsverhandlungen.
Diese Pläne stellten eine „tödliche Gefahr“ dar, zitiert das oppositionel…
belarussische Portal charter97.org den seit 2012 im britischen Exil
lebenden Oppositionspolitiker. Die Republik Belarus sei der erste Staat der
Welt, der freiwillig auf den Besitz von Kernwaffen verzichtet hatte.
## Panisch oder wahnsinnig?
„Dieser Beitrag von Belarus zum internationalen Frieden und zur Sicherheit
war von der internationalen Gemeinschaft hoch geschätzt worden“, so
Sannikow. Den Status einer kernwaffenfreien Zone habe Lukaschenko mit
seinem „illegalen und manipulierten ‚Referendum‘ vom 27. Februar 2022“
aufgehoben. Jeder Versuch, den atomwaffenfreien Status zu ändern, müsse als
aggressiver Akt betrachtet werden, so Sannikow weiter.
Mit ihren Plänen bedrohten „zwei Schurkenstaaten“ nicht nur die Bevölkeru…
von Belarus, sondern auch ganz Europa. Nun gelte es, so Sannikow, den
UN-Sicherheitsrat zu einer Dringlichkeitssitzung einzuberufen, um „die
wahnsinnigen Pläne des Kremls und Lukaschenkos zu stoppen.“. Dort müssten
„dringende und harte Entscheidungen getroffen werden, um einen Atomkrieg zu
verhindern, der die gesamte Menschheit zu vernichten droht“.
Belarus solle zu einer Zone internationaler Verantwortung erklärt werden,
die von UN-Friedenstruppen garantiert wird. „Die internationale
Gemeinschaft hat nicht das Recht, es bei Besorgniserklärungen zu belassen,
wenn Wahnsinnige die Menschheit zu vernichten drohen.“
Weniger dramatisch sieht der Politikwissenschaftler Arkady Moshes vom
finnischen Institut für internationale Beziehungen die
russisch-belarussische Entscheidung. Wenn Russland Atomwaffen in der Nähe
zur Nato stationieren möchte, so Moshes, hätte es diese doch auch nach
Kaliningrad verlegen können. Er sehe weder militärisch noch
militärpolitisch in dieser Entscheidung einen Sinn, zitiert zerkalo.io
Moshes. Dies zeige, wie „nervös, um nicht zu sagen panisch“ die Stimmung im
Kreml sei.
## Unwillen der Bevölkerung
Auch in der Ukraine wird die Entscheidung von Putin und Lukaschenko
kritisiert. „Der Kreml hat Belarus als nukleare Geisel genommen“, zitiert
das Portal strana.news den Sekretär des Nationalen Sicherheits- und
Verteidigungsrates, Alexei Danilow. Mit diesem Schritt werde die Lage in
Belarus weiter destabilisiert.
Nun werde die Gesellschaft in Belarus Russland und Putin noch mehr
ablehnen, ist sich Danilow sicher. Das Land werde von Russland seit
Kriegsbeginn als Aufmarschgebiet genutzt. Von hier aus schießt Russland
regelmäßig Raketen ab. Gleichwohl: Offiziell ist kein einziger
belarussischer Soldat im Krieg gegen die Ukraine im Einsatz.
26 Mar 2023
## LINKS
[1] /Russische-Atomraketen-in-Belarus/!5921976
[2] /Lieferungen-von-Gronau-in-die-Ukraine/!5840693
## AUTOREN
Bernhard Clasen
## TAGS
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Swetlana Tichanowskaja
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Kolumne Krieg und Frieden
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