# taz.de -- Forderung nach NSU-Ausschuss in Hamburg: Zu viele offene Fragen | |
> Grüne und Linke wollen, dass Hamburg doch noch einen Parlamentarischen | |
> Untersuchungsausschuss zu den NSU-Morden einrichtet. Die SPD steht weiter | |
> quer. | |
Bild: Gedenken an NSU-Opfer Süleyman Taşköprü bei einer Demo gegen das Verg… | |
Sie haben eine selbst erklärte antifaschistische Tradition, nach der sie | |
selbstverständlich auch handeln würden: Doch in Hamburg weigern sich SPD | |
und Grüne bislang beharrlich, einen Parlamentarischen | |
Untersuchungsausschuss (PUA) wegen der Ermordung des Hamburgers Süleyman | |
Taşköprü durch den „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) einzusetze… | |
Doch nun scheint immerhin bei den Grünen Bewegung zu kommen: Sie erhöhen | |
den Druck auf ihren sozialdemokratischen Koalitionspartner. In Gesprächen | |
mit der SPD soll die Grünen-Fraktion um Jenny Jasberg mittlerweile auf eine | |
parlamentarischen Aufarbeitung pochen. | |
Seit dem zufälligen Auffliegen des NSU-Kerntrios Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt | |
und Beate Zschäpe 2011 ist Hamburg das einzige Bundesland, indem das Trio | |
mordete – und wo im Nachgang [1][kein PUA eingerichtet wurde]. So ist es | |
kaum verwunderlich, dass immer wieder zivilgesellschaftliche Initiativen | |
ihre Kritik an dieser Ablehnung besonders an die seit 2015 mitregierenden | |
Grünen adressieren: So gibt es etwa einen [2][Beschluss der grünen | |
Landesmitgliederversammlung von 2021], der bemängelt, dass es lediglich | |
einen Selbstaufklärungsbericht der Hamburger Polizei und des Landesamtes | |
für Verfassungsschutz gibt, der jedoch [3][viele Fragen offen] ließe. Ein | |
PUA sei deshalb notwendig, befand die Landesmitgliederversammlung. | |
Dass es dazu immer noch nicht gekommen ist, lastet die Grünen-Fraktion der | |
SPD an. Die sieht jedoch keine offenen Fragen mehr und glaubt auch nicht, | |
mit einem PUA neue Antworten finden zu können. „In Hamburg haben wir den | |
NSU-Komplex im parlamentarischen Kontrollgremium in 15 Sitzungen und im | |
Innenausschuss der Bürgerschaft mit 10 Sitzungen intensiv aufgearbeitet“, | |
sagt Sören Schumacher, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Das | |
hatte Innensenator Andy Grote (SPD) auch in Gesprächen mit den Grünen | |
betont. | |
Hinzu seien, so Schumacher gegenüber der taz, alle relevanten Hamburger | |
Akten den Untersuchungsausschüssen in den anderen Bundesländern zu | |
Verfügung gestellt worden. Und: Die Zeug*innen, die helfen könnten, offene | |
Fragen noch zu beantworten, würden sich bislang in Schweigen hüllen. „Es | |
ist leider nicht davon auszugehen, dass dies bei einem PUA in Hamburg | |
anders wäre“, sagt Schumacher. | |
Die Grünen sehen das jedoch anders: Aus den Erkenntnissen anderer | |
Untersuchungsausschüsse hätten sich auch für Hamburg neue Fragen ergeben, | |
etwa hinsichtlich der möglichen Vernetzung des NSU-Trios mit der rechten | |
Szene in Hamburg oder über Fehlverhalten der Ermittelnden bei der | |
Aufklärung des [4][Mordes an Taşköprü], der im Juni 2001 am hellichten Tag | |
erschossen worden war. | |
Die Linke erhöht nun ebenso den Druck auf die SPD. In Kürze will die | |
Linksfraktion in der Bürgerschaft die Einrichtung des PUA beantragen. Deniz | |
Celik, innenpolitischer Sprecher der Fraktion, sagt, dass das Fehlen eines | |
PUA in Hamburg „ein Schlag ins Gesicht aller Opfer rechter Gewalt“ sei. | |
Schließlich sei das Versagen in Hamburg im Zusammenhang mit dem NSU ein | |
doppeltes: Erst versagten die Ermittlungsbehörden bei der Aufklärung des | |
Mordes an Taşköprü – lange Zeit dachten sie, das Opfer sei in kriminelle | |
Machenschaften verwickelt und Opfer eines Racheaktes geworden. Und nun | |
versagt Hamburg erneut, indem es Aufklärung verweigert. | |
Ob die Hamburger SPD noch mal ihre Meinung ändern wird, ist bislang offen. | |
Immerhin diskutieren Jasberg, Celik sowie Felix Krebs, Mitglied im | |
Hamburger Bündnis gegen Rechts, über die Einsetzung des PUA öffentlich mit | |
Kazim Abaci, SPD-Fraktionssprecher für Migration, Integration und | |
Geflüchtete – am [5][30. März ab 19 Uhr in der Max-Brauer-Schule.] | |
30 Mar 2023 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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