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# taz.de -- Letzte Synodalversammlung in Frankfurt: Ringen um dringende Reformen
> Der Synodale Weg versammelt sich in Frankfurt. Sie fordern: Segnungen für
> homosexuelle Paare, Frauen in Weiheämter, mehr Laien-Mitbestimmung.
Bild: Michael Gerber, Bischof von Fulda, mit Demonstranten, die für die Gleich…
Berlin taz | Angespannte Stille, Lichter flackern über die Gesichter der
anwesenden Synodalen. Über ihren Köpfen im Frankfurter Dom sind Seile
gespannt. Dann bedrohliche Orgelmusik. In den Kirchenreihen tanzen junge
Menschen mit zuckenden Bewegungen, gequält, ihre Gesichter sind mit Stoff
bedeckt. „Wer gibt euch das Recht, unsere Körper und Seelen zu schänden?“
singt eine junge Frau mit hoher, klarer Stimme.
Die [1][Performance „Verantwort:ich“] greift am Donnerstagabend in
Frankfurt am Main den Ausgangspunkt des Synodalen Wegs auf: den
[2][sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche] und die Vertuschung
durch Verantwortungsträger*innen, Angestellte, Gemeinden. Am Ende der
Performance stehen Bischöfe gemeinsam mit den Tänzer*innen, darunter auch
Betroffene sexualisierter Gewalt in der Kirche, in einem Kreuz. Die
Botschaft: Wir sehen die Verstrickungen, die jede*r einzelne
Katholik*in in dem ganzen Ausmaß des sexuellen Missbrauchs in der Kirche
trägt. Wir wollen Verantwortung für eine in der Zukunft sichere Kirche
übernehmen.
Von Donnerstag bis Samstag findet in dieser Woche in Frankfurt am Main die
fünfte und vorerst letzte Versammlung des Synodalen Wegs statt. Dort
diskutieren 210 Menschen, darunter 69 Vertreter der Deutschen
Bischofskonferenz, über Reformtexte für die katholische Kirche. Die
Bischöfe und katholischen Lai*innen haben sich für die Versammlung ein
straffes Programm vorgenommen: 10 Texte sollen besprochen werden und zur
Abstimmung kommen. Unter anderem geht es um Segnungen für homosexuelle
Paare, eine Zulassung von Frauen zu Weiheämtern und mehr Mitbestimmung von
Lai*innen.
Am Donnerstag stimmte die Versammlung bereits über zwei Texte zur
priesterlichen Existenz heute und auch über die Öffnung des Zölibats ab.
Beide zur Abstimmung gebrachten Texte fanden eine Mehrheit. Die Forderung
einer Überprüfung des Pflichtzölibats durch den Papst wurde mit 179
Stimmen, darunter 44 Bischofsstimmen, angenommen. Besonders die jungen
Synodalen zeigten sich aber enttäuscht, dass die Texte „äußerst
weichgespült“ seien, so bewertet es etwa der Bundesvorsitzende des Bunds
der Deutschen Katholischen Jugend, Gregor Podschun. Er hatte einen
Änderungsantrag eingebracht, dass die Öffnung des Pflichtzölibats durch Rom
nicht nur „geprüft“, sondern „aufgehoben“ werden sollte. Diese Formuli…
ging vor allem den Bischöfen zu weit.
## Texte brauchen Zwei-Drittel-Mehrheit
Bei der Synodalversammlung gelten Texte nur als angenommen, wenn sie eine
doppelte Zwei-Drittel-Mehrheit erhalten – neben zwei Dritteln aller
Delegierten müssen auch zwei Drittel der anwesenden Bischöfe zustimmen.
Besonders die verweigerte Zustimmung der Bischöfe führte in den
[3][vorangegangenen Versammlungen des Synodalen Wegs zum Eklat].
Auch die erste Abstimmung am Freitag zum Text „Verkündung des Evangeliums
durch Lai*innen in Wort und Sakrament“ bekam eine Mehrheit. Zuvor hatten
jedoch die Bischöfe mit Änderungsanträgen den ursprünglichen Text stark
abgeändert, sodass auch dieser nur „Prüfanträge“ statt Beschlüssen enth…
Besonders Frauen kritisierten diese Änderungen, da sie bereits die Arbeit,
für die sie offiziell nicht geweiht sind, in ihren Gemeinden leisten:
„Natürlich predige ich. Natürlich höre ich Beichte“, so Schwester Kathar…
Kluitmann von den Lüdinghauser Franziskanerinnen.
Im Vorfeld dieser Abstimmung führte auch die Frage nach einer geheimen oder
namentlichen Abstimmung zu Spannungen im Raum. Der Augsburger Bischof
Florian Wörner plädierte für eine geheime Abstimmung. ZdK-Präsidentin
Stetter-Karp hatte im Vorfeld genau zu diesem Punkt in Richtung der
Bischöfe appelliert: „Verantwortung zu übernehmen heißt, deutlich zu sagen,
was ist, und sich nicht zu verstecken“.
[4][„Out in Church“]-Initiator Jens Ehebrecht-Zumsande kommentiert dazu
[5][auf Twitter,] dass die Bischöfe auf diese Weise weiterhin „ihre Macht
missbrauchen und die Synodalversammlung […] mit Änderungsanträgen auf den
letzten Drücker erpressen.“
## Kirche gegen Kirche
Die fünfte Synodalversammlung in Frankfurt wird von einem großen medialen
Interesse begleitet. Zur Auftaktpressekonferenz zeigte sich das
Synodalpräsidium um den Limburger Bischof Georg Bätzing und die Präsidentin
des Zentralkomites deutscher Katholiken, Irme Stetter-Karp, vorsichtig
optimistisch. „Diese, meine Kirche verdient es, dass wir sie nicht einfach
lassen, wie sie ist“, sagte Bätzing. Er betonte, dass nicht nur die
deutsche Katholische Kirche sich auf einen Reformprozess begeben habe,
sondern auch die Weltkirche.
Die Kraft dieser Aussage bröckelt jedoch aufgrund der vorangegangenen
Briefwechsel von deutschen Bischöfen mit Rom. Papst Franziskus hatte dem
Vorhaben, aus der Reformbewegung Synodaler Weg [6][einen dauerhaften
Synodalen Rat zu gründen], im Januar eine Absage erteilt. Darauf bezog sich
auch Irme Stetter-Karp und sagte, dass „die römischen Interventionen
wirken“ und einige Verantwortungsträger*innen sich in früheren
Diskussionen zurückhaltender äußerten.
Die Reformbewegten rechnen daher nicht damit, dass alle Texte ein positives
Abstimmungsergebnis erhalten werden. „Der entscheidende Punkt für mich ist,
dass wir Samstag wissen: Wir gehen auf einem Weg weiter“, so Stetter-Karp.
Der Plan der Versammlung ist es, am Samstag Mitglieder zunächst für einen
Synodalen Ausschuss zu wählen, der den Synodalen Rat vorbereiten soll, der
derzeit noch vonseiten Roms untersagt ist.
Kurz vor Beginn der Synodalversammlung gab es vor dem Kongresshaus der
Messe Frankfurt, wo die katholischen Delegierten tagen, zwei
Demonstrationen. Vertreter*innen von „Wir sind Kirche“ [7][oder „Maria
2.0“] demonstrierten für mehr Beteiligung von allen Menschen in der
katholischen Kirche und gegen die Diskriminierung von Frauen und queeren
Menschen. Ihnen gegenüber standen reaktionäre Gruppen, die sich klar gegen
Veränderungen in der katholischen Kirche aussprachen. „Kirche gegen
Kirche“, fasste eine Teilnehmerin der Synodalversammlung die Beobachtung
eines Jugendlichen dazu zusammen. Also genau das, was das Gesprächsformat
des Synodalen Wegs zu überwinden versucht.
10 Mar 2023
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=S_cx2PEfQUk
[2] /Studie-zu-Missbrauch-im-Bistum-Essen/!5915325
[3] /Synodale-ueber-Reform-katholischer-Kirche/!5878082
[4] /Ein-Jahr-OutInChurch/!5908186
[5] https://twitter.com/ZumsandeJens/status/1634119235902271488?cxt=HHwWgMCzibC…
[6] /Reform-der-katholischen-Kirche/!5911756
[7] /Maria-20-zu-Kirche-und-Machtstrukturen/!5760267
## AUTOREN
Linda Gerner
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