# taz.de -- Desolater Zustand der Bundeswehr: Nicht kaltstartfähig | |
> Der Beschaffungsapparat der Bundeswehr ist schwerfällig. Nicht zuletzt | |
> angesichts des Krieges drängt die Zeit, die langwierigen Prozesse | |
> abzukürzen. | |
Bild: Bemüht sich um Tempo: Verteidigungsminister Boris Pistorius | |
Die Kasernen sind marode. Fliegerhelme fehlen mancherorts seit zehn Jahren. | |
Zu wenig Gerät, zu wenig Munition, und die Anzahl der Soldat:innen geht | |
auch schleichend zurück. Der Zustand der Bundeswehr ist laut der | |
Wehrbeauftragten Eva Högl [1][wenig überraschend desolat]. Wäre nicht Krieg | |
in Europa, ihre Bestandsaufnahme würde von den einen mit Häme und von | |
anderen mit Entsetzen zur Kenntnis genommen – und dann wieder auf die | |
To-do-Liste der Bundesregierung geschoben. | |
Nun ist die Welt seit Beginn [2][des russischen Angriffskriegs auf die | |
Ukraine] eine andere und die Bedrohung von außen für die Bundesrepublik | |
realer als in den Jahren zuvor. Angesichts der ernsten Lage ist Häme nicht | |
angebracht, bloßes Entsetzen über die Dauerbaustelle Bundeswehr allerdings | |
auch nicht. Am Geld sollte es nicht liegen, damit der Apparat in die Gänge | |
kommt. | |
Schließlich hat Kanzler Olaf Scholz schon kurz nach Kriegsbeginn ein | |
Sondervermögen von [3][100 Milliarden Euro für die Bundeswehr] klargemacht. | |
Diese Entscheidung lobt die Wehrbeauftragte denn auch, fordert aber gleich | |
den dreifachen Betrag. Für den Verteidigungsetat hätte sie gerne einen | |
deutlichen Aufwuchs: Mehr als 10 Milliarden Euro sollen es schon sein. | |
Der Apparat blockiert sich selbst | |
So sehr sich der noch immer recht neue [4][Verteidigungsminister Boris | |
Pistorius] auch um Tempo darin bemüht, der Truppe ein Update zu verpassen: | |
Der Beschaffungsapparat bleibt schwerfällig und blockiert sich nach wie vor | |
selbst. Komplizierte interne Vorgaben und Vorschriften für den Einkauf von | |
Gerät oder dessen Zulassung sind lieb gewordene Tradition, von der man sich | |
offenbar nur ungern trennen mag. Wäre das Beschaffungsamt ein | |
Wirtschaftsunternehmen, es würde Kündigungen hageln. | |
Aber dies ist es nun mal nicht, deshalb wird weiter vor sich hin | |
gewurstelt. In Friedenszeiten mag das funktionieren, aber nicht, wenn die | |
Bedrohung durch den Despoten im Kreml in Europa allgegenwärtig ist. Der | |
Zustand des deutschen Militärs ist auch ein Gradmesser für die | |
Glaubwürdigkeit internationaler sicherheitspolitischer Zusagen der | |
Bundesregierung. Und das Problem verschärft sich sogar. Derzeit arbeitet | |
die Bundesregierung an einer Nationalen Sicherheitsstrategie. | |
Der große Wurf soll es werden, Leitlinien für einen erweiterten | |
Sicherheitsbegriff schaffen, Ziele setzen, damit das Land „resilienter“ | |
wird. Bei Weitem nicht nur auf militärischer Ebene, sondern auch beim | |
Bevölkerungsschutz, bei der Cyberabwehr, beim Schutz kritischer | |
Infrastrukturen. Aber das Militär bleibt eine Großbaustelle. Um die | |
Bundeswehr aus der Misere zu holen, tritt nun der neue Generalinspekteur | |
Carsten Breuer an. Viel Zeit, sich zu beweisen, hat der Krisenmanager | |
nicht. | |
17 Mar 2023 | |
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## AUTOREN | |
Tanja Tricarico | |
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