# taz.de -- Weitere Proteste in Frankreich: Müllkrise im Rentenstreit | |
> Während in Frankreich die Parlamentskammern einen Kompromiss zur | |
> Rentenreform suchen, protestieren wieder Hunderttausende und streikt die | |
> Müllabfur. | |
Bild: Müllabfuhr streikt mit: Paris versinkt im Müll | |
PARIS taz | Der Konflikt um die [1][Rentenreform in Frankreich] geht in die | |
Entscheidungsphase. Während am Mittwoch im Parlament um eine letzte Version | |
der unpopulären Reform gefeilscht wurde, demonstrierten wieder | |
Hunderttausende. | |
Es gibt weiterhin Streiks und Blockaden in zahlreichen Sektoren der | |
Wirtschaft und öffentlichen Dienste. Besonders sichtbar ist der Konflikt | |
bei der Müllabfuhr in Paris und anderen Städten. Dort stapeln sich seit | |
mehr als einer Woche die Abfälle. | |
Der Müllstreik wurde längst zum Politikum, mit dem beide Seiten Druck | |
machen. Stadtbehörden machen die Zentralregierung mit ihrer provozierenden | |
Reform für das stinkende Chaos verantwortlich. Innenminister Gérald | |
Darmanin dagegen verlangt, dass Paris’ Oberbürgermeisterin Anne Hidalgo, | |
die sich mit dem Kampf gegen die Rentenreform solidarisch erklärt, | |
Streikende zwangsverpflichten müsse. Nur ein Teil der akkumulierten Abfälle | |
wird seit Dienstag von Streikbrechern einer privaten Firma weggeräumt. | |
[2][Präsident Emmanuel Macron und seine Regierung wollen sich weder davon | |
noch von anderen Streiks beeindrucken lassen]. Da sich beide | |
Parlamentskammern uneins waren, sollte noch am Mittwoch wie für solche | |
Fälle vorgesehen eine gemischte paritätische Kommission einen gemeinsamen | |
Text der Reform beschließen. Der würde dann am Donnerstag dem Senat und | |
danach der Nationalversammlung zur Abstimmung vorgelegt werden müssen. | |
## Reformbefürworter sollen „Kompromiss“ aushandeln | |
Diese Kommission besteht aus je sieben Senatoren und Abgeordneten. Da zehn | |
von ihnen schon vorab erklärtermaßen für die Rentenreform nach Macrons | |
Vorstellungen waren, steht praktisch fest, was da als „Kompromiss“ | |
herauskommen würde. | |
Für die Regierung ist entscheidend, dass die zur Abstimmung vorgelegte | |
Reform in beiden Kammern mit der Unterstützung der Konservativen und | |
Zentrumsdemokraten mitgetragen wird. Mindestens 15 der 59 Abgeordneten der | |
konservativen Oppositionspartei Les Républicains (LR) hatten aber bisher | |
erklärt, sie würden gegen die Reform stimmen, andere wollen sich enthalten. | |
Die Regierung kann sich aber eine Niederlage in der Volksvertretung nicht | |
leisten. Sie versuchte darum bis zuletzt, mit Versprechen und Drohungen | |
LR-Abgeordnete für sich umstimmen. Sonst wäre sie gezwungen, den | |
undemokratischen, aber verfassungsrechtlich legalen Artikel 49.3 | |
einzusetzen. | |
Damit kann ein Gesetz ohne Votum von Exekutive für angenommen erklärt | |
werden. Die Opposition kann danach nur noch per Misstrauensantrag die | |
Regierung stürzen. | |
## Regierung will Umgehung des Parlaments vermeiden | |
Die Verwendung des Artikel 49.3 zur Umgehung des Parlaments wäre ein | |
Zeichen politischer Schwäche der Staatsführung. Premierministerin Elisabeth | |
Borne, die in dieser Machtprobe mit den Gewerkschaften ihren Posten als | |
Regierungschefin aufs Spiel setzt, will darum tunlichst vermeiden, zu | |
dieser Holzhammermethode greifen zu müssen. | |
Die Gewerkschaften haben bereits angekündigt, dass sie ihren Widerstand | |
gegen die Anhebung des Rentenalters von 62 auf 64 Jahre auch fortsetzen, | |
wenn das Parlament im Eilverfahren unter dem Druck der Regierung eine mehr | |
oder weniger veränderte Reform auf Wunsch von Macron durchwinken sollte. | |
15 Mar 2023 | |
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## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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