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# taz.de -- Rentenreform in Frankreich: Schroffe Abfuhr an Gewerkschaften
> Der französische Senat stimmt einer leicht modifizierten Version der
> Rentenreform zu. Doch die Proteste gehen weiter. Auch die Pariser
> Müllabfuhr streikt.
Bild: Proteste in Paris am Samstag: Erneut haben Gewerkschaften zu Streiks gege…
Paris taz | Im parlamentarischen [1][Streit um die Rentenreform] hat die
französische Regierung einen ersten Etappensieg erzielt: Mit 195 gegen 112
Stimmen hat der Senat in der durch ein Eilverfahren verkürzten Debatte der
umstrittenen Reform zugestimmt. In der Nationalversammlung war zuvor nach
hitzigen Diskussionen und Tausenden von unbehandelten Änderungsanträgen der
Opposition die Debatte ohne Votum beendet worden.
Wie dies für solche Fälle vorgesehen ist, soll sich nun am Mittwoch die
Gemischte Paritätische Kommission der beiden Parlamentskammern, die aus je
7 Abgeordneten und Senatoren zusammengesetzt ist, auf einen Text einigen.
Dieser Kompromiss ginge dann erneut an beiden Kammern. Während die
Regierung im Senat auf die Stimmen einer Mehrheit der Konservativen und des
bürgerlichen Zentrums rechnen kann, [2][sind die Kräfteverhältnisse in der
Nationalversammlung sehr ungewiss].
Wegen des Eilverfahrens, mit dem die Regierung gestützt auf den
Verfassungsartikel 47.1 die Parlamentarier*innen zeitlich unter Druck
setzt, haben die Abgeordneten und die Senator*innen nur bis zum 26.
März für ihre Debatten und eine eventuelle Schlussabstimmung. Falls das
Parlament nach maximal 50 Tagen der Vorlage nicht zustimmt, kann die
Regierung dank dieser Prozedur ihre Reform auf dem Weg von Anordnungen in
Kraft setzen. Das tönt nicht sehr demokratisch, doch die Verfassung der
Fünften Republik stellt der Exekutive mehrere legale Mittel zur Verfügung,
damit sie unbehindert von Einwänden des Parlaments regieren und ihre
Gesetze diktieren kann.
## Gewerkschaften rufen weiter zum Widerstand auf
Die Perspektive, dass die Staatsführung sich am Ende über das Parlament als
Gesetzgeber und Volksvertretung hinwegsetzt, stellt für die Gewerkschaften,
die diese Reform weiterhin entschlossen bekämpfen, nur noch eine
zusätzliche Provokation dar. Nach mehreren Aktionstagen, Generalstreiks und
Demonstrationen im ganzen Land, an denen auf dem Höhepunkt laut
Organisatoren mehr als 3 Millionen Menschen auf die Straße gingen, hatten
die vereinten Dachverbände dem Staatspräsidenten Emmanuel Macron einen
Brief geschrieben, in dem sie ihn eindringlich um eine Audienz ersuchten
und ihn aufforderten, die unbeliebte und unsoziale Reform zurückzunehmen,
damit das Land den sozialen Frieden finden könne.
Dem hat der Präsident ebenfalls schriftlich eine ziemlich schroffe Abfuhr
erteilt. Er möchte offenbar die Machtprobe bis zum Ende durchziehen,
obschon auch er weiß, dass eine große Mehrheit der Bürger*innen (rund 7
von 10) die Rentenreform ablehnt und im Gegenteil auch die Proteste
befürwortet. Laut einer jüngsten Umfrage des Instituts Odoxa meint sogar
eine Mehrheit, dass der Widerstand gegen die Erhöhung des Rentenalters auf
64 Jahre auch dann weitergehen müsse, wenn die Reform verabschiedet oder
als Anordnung in Kraft gesetzt werden sollte. Macron rechnet anscheinend
damit, dass sich [3][nach wochenlangen Protesten] Resignation breit macht
und dass den Streikwilligen schlicht das Geld ausgeht. Er könnte aber auch
eine weitere Eskalation in diesem Konflikt provozieren.
Die Gewerkschaften und die auch die politische Linke geben sich noch lange
nicht geschlagen. Sie haben in der letzten Woche mit härteren Aktionen und
eindrücklichen Mobilisierungen den Druck auf die Regierung noch verstärkt.
Mehrere Streikaktionen dauern nun seit Tagen an. Dies gilt namentlich
[4][für die blockierten Erdölraffinerien, die von Streikenden des
Energiesektors] gezielt organisierten Stromunterbrüche, die anhaltenden
Störungen im Bahn- und Flugverkehr oder auch die Müllentsorgung in mehreren
Städten. Auch in der Hauptstadt türmen sich in der Mehrheit der Quartiere
bereits neben übervollen Containern Abfallberge, die inzwischen zum Himmel
stinken und die Ratten anziehen.
12 Mar 2023
## LINKS
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## AUTOREN
Rudolf Balmer
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