# taz.de -- Gesetz zur „Kinderpornografie“: Nicht länger die Falschen jagen | |
> Die echten, harten Fälle sexueller Gewalt an Kindern gibt es zuhauf. | |
> Durch die Gesetzesschärfung blockieren nun aber Nicht-Fälle die | |
> Ermittler. | |
Bild: Die harten Fälle: Akten im Gerichtssaal vor dem Urteil im Missbrauchskom… | |
Unter Jurist:innen war es von Anfang an umstritten, jetzt soll es erneut | |
reformiert werden: Das [1][Gesetz zu „Verbreitung, Erwerb und Besitz | |
kinderpornografischer Inhalte“,] das die Große Koalition im Sommer 2020 | |
verschärft hatte, wird nun vermutlich abgeschwächt. Viele Anwält*innen | |
und Richter*innen lehnten ein verschärftes Gesetz damals unter anderem | |
mit dem Argument ab, dass die im Gesetzbuch formulierten Strafen | |
ausreichten, der Strafrahmen müsse nur ausgeschöpft werden. Der Grund für | |
die aktuelle Novellierung ist jedoch nicht der unausgeschöpfte Strafrahmen, | |
sondern eine Flut von Verfahren, die Polizei und Gerichte überlasten. | |
Denn betroffen von der Strafverschärfung sind [2][einer Recherche des | |
Politmagazins Panorama] zufolge auch Personen, die weder | |
kinderpornografisches Material besitzen noch es verbreiten, darunter | |
Eltern, Lehrer:innen, Schüler:innen. Etwa eine Mutter, die auf ein Video | |
aufmerksam wird, [3][das in den sozialen Netzwerken der Kinder kursiert] | |
und Jugendliche beim Sex zeigt. Sobald die Ermittlungsbehörden davon | |
Kenntnis haben, müssen sie ermitteln und diese Fälle vor Gericht bringen. | |
Eingestellt werden wegen „Nichtigkeit“ dürfen die Fälle nicht – mit der | |
Folge, dass sich Richter:innen und Polizeibeamte die Haare raufen, wenn | |
wieder so ein „Verbrechen“ auf ihrem Tisch landet. | |
Das war damals – könnte man heute wohlwollend anmerken – von SPD und CDU | |
sicher weder absehbar noch beabsichtigt. Insofern ist eine schärfere | |
[4][Differenzierung im Gesetzestext] an dieser Stelle dringend notwendig. | |
Denn [5][die echten, harten Fälle] [6][sexueller Gewalt an Kindern] gibt es | |
ja nach wie vor. Und die gehören so hart bestraft, wie es das Gesetz | |
vorsieht: je nach Fall mit bis zu 15 Jahren Höchststrafe. Das passiert | |
allerdings nicht allzu häufig, Opfer erleben es vielfach so: Täter:innen | |
erhalten geringe Strafen, viele werden freigesprochen, andere kommen mit | |
einer Bewährungsstrafe davon. | |
Das ist ein Skandal – und ein schwer zu lösendes Problem: Denn die | |
Beweiskraft bei sexueller Gewalt an Kindern schwächt sich mit jedem Jahr, | |
in dem dieses Verbrechen nicht angezeigt wird, ab. | |
14 Mar 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Gesetz-gegen-sexuelle-Gewalt-an-Kindern/!5720401 | |
[2] https://daserste.ndr.de/panorama/aktuell/Sogenannte-Kinderpornografie-Geset… | |
[3] /Justizministerkonferenz-zu-Missbrauch/!5894484 | |
[4] /Experte-ueber-Kinderrechte/!5744066 | |
[5] /Prozess-wegen-Kinderpornografie/!5765159 | |
[6] /Missbrauch-in-Wermelskirchen/!5858422 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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