# taz.de -- NGO-Gesetz in Georgien: Gegen das „russische Gesetz“ | |
> Die regierende Partei Georgischer Traum hat ein Gesetz zur Registrierung | |
> von NGOs verabschiedet. Zu Gegenprotesten vor dem Parlament kommen | |
> Tausende. | |
Bild: Tränengas und Wasserwerfer: Demonstranten tragen eine Gasmaske bei den P… | |
TBILISSI taz | So zahlreich und so brutal waren die Proteste in Georgien | |
seit langer Zeit nicht mehr. Am Mittwoch gab das georgische | |
Innenministerium 66 Festnahmen bekannt. Dutzende von Menschen wurden bei | |
den Protesten am Dienstagabend in der Hauptstadt verletzt. Die Polizei ging | |
mit Pfefferspray, Tränengas und Wasserwerfern gegen die Menge vor. Die | |
Demonstranten warfen daraufhin Steine und Molotowcocktails. | |
Der Auslöser war das strittige Gesetz „Über die Transparenz ausländischer | |
Einflussnahme“, das am Dienstag von der regierenden Partei Georgischer | |
Traum in erster Lesung angenommen wurde. Nach dem Gesetz muss sich jede | |
Organisation oder Medieneinrichtung, die mehr als 20 Prozent ihrer Mittel | |
aus dem Ausland erhält, als „ausländischer Agent“ registrieren lassen. Bei | |
Weigerung droht eine Geldstrafe von bis zu 8.000 Euro. | |
Kritiker bezeichnen das Gesetz als „russisch“ aufgrund der Ähnlichkeiten | |
mit dem 2012 in Russland unter Wladimir Putin verabschiedeten „Gesetz über | |
ausländische Agenten“. In Georgien wird befürchtet, dass der neue Text, | |
[1][wie in Russland], darauf abzielt, den Druck auf Zivilgesellschaft und | |
Medien zu erhöhen. | |
„Der Gesetzentwurf steht im Widerspruch zu Georgiens internationalen | |
Vereinbarungen. Es ist ein direkter Versuch, kritische Stimmen zu | |
marginalisieren“, sagte George Gogia, Leiter von Human Rights Watch Europa | |
und Zentralasien. Nach Ansicht von Journalisten und | |
Menschenrechtsaktivisten wird das Gesetz den Bestrebungen Georgiens, | |
Mitglied der Europäischen Union zu werden, ein Ende setzen. | |
## 80 Prozent der Bevölkerung wünscht sich einen EU-Beitritt | |
Die südkaukasische Republik hat kurz nach dem Beginn des russischen | |
Angriffskrieges 2022 die EU-Mitgliedschaft beantragt; [2][im Juni letzten | |
Jahres bekam Tbilissi die EU-Beitrittsperspektive]. Ende 2023 wird die | |
Europäische Kommission erklären müssen, ob Georgien den Kandidatenstatus | |
erhält. Verschiedenen Umfragen zufolge wünschen sich mehr als 80 Prozent | |
der Bevölkerung einen EU-Beitritt. Auch der EU-Außenpolitikchef, Josep | |
Borrell, bekräftigte die Befürchtungen der Gegner des Gesetzes: „Dieses | |
Gesetz steht nicht im Einklang mit den europäischen Normen und Werten.“ | |
Georgiens Premierminister, Irakli Garibaschwili, verteidigte diese Woche | |
den Text: „Die Zukunft in diesem Land wird nie wieder ausländischen Agenten | |
gehören: Sie gehört den Patrioten.“ Anders äußerte sich die georgische | |
Präsidentin, Salome Surabischwili, die den Entwurf ablehnt und versprach, | |
ihr Veto einzulegen. Allerdings verfügt die Regierungspartei über genügend | |
Parlamentssitze, um dieses Veto zu umgehen. | |
Der Gesetzentwurf [3][wurde von der antiwestlichen Abgeordnetengruppe Macht | |
des Volkes initiiert], die die Regierungspartei unterstützt. Seine | |
Verfasser behaupten, dass dieser Gesetzesentwurf eine Analogie zum | |
amerikanischen FARA (Foreign Agents Registration Act) sei, der 1938 von den | |
USA verabschiedet wurde, um die US-Politik vor dem Einfluss | |
Nazideutschlands zu schützen. Noch ein Dokument gegen NGOs hat die | |
russlandfreundliche Gruppierung vorbereitet. Am Donnerstag soll es im | |
Parlament behandelt werden. | |
## In Tbilissi wird es weiter demonstriert | |
Der Parteivorsitzende des Georgischen Traums, Irakli Kobachidse, möchte | |
beide Gesetzesentwürfe vom Beratungsgremium des Europarats für | |
Verfassungsrecht, der Venedig-Kommission, geprüft haben. Danach wird das | |
georgische Parlament sie erneut beraten. „Eins von beiden werden wir auf | |
jeden Fall verabschieden“, sagte Kobachidse. Für Mittwochabend ist eine | |
weitere Demonstration vorm Parlament in Tbilissi geplant. | |
Die Partei Georgischer Traum wurde vom Milliardär Bidzina Iwanischwili 2012 | |
gegründet und seit dem stellt den Prämierminister Georgiens. Iwanischwili | |
hatte in den 1990er Jahren sein Vermögen in Russland gemacht und zog sich | |
2021 formell aus der Politik zurück. Seine Kritiker behaupten, er würde | |
weiterhin alle Entscheidungen hinter den Kulissen überwachen. | |
Aus dem Russischen [4][Gemma Terés Arilla] | |
8 Mar 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Kommentar-Gesetz-gegen-Agenten/!5462680 | |
[2] /Aktivist-zur-EU-Perspektive-Georgiens/!5860683 | |
[3] /Zivilrechte-in-Georgien/!5916484 | |
[4] /Gemma-Teres-Arilla/!a100800/ | |
## AUTOREN | |
Sandro Gvindadze | |
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