| # taz.de -- Studie zu Diskriminierung in Sachsen: Kein Respekt und Nachteile im… | |
| > Menschen werden am häufigsten aufgrund ihrer Erscheinung benachteiligt. | |
| > Das zeigt eine neue Studie zu Diskriminierungserfahrungen in Sachsen. | |
| Bild: Benachteiligt wegen Tatoos | |
| Leipzig taz | Jede:r Zweite von mehr als 2.000 Befragten in Sachsen hat | |
| bereits Erfahrungen mit Diskriminierung gemacht. Das geht aus einer | |
| [1][Studie des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung | |
| (DeZIM-Institut)] hervor, die am Montag in Dresden vorgestellt wurde. Es | |
| ist die erste Studie, die sich mit verschiedenen Diskriminierungsmerkmalen | |
| in Sachsen beschäftigt – darunter ethnische Herkunft, Geschlecht, religiöse | |
| Zugehörigkeit, sexuelle Orientierung, äußere Erscheinung, sozioökonomischer | |
| Status, Alter oder Behinderung. Sie wurde vom sächsischen Justiz- und | |
| Demokratieministerium in Auftrag gegeben. | |
| Für die Studie wurden im Sommer 2021 Personen ab 16 Jahren zu ihren | |
| [2][Diskriminierungserfahrungen] in den vorangegangenen zwei Jahren | |
| befragt. Ein zentrales Ergebnis der Studie ist, dass sich die | |
| Diskriminierungserfahrungen in Sachsen kaum von bundesweiten Erfahrungen | |
| unterscheiden. | |
| 45 Prozent derer, die Diskriminierung erlebt haben, gaben an, dass sie | |
| aufgrund ihrer äußeren Erscheinung benachteiligt wurden, etwa wegen ihrer | |
| Kleidung, ihrer Körpergröße, ihrer Tattoos und Piercings – vor allem aber | |
| wegen ihres Körpergewichts. | |
| 42 Prozent der Befragten vermuteten, aufgrund ihrer Gestik und ihres | |
| Verhaltens diskriminiert worden zu sein. 39 Prozent aufgrund ihres Alters | |
| und 33 Prozent aufgrund ihres sozioökonomischen Status. Danach folgen die | |
| Merkmale Behinderung (31 Prozent), religiöse Zugehörigkeit (20 Prozent), | |
| Geschlecht (18 Prozent), Sprechweise (18 Prozent), [3][rassistische | |
| Zuschreibungen (16 Prozent)] und sexuelle Orientierung (15 Prozent). | |
| Mehrfachnennungen waren möglich. | |
| ## Antidiskriminierungsgesetz enthält äußere Erscheinung bislang nicht | |
| Der am häufigsten genannte Grund für Diskriminierung, die äußere | |
| Erscheinung, ist bisher nicht im Antidiskriminierungsgesetz als Merkmal | |
| aufgeführt – ebenso wenig wie der sozioökonomische Status oder die eigene | |
| Gestik. Das heißt, wer aufgrund dieser Merkmale zum Beispiel im Berufsleben | |
| benachteiligt wird, kann dagegen nicht klagen. | |
| Die Studienautor:innen fragten außerdem nach den Lebensbereichen, in | |
| denen die Befragten diskriminiert wurden. Fast jede zweite Person, die in | |
| den vorangegangenen zwei Jahren Kontakt zu Bildungseinrichtungen hatte, | |
| berichtete von Diskriminierung. Knapp ein Drittel gab an, im Berufsleben | |
| Diskriminierung erlebt zu haben. [4][Ämter und Behörden] wurden von einem | |
| Viertel der Befragten als Orte für Diskriminierung genannt. Ebenfalls ein | |
| Viertel berichtete, in Kontakt mit der Polizei benachteiligt worden zu | |
| sein. Bei der Justiz liegt der Anteil mit 29 Prozent noch höher. | |
| Am häufigsten erlebten die Studienteilnehmer:innen Formen der | |
| sozialen Herabwürdigung: Jeweils 29 Prozent haben es mindestens einmal | |
| erlebt, dass sie angestarrt wurden oder ihnen ihre Intelligenz abgesprochen | |
| wurde. 28 Prozent berichteten, hinsichtlich ihrer eigenen Leistungen | |
| abgewertet worden zu sein. | |
| 16 Prozent der Befragten haben zwischen 2019 und 2021 mindestens einmal | |
| sexuelle Belästigungen erlebt, 9 Prozent körperliche Gewalt und 7 Prozent | |
| sexualisierte Gewalt erfahren. | |
| Wie die sächsische Bevölkerungsbefragung zeigt, kommt es nicht nur in den | |
| größeren Städten wie Leipzig, Dresden und Chemnitz zu Diskriminierung, | |
| sondern auch im ländlichen Raum. | |
| Um valide Aussagen über die Diskriminierungserfahrungen von kleinen | |
| gesellschaftlichen Gruppen in Sachsen treffen zu können – etwa von queeren | |
| Personen oder Menschen mit Migrationsgeschichte –, haben die | |
| Studienautor:innen im Frühjahr und Sommer 2021 noch eine zweite | |
| Befragung durchgeführt, die sich explizit an Menschen mit | |
| Diskriminierungserfahrungen richtete. | |
| ## Anstieg von antiasiatischem Rassismus | |
| Knapp 1.500 Menschen nahmen daran teil. Die zweite Befragung zeigt, dass | |
| queere Menschen, Menschen mit Behinderungen sowie Menschen, die von | |
| rassistischen Zuschreibungen betroffen sind, ein hohes | |
| Diskriminierungsrisiko in Sachsen haben. „Während der Pandemie haben zudem | |
| besonders Alleinerziehende und Menschen, die zu einer Risikogruppe gehören, | |
| verstärkt Diskriminierung erfahren. Viele Betroffene berichteten zudem von | |
| einem Anstieg von antiasiatischem Rassismus“, teilte Sabrina Zajak vom | |
| DeZIM-Institut am Montag mit. | |
| Die sächsische Landesbeauftragte für Antidiskriminierung, Andrea Blumtritt, | |
| sagte: „Diskriminierungserfahrungen können für Betroffene neben materiellen | |
| Nachteilen, wie zum Beispiel einen Arbeitsplatz oder eine Wohnung nicht zu | |
| bekommen, auch mit gravierenden emotionalen und gesundheitlichen Folgen | |
| einhergehen“. Darüber werde noch zu wenig gesprochen. „Die | |
| gesellschaftliche Sensibilität für Diskriminierung zu erhöhen und den | |
| Diskriminierungsschutz in Sachsen mit geeigneten Maßnahmen zu stärken – | |
| darauf wird der Fokus der weiteren Antidiskriminierungsarbeit in Sachsen | |
| liegen.“ | |
| 20 Feb 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.nomos-elibrary.de/10.5771/9783748936312.pdf?download_full_pdf=1… | |
| [2] /Antidiskriminierungsgesetz/!5907887 | |
| [3] /Rassistische-Diskriminierung-in-Behoerde/!5888164 | |
| [4] /Rassistische-Diskriminierung-in-Behoerde/!5888164 | |
| ## AUTOREN | |
| Rieke Wiemann | |
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