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# taz.de -- Urteil zur AfD-nahen Erasmus-Stiftung: Millionen für rechte Denkfa…
> Am Mittwoch urteilt das Verfassungsgericht über die
> Stiftungsfinanzierung. Die AfD klagt gegen ihren Ausschluss.
Berlin taz | Fünf Jahre lang verhallten die Warnrufe: Erst saß die
rot-schwarze Bundesregierung das Problem aus, dann die Ampel. Am Mittwoch
soll nun vor dem Bundesverfassungsgericht das Urteil im Streit über die
Fördermittel der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) fallen –
möglicherweise mit einem guten Ende für die vom Verfassungsschutz als
rechtsextremer Verdachtsfall eingestufte AfD.
Das jedenfalls befürchten die Bildungsstätte Anne Frank und der
Kampagnenverein Campact. Meron Mendel, Leiter der Bildungsstätte,
kritisierte bei einem Pressegespräch am Montag die Untätigkeit der
Regierungen seit 2018. Im schlimmsten Fall stehe zu befürchten, dass die
AfD-Stiftung der Vorsitzenden Erika Steinbach sofort Gelder zugesprochen
bekomme, so Mendel: „Es wäre eine Katastrophe für das Gemeinwesen, wenn die
Demokratie ihre eigenen Feinde finanziert.“
Es geht um rund 70 Millionen Euro pro Legislaturperiode. Die AfD-Stiftung
wurde bislang per Vermerk [1][im Haushaltsgesetz ausgeschlossen],
allerdings ohne richtige Gesetzesgrundlage, weil ein transparentes
Stiftungsgesetz seit Jahrzehnten fehlt. Nach bisheriger Praxis steht der
AfD-Stiftung ein Anspruch auf Förderung mit dem Wiedereinzug in den
Bundestag zu. Zusammen mit der Bildungsstätte und Campact hatten unter
anderem auch Kirchen und Gewerkschaften eine Gesetzesgrundlage für die
Finanzierung politischer Stiftungen gefordert, die die AfD ausschließt.
Mendel befürchtet, dass durch Stipendienprogramme der DES rechtsextreme
Kader ausgebildet werden, die langfristig Justiz, Medien,
Bildungseinrichtungen und Politik „stürmen“ werden. „Ich sehe zahlreiche
neue Höckes kommen“, sagte Mendel und verwies auf die [2][engen
Verflechtungen der] Stiftung mit rechtsextremen Organisationen wie dem
„Institut für Staatspolitik“. „Die [3][Stiftungsvorsitzende Erika
Steinbach] hat die Hetze gegen Walter Lübcke kurz vor seiner Ermordung
durch einen Neonazi angeheizt“, sagte Mendel und verwies darauf, dass sie
auch seine Privatadresse [4][in den sozialen Medien veröffentlichte]: „Sie
agiert selbst wie ein rechtsextremer Troll.“
## Kritik an der Bundesregierung
Mendel kritisierte die Ampelfraktionen, Warnungen der Zivilgesellschaft und
den eigenen Koalitionsvertrag ignoriert zu haben. Insbesondere bei der SPD
sei man mit Gesprächsanfragen immer wieder ins Leere gelaufen, so Mendel.
Er erwarte von Karlsruhe ein Signal an die Bundesregierung, dass diese die
Forderung nach einem Stiftungsgesetz nicht länger aussitzen kann.
Ähnlich ordnete es auch Miriam Schrader von Campact ein. Man gehe davon
aus, dass ohne Gesetz politische Stiftungen „die Ungleichbehandlung nicht
verfassungskonform ist und der DES das Geld zusteht“. Das sei einerseits
eine Katastrophe, weil es ein politischer Erfolg für die AfD sei,
andererseits steige damit der Druck für eine rechtliche Grundlage.
Es gab bereits mehrere Vorschläge für ein mögliches Stiftungsgesetz, die
bislang im politischen Raum verhallten. So hatte der Grünenpolitiker
[5][Volker Beck] ein Gesetz vorgeschlagen, das eine Förderung an die
Einhaltung der freiheitlich-demokratische Grundordnung und einen
Demokratie-TÜV knüpft. Campact hatte vor einigen Monaten einen [6][weiteren
Gesetzesvorschlag] mithilfe des Kölner Verfassungsrechtlers Markus Ogorek
gemacht, der die Kriterien um ein aktives Eintreten für Menschenrechte
erweiterte. Dazu zählt für Campact auch ein Bekenntnis zu Religionsfreiheit
und einer multiethnischen Staatsangehörigkeit. Das dürfe nicht nur ein
Lippenbekenntnis in der Satzung, sondern müsse durch externe Prüfungen
gesichert sein, wie etwa ein Stiftungsregister, über das die
Bundestagspräsidentin wachen solle.
Ebenso forderte Campact für politische Stiftungen Transparenz. Derzeit
verschweigt die DES etwa die personelle Zusammensetzung ihres Kuratoriums,
das bislang unter dem Vorsitz von Karlheinz Weißmann agierte. Weißmann ist
nicht nur geistiger, sondern auch tatsächlicher Schüler des neurechten
Armin Mohler, der mit seinem wissenschaftlich unhaltbaren Theoriegebäude
der „Konservativen Revolution“ der [7][“Geisteswelt des Faschismus“ im
Nachkriegsdeutschland ein ideologisches Refugium schuf]. Die Auswüchse von
Mohlers Schaffen wirken über Schnellroda und Höcke bis heute in die AfD und
über Figuren wie Weißmann auch in die Erasmus-Stiftung.
Andere Stimmen in der Debatten befürchten hingegen, dass eine
[8][staatliche Finanzierung der AfD-Stiftung] nicht zu verhindern sei, und
plädieren wie der Politikwissenschaftler Claus Leggewie für den
politisch-argumentativen Umgang mit der „Neuen Rechten“ und mehr
Demokratieförderung.
Der Justitiar der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Fechner, teilte auf
taz-Anfrage „Zweifel an der Verfassungstreue“ der DES: „Es darf keine
Steuergelder für Demokratiefeinde geben“, so Fechner. Ob man das über ein
Stiftungsgesetz regeln könne, werde das Gericht entscheiden – „wir werden
das Urteil abwarten und zügig koalitionsintern beraten“. Fünf Jahre waren
offenbar zu kurz.
20 Feb 2023
## LINKS
[1] /Kein-Geld-fuer-AfD-Stiftung/!5842895
[2] https://fragdenstaat.de/dokumente/141593-desiderius-erasmus-stiftung-politi…
[3] /Politische-Stiftung-der-AfD/!5900074
[4] /AfD-nahe-Erasmus-Stiftung/!5799973
[5] /AfD-nahe-Erasmus-Stiftung/!5797924
[6] https://www.campact.de/wp-content/uploads/2023/01/Campact_Stiftungsgesetz.p…
[7] https://www.bpb.de/shop/buecher/schriftenreihe/politische-grundfragen/25433…
[8] /Geldsegen-fuer-AfD-nahe-Erasmus-Stiftung/!5801836
## AUTOREN
Gareth Joswig
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