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# taz.de -- Geldsegen für AfD-nahe Erasmus-Stiftung: Mehr wehrhafte Demokratie…
> Die Forscher Leggewie und Meyer fürchten, staatliche Finanzierung der
> AfD-Stiftung sei nicht zu verhindern. Sie fordern eine neue
> Demokratieförderung.
Bild: Freude am Wahlabend: der AfD Spitzenkandidat Tino Chrupalla (rechts), Bea…
Berlin taz | Die Politikwissenschaftler Claus Leggewie und Erik Meyer
kommen in einem der taz vorliegenden Positionspapier zum Schluss, dass es
rechtlich schwierig sein dürfte, der parteinahen Sitftung der AfD
staatliche Fördermittel vorzuenthalten. Der [1][Desiderius
Erasmus-Stiftung] stehen nach geltender Praxis mit dem Wiedereinzug der AfD
in den Bundestag Fördermittel in Millionenhöhe zu – wie auch den anderen
parteinahen Stiftungen. Eine [2][zivilgesellschaftliche Initiative fordert]
deswegen derzeit, der AfD per Stiftungsgesetz mit einer Art Demokratie-Tüv
das Geld vorzuenthalten.
Ein entsprechender Gesetzesvorschlag von Volker Beck (Grüne) verstößt laut
Leggewie und Meyer allerdings gegen das Prinzip der Programmautonomie und
der Chancengleichheit aller politischen Parteien. Mit ihrem Papier schalten
sich die Wissenschaftler von der Uni Gießen in die Debatte um die
Finanzierung der Erasmus-Stiftung ein. Statt auf einen rechtlich schwer zu
begründenden Ausschluss zu setzen, fordern sie, mit einem Stiftungsgesetz
Demokratieförderung neu zu rahmen und die Qualität der Bildungsarbeit aller
politischen Stiftungen künftig nach klaren Kriterien zu überprüfen.
Die Auseinandersetzung mit der „Neuen Rechten“ muss laut Leggewie und Meyer
politisch-argumentativ geführt werden – solange die AfD und einzelne
Vertreter nicht strafbare Delikte wie Volksverhetzung oder gezielte
Desinformation begehen. „Das ist kein Persilschein für antidemokratische
Agitation, sondern ein konsequent demokratischer Umgang mit der
Meinungsfreiheit, der auch mit Gegnern der repräsentativen Demokratie geübt
werden muss“, heißt es.
Darüber, wie Demokratieförderung in diesem Sinne aussehen soll, müsse in
den nun beginnenden Koalitionsverhandlungen diskutiert werden – sie riefen
auch Fachkolleg*innen aus der politischen Bildung dazu auf, sich an der
Debatte zu beteiligen.
## Verfassungsfeindlichkeit nicht nachgewiesen
Die AfD-nahe Erasmus-Stiftung rechnet mit rund 8 Millionen Euro im ersten
Jahr und mit einem zweistelligen Millionenbetrag ab dem zweiten Förderjahr.
Sie will damit unter anderem ein Stipendienprogramm aufsetzen sowie
„Bildungsangebote“ an Schulen und Unis durchführen.
Die breit aufgestellte zivilgesellschaftliche Initiative „Stiftungstrick
der AfD“ befürchtet hierdurch staatlich finanzierte extrem rechte
Kaderbildung und einen „Marsch durch die Institutionen“ der Neuen Rechten.
Der von der Initiative geforderte [3][Demokratie-Tüv] soll die
AfD-Stiftung ausschließen, in dem er eine Förderung an die
freiheitlich-demokratische Grundordnung und die Extremismusdoktrin knüpft.
Leggewie und Meyer stimmen zwar in der inhaltlichen Bewertung von
Erasmus-Stiftung und der AfD über deren antidemokratische Ziele weitgehend
überein. Sie sehen aber nicht zuletzt ein Stiftungsgesetz auf Grundlage der
Extremismusdoktrin als zum Scheitern verurteilt: „Der AfD-Stiftung
Globalzuweisungen unter Berufung auf ihre vermeintlich gegen die
freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichteten politischen Ziele zu
verweigern, wäre evident verfassungswidrig.“
Vor allem könne ein solcher Ausschluss sich nicht auf geheimdienstliche
Überwachung stützen, zumal eine Verfassungsfeindlichkeit erst nachgewiesen
werden müsse und noch nicht viel über die konkrete Arbeit der formell
unabhängigen Stiftung bekannt sei.
## Bundesverfassungsgericht legte sich ein Ei
Auf Rückfrage der taz, wie eine neue wehrhafte Demokratieförderung konkret
aussehen könne, sagte Leggewie: „Wir brauchen praktische Förderung
demokratischer Instrumente. Wir diskutieren schon länger über Bürgerräte
und Zukunftsräte, solchen Initiativen fehlt allerdings die finanzielle
Infrastruktur.“ Natürlich seien auch Projekte zur Abwehr von Gefahren
wichtig, ebenso müsse man aber die Demokratie einüben, indem man „vitale
Kräfte unterstützt, Demokratie zu erproben, Innovation einzubringen und
politische Vorschläge auch außerhalb von Parteien zu diskutieren“, so
Leggewie. „Man muss mehr Experimente einer konsultativen Demokratie
unterstützen.“
Mit ihrem Verständnis von politischer Bildung schließen Leggewie und Meyer
sich den Schlussfolgerungen aus den mitunter [4][alarmierenden
Mitte-Studien] der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung an. Man dürfe
politische Bildung nicht als Extremismusprävention wie eine Feuerwehr
einsetzen. Man bräuchte hingegen eine „zivilgesellschaftliche
Demokratisierung der Demokratie als adäquate Antwort auf akute Gefahren
einer identitären Schließung der offenen Gesellschaft“, wie es heißt.
Die Mitte-Studien beschäftigen sich seit 2006 mit Verbreitung und
Entwicklung rechtsextremer, menschenfeindlicher und antidemokratischer
Einstellungen auch in der Mitte der Gesellschaft. Bei Leggewie und Meyer
heißt es nun: „Würde sich Demokratieförderung auf Abwehr beschränken, wä…
das so, als würde man gegen Extremwetter nur Deiche bauen und Dächer
stützen, anstatt die Ursachen des Klimawandels selbst zu bekämpfen.“
Ausschließen könne man die AfD letztlich nur über ein Verbotsverfahren. Wie
schwierig das sei, zeige aber das gescheiterte Verbotsverfahren gegen die
NPD. Vor dem Bundesverfassungsgericht scheiterte dieses Verfahren daran,
dass die Partei zu schwach war, um wirklich eine demokratische Bedrohung
darzustellen. Offen sei aber, so heißt es nun bei Leggewie und Meyer, „was
gilt (…), wenn eine Partei sich so fest im parlamentarischen System mit
rund zehn Prozent gesamtdeutscher (…) Zustimmung etabliert hat“.
Leggewie sagt auf Rückfrage der taz: „Mit dem NPD-Urteil hat sich das
Bundesverfassungsgericht ein Ei gelegt“. „jetzt müssten sie sagen, die AfD
müssen wir verbieten, weil sie nicht schwach ist. Es ist aber sinnlos, eine
Partei zu verbieten, die zehn Prozent hat“, so seine Einschätzung.
Ihr politisches Positionspapier auf den Punkt bringt auch ein dem Fazit
voran gestelltes Zitat des sozialistisch geprägten Verfassungstheoretikers
Otto Kirchheimer voran. Es lautet: „Die Tätigkeit einer revolutionären
Partei in einem demokratischen System hat einige Paradoxe an sich. Darin,
daß sie existiert, verkörpert sich das eigentliche Wesen einer freien
Gesellschaft.“
30 Sep 2021
## LINKS
[1] /AfD-nahe-Erasmus-Stiftung/!5799973
[2] /AfD-nahe-Erasmus-Stiftung/!5797924
[3] https://www.bs-anne-frank.de/fileadmin/content/Downloads/Wehrhafte_Demokrat…
[4] /Studie-ueber-rechtsextreme-Einstellungen/!5777677
## AUTOREN
Gareth Joswig
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