# taz.de -- Statt Neubau nun Umbau in Berlin: Architektur soll grün werden | |
> Nach der Klima- und der Verkehrswende soll nun auch die Bauwende kommen. | |
> Ein breites Bündnis will Berlin zur „Klimastadt 2030“ machen. | |
Bild: Nicht schön, dafür aber auch nicht mehr Versiegelung | |
Berlin taz | Ein „grundsätzliches Umdenken“ fordert Elisabeth Broermann | |
beim Bauen. Nun fordert das so mancher, doch wenn eine Architektin sagt, | |
man könne nicht so weiterbauen wie bisher, geht es tatsächlich um | |
Grundsätzliches. Denn Architektinnen und Architekten verdienen, anders als | |
Klimaschützer oder Mietervertreterinnen, ihr Geld mit dem Bauen. | |
Elisabeth Broermann war als Vertreterin von „[1][Architects for future]“ | |
nicht die einzige Architektin im Aedes Architekturforum, als am Dienstag | |
ein „Eckpunktepapier“ des neuen Bündnisses „Klimastadt Berlin 2030“ | |
vorgestellt wurde. Neu an diesem Bündnis ist, dass sich Initiativen für die | |
Klimawende, der Verkehrswende und einer gemeinwohlorientierten | |
Mietenpolitik mit Akteurinnen und Akteuren der Baukultur zusammengetan | |
haben. | |
Oder sollte man besser sagen: der Umbaukultur? „Wir wollen die Bauordnung | |
novellieren und eine Umbauordnung aus ihr machen“, sagt Elisabeth | |
Broermann. „Dafür brauchen wir keinen Bausenator, sondern eine | |
Umbausenatorin und eine Senatsumbaudirektorin.“ Letztere sollte in einem | |
„offenen und transparenten“ Verfahren nominiert werden. | |
Tatsächlich geht die Initiative zum Bündnis Klimastadt 2030 zurück auf | |
einen offenen Brief, den Akteurinnen und Akteure aus der Stadtentwicklung | |
vor und nach der Berufung von [2][Petra Kahlfeldt zur Senatsbaudirektorin] | |
unterzeichnet haben. Im Januar 2022 gründeten sie die | |
[3][Berlin-Plattform], aus deren Reihen sich auch viele Einzelpersonen dem | |
Klimastadt-Bündnis angeschlossen haben. | |
„In drei Workshops haben wir mit den verschiedenen Initiativen über die | |
Eckpunkte geredet'“, sagt Philipp Oswalt, einer der Mitgründer der | |
Berlin-Plattform, auf der Pressekonferenz am Dienstag. Er spricht von einem | |
breiten Bündnis von zivilgesellschaftlichen Gruppen mit innovativen | |
Architektinnen und Architekten und Planenden. „Ein solches Bündnis mit | |
Gewerkschaften und Arbeiterbewegung hat vor hundert Jahren auch ein neues | |
Bauen hervorgebracht“, sagt Oswalt. Inhaltlich spricht sich das Bündnis zum | |
Beispiel für eine klimaresiliente Stadt aus, in der der Flächenverbrauch | |
gesenkt und möglichst schnell das Ziel einer Versiegelungsbilanz von | |
„nettonull“ erreicht werde. Vor allem müssten die grünen Freiflächen in … | |
Kiezen und Quartieren erhalten werden. | |
## Beteiligung bei Nachverdichtungen | |
Damit spricht sich das Bündnis auch gegen Verdichtungen wie in der | |
Ossietzkystraße in Pankow aus. Dort hatte der Bezirk eine massive Bebauung | |
in den grünen Innenhöfen mithilfe eines „Klimaschutz-Bebauungsplans“ | |
abgelehnt. Das hinderte die landeseigene Gesobau aber nicht daran, dort | |
statt Wohnungen nun Modulare Unterkünfte für Flüchtlinge (MUF) bauen zu | |
wollen. Denn die kann der Senat genehmigen, der Bezirk hat bei | |
Flüchtlingsunterkünften nichts zu melden. | |
Und auch die Bewohnerinnen und Bewohner nicht, klagte Axel Matthies vom | |
Bündnis Nachhaltige Stadtentwicklung, das sich der Klimastadt angeschlossen | |
hat. Er selbst wehrt sich gegen eine Verdichtung in Hellersdorf durch Stadt | |
und Land. „Wir wollen als Betroffene gehört werden“, sagt er. „Wir sind | |
keine Totalverweigerer.“ | |
Statt für Verdichtung und damit Neubau um jeden Preis spricht sich das | |
Klimastadt-Bündnis für eine „Bauwende“ aus. Durch Umbau und | |
Wiederverwendung von Baumaterialien sollen Baumaßnahmen Klimaneutralität | |
erreichen. Dafür brauche es auch neue Bündnisse mit den Akteuren, sagte | |
Niloufar Tajeri von der „Initiative Hermannplatz“. „Statt | |
Public-Private-Partnerships brauchen wir Public-Civic-Partnerships“. | |
Beim Wohnungsbau erneuerte Ulrike Hamann vom Berliner Mieterverein ihre | |
Forderung nach Gemeinwohlorientierung. „Wir sind zu lange dem Mantra mit | |
dem Neubau gefolgt“, sagte sie. Doch die meisten Wohnungen, die neu gebaut | |
werden, seien teuer. „In Berlin haben 40 Prozent der Haushalte Anspruch auf | |
einen Wohnberechtigungsschein“, sagt sie. „Die brauchen leistbare | |
Wohnungen.“ | |
Ein Hebel für eine Bauwende ist die Debatte um den Wohnflächenverbrauch, | |
der in Deutschland derzeit 48 Quadratmeter pro Person liegt. | |
„Hier könne man Anreize schaffen, Umzüge von großen in kleinere Wohnungen | |
zu ermöglichen“, sagte Theresa Keilhacker, die sich dem Bündnis als | |
Architektin, nicht aber als Präsidentin der Architektenkammer angeschlossen | |
hat. Wie Tajeri sprich auch Keilhacker nicht von Verzicht, sondern von | |
„Flächengerechtigkeit“. | |
31 Jan 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.architects4future.de/ | |
[2] /Stadtumbau-in-Berlin/!5907755 | |
[3] https://berlin-plattform.de/ | |
## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
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