| # taz.de -- Debatte um Leopard-2-Panzer: Genie oder Getriebener | |
| > Olaf Scholz machte bei der Debatte um die Kampfpanzer-Lieferung | |
| > öffentlich kein gutes Bild. Ob er letztendlich doch Gewinner ist, bleibt | |
| > im Dunkeln. | |
| Bild: Olaf Scholz spricht vor einem Kampfpanzer Leopard 2 nach einer Übung zu … | |
| Souverän sah Olaf Scholz auf dem Weg zur Leopard-Lieferung nicht aus. Er | |
| konnte nie stringent erklären, warum der Ukraine-Krieg ausgerechnet durch | |
| westliche Kampfpanzer eskalieren sollte. Er ließ Zeit verstreichen, die nun | |
| wohl fehlt, um die Fahrzeuge vor einer möglichen russischen | |
| Frühjahrsoffensive an die Front zu schicken. Und als exponiertester Bremser | |
| innerhalb des westlichen Bündnisses zog er den [1][Groll vor allem | |
| mittelosteuropäischer Staaten] auf sich und die Bundesrepublik. | |
| Und doch hat er am Ende gewonnen? Das ist die eine Deutung der | |
| Medienberichte vom Dienstag, denen zufolge Deutschland nach langem Ringen | |
| nun doch Leopard-2-Panzer liefern wird, im Gleichschritt mit den USA, die | |
| der Ukraine ihrerseits Abrams-Kampfpanzer zur Verfügung stellen. | |
| Letzteres soll der Kanzler zur Bedingung für Ersteres gemacht haben, was | |
| Wohlwollende zu dem Schluss bringt: Durch [2][seine Standhaftigkeit] hat er | |
| für die Ukraine das Maximum herausgeholt. Er hat eine Handvoll eigener | |
| Fahrzeug als Hebel genutzt, um die USA mit ins Boot zu bekommen und so ein | |
| richtig dickes Panzerpaket zu schnüren. Eine in sich schlüssige | |
| Interpretation – allerdings auch nicht mehr oder weniger schlüssig als die | |
| Konkurrenzvariante. | |
| Ihr zufolge wollte Scholz bis zuletzt keine Kampfpanzer liefern. Über | |
| Monate hat er sich demnach von einer Ausrede zur nächsten gehangelt. Dass | |
| er nicht ohne die USA handeln wolle, war demnach seine letzte Ausflucht – | |
| die letztendlich, weil Washington gerade umschwenkt, auch nicht länger | |
| haltbar war. Der Druck ist also schlicht zu groß geworden. In dieser | |
| Variante ist der Kanzler kein Genie, sondern schlicht ein Getriebener. | |
| Ob Version A oder Version B stimmt, oder am Ende vielleicht eine Mischung | |
| aus beiden Versionen? Schwer zu sagen. Die Debatte über die | |
| Waffenlieferungen hat einen besonderen Charakter, der die Deutung | |
| erschwert. Es geht um Krieg und Frieden, also legen die Beteiligten | |
| naturgemäß nicht vollumfänglich offen, wie ihre Abwägungen aussehen. | |
| Stattdessen werfen sie allerhand argumentative Nebelkerzen, zum Teil | |
| bedingt durch sachfremde Interessen. | |
| ## Letzter Akt der Waffen-Debatte | |
| Bei der [3][polnischen Regierung] zum Beispiel, die in den letzten Tagen am | |
| sichtbarsten Druck machte, spielt wohl der anstehende Wahlkampf eine Rolle. | |
| Beim Kanzler ist es vielleicht die eigene Sturheit in Verbindung mit der | |
| Dynamik innerhalb der Ampel: Bloß nicht den Eindruck erwecken, dass sich | |
| die Strack-Zimmermann durchgesetzt hat. | |
| Im Ergebnis wird es Klarheit darüber, wie die Panzer-Entscheidung genau | |
| abgelaufen ist, wohl erst in Jahrzehnten geben: Wenn die dazugehörigen | |
| Akten nicht mehr geheim sind und die Historiker in die Archive dürfen. Fürs | |
| Erste aber bleibt es in Ermangelung einer klaren, lagerübergreifend | |
| anerkannten Faktenlage primär eine Glaubensfrage, ob Scholz nun der Held | |
| ist oder der Verlierer. | |
| Die gute Nachricht: Lange wird sich die Waffen-Debatte in dieser Form nicht | |
| mehr fortsetzen. Nachdem die Panzer durch sind, könnte es zwar mit den | |
| Kampfjets weitergehen. Hier wird Deutschland aber nicht so sehr im Fokus | |
| stehen. Fliegen ist komplizierter als Fahren. Die Tornados und Eurofighter | |
| bieten sich daher weniger an als osteuropäische Flugzeuge, mit denen | |
| ukrainische Piloten schon lange vertraut sind, und US-amerikanische, an | |
| denen die Ausbildung angeblich schon läuft. | |
| Wenn irgendwann auch Jets geliefert sind, wird sich die Debatte nicht mehr | |
| um die symbolisch so aufgeladene Frage drehen, welche neuen Waffentypen die | |
| Ukraine jetzt noch bekommen könnte. Dann wird es eher darum gehen, ob | |
| irgendwo noch Nachschub und Ersatz für die schon jetzt gelieferten Systeme | |
| aufzutreiben ist. Diese Fragen lassen sich weniger zuspitzen, sie werden | |
| weniger verbissen und weniger unerbittlich diskutiert werden. Nach den | |
| wiederholten und ermüdenden Debatten der vergangenen Monate ist das | |
| immerhin etwas. | |
| 25 Jan 2023 | |
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| Tobias Schulze | |
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