# taz.de -- Zahlen zu Angriffen in Silvesternacht: Es knallte nicht nur in Neuk… | |
> Der Bundestag diskutiert die Silvesternacht. Bundesweit aber fehlen | |
> weiter Zahlen. Und in Berlin gab es weniger Angriffe auf Einsatzkräfte | |
> als gedacht. | |
Bild: Silvestergeballer in Deutschland, hier am Rhein in Düsseldorf | |
BERLIN taz | Die Angriffe auf Polizei- und Rettungskräfte in der | |
Silvesternacht beschäftigen weiter die Politik. Am Mittwoch war es der | |
Bundestag, der sich mit dem Thema befasste. Bundesinnenministerin Nancy | |
Faeser (SPD) und die Union fordern eine Strafverschärfung, wenn | |
Einsatzkräfte bei Angriffen in „Hinterhalte“ gelockt werden. Das Problem: | |
Bisher gibt es zu den Ausschreitungen in der Silvesternacht nur für Berlin | |
valide Zahlen. | |
Diese Zahlen legte die Berliner Polizei am Mittwoch vor. Zunächst hatte sie | |
[1][von 145 in der Silvesternacht vorübergehend Festgenommenen] berichtet – | |
diese allerdings wegen diverser Delikte. Nun gibt es erstmals offizielle | |
Zahlen, wie vielen der Festgenommenen Angriffe auf Einsatzkräfte | |
vorgeworfen werden. Das sind nur noch 44 Beschuldigte, darunter eine Frau. | |
19 der Festgenommenen sind demnach minderjährig und 16 haben die deutsche | |
sowie 10 eine doppelte Staatsbürgerschaft. 37 der 44 Festgenommenen sollen | |
Polizist:innen angegriffen haben, die anderen 7 sollen Feuerwehrleute | |
attackiert haben. | |
Insgesamt wurden in der Nacht 126 Strafanzeigen wegen Angriffen auf | |
Einsatzkräfte aufgenommen. Auch hier ging es meist um Attacken auf | |
Polizisten, nämlich in 77 Fällen. In 81 Fällen geht es um Angriffe mit | |
Böllern oder Raketen, in 15 um Schreckschusswaffen. Zudem seien 30 | |
Einsatzfahrzeuge oder Liegenschaften beschädigt worden. | |
Der Schwerpunkt der Angriffe lag dabei im Stadtteil [2][Neukölln] – aber | |
nicht nur. So betreffen laut Polizei 37 der Anzeigen Neukölln. 35 kämen | |
aber auch aus Berlin-Mitte, 19 aus Friedrichshain-Kreuzberg, 15 aus | |
Tempelhof-Schöneberg und 10 aus Pankow. Ein Polizeisprecher betonte | |
gegenüber der taz, dass sich die Zahlen noch weiter verändern könnten. | |
## Union ätzt gegen SPD – und unterstützt deren Vorstoß | |
Innenministerin Faeser hat auch [3][ein bundesweites Lagebild zur | |
Silvesternacht angekündigt]. Das aber liegt bis heute nicht vor. Ein | |
Ministeriumsvertreter verwies am Mittwoch im Innenausschuss des Bundestags | |
hinter verschlossenen Türen nach taz-Informationen auf fehlende | |
Zulieferungen etwa aus Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, | |
Baden-Württemberg oder Niedersachsen. Auch dort war von Vorfällen in der | |
Silvesternacht berichtet worden. Hinweise auf ein organisiertes Vorgehen | |
bei den Angriffen auf Einsatzkräfte sollen die Sicherheitsbehörden bisher | |
nicht haben, hieß es. | |
Der Tagesspiegel hatte eine eigene [4][Länderumfrage] zur Silvesternacht | |
durchgeführt. Demnach gab es bundesweit mindestens 282 Angriffe auf | |
Einsatzkräfte. Auch hier aber meldeten nicht alle Länder Zahlen. | |
Trotz der wackligen Datengrundlage machte Faeser bereits politische | |
Vorstöße. Zum einen nahm sie [5][Verschärfungen für Schreckschusswaffen] in | |
ihren Gesetzentwurf zum Waffenrecht auf: Nun soll auch für den Erwerb und | |
Besitz solcher Waffen ein Kleiner Waffenschein nötig werden, nicht nur für | |
das „Führen“. Zum anderen fordert Faeser eine Strafverschärfung, wenn | |
Einsatzkräfte bei Angriffen in einen „Hinterhalt“ gelockt werden, [6][so | |
wie es etwa Neuköllner Feuerwehrleute schilderten]. Mindestens ein Jahr | |
Freiheitsstrafe soll es hierfür geben. | |
Beide Projekte werden indes ausgebremst. Beim Waffenrecht sieht die FDP | |
keinen Verschärfungsbedarf – die bestehenden Gesetze sollten lieber | |
ausgeschöpft werden. Auch bei den „Hinterhalten“ [7][warnte die Partei vor | |
„Symbolpolitik“ und auch die Grünen meldeten Bedenken an]. Schon zuletzt | |
sei der Strafrahmen für Angriffe auf Einsatzkräfte erhöht worden, auch | |
Hinterhalte ließen sich hier entsprechend ahnden. | |
Die Union springt dagegen Faeser bei. Eine Strafverschärfung für Angriffe | |
auf Polizei- und Rettungskräfte habe man schon in der letzten Regierung | |
gefordert, sagte CDU-Rechtspolitiker Günter Krings der taz. Nur sei dies | |
von der SPD ausgebremst worden. Faesers jetziger Vorstoß sei deshalb „nicht | |
mehr als ein untauglicher Versuch einer Wahlkampfhilfe für die Berliner | |
SPD“. Damit könne aber nicht von den Versäumnissen der Berliner Innen- und | |
Rechtspolitik abgelenkt werden, so Krings. | |
18 Jan 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Faeser-und-Giffey-in-Neukoelln/!5907138 | |
[2] /Nach-Silvester-Randale-in-Berlin/!5905301 | |
[3] /Faeser-und-Giffey-in-Neukoelln/!5907138 | |
[4] https://www.tagesspiegel.de/politik/krawalle-zu-silvester-bundesweit-mindes… | |
[5] /Verschaerfung-des-Waffenrechts/!5904967 | |
[6] /Feuerwehrmann-ueber-Silvestereinsatz/!5905452 | |
[7] /Als-Konsequenz-aus-Silvesterkrawallen/!5906266 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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