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# taz.de -- Integrationsdebatte nach Silvester: Wir müssen uns damit beschäft…
> Nach der Silvesternacht herrschen in Deutschland Rassismuswochen. Die
> Debatten sind reine Provokation, doch man kann sich nicht raushalten.
Bild: Kaum einer hinterfragte, was Silvester wirklich passiert ist
In Deutschland sind mal wieder Rassismuswochen. Mit Berlin-Special, weil
dort Wahlkampf ist: Im Wahlkampf gegen Ausländer hetzen ist ein bewährtes
Konzept. Man fängt Stimmen, indem man Ängste schürt und all denen die
Schuld gibt, „die nicht deutsch genug sind“ (was auch immer das sein soll).
Dabei holt man auch Leute in ihrem Rassismus ab, den sie ohnehin mal wieder
gerne ausleben wollten. Viele von denen, auf deren Kosten das alles
passiert, können eh nicht wählen.
[1][So also stecken wir seit der Silvesternacht], in der es Angriffe auf
Feuerwehrleute und Rettungskräfte gab, in einer unangenehmen
Integrationsdebatte: Viele Politiker*innen oder Medienschaffende of
Color sahen sich gezwungen, Stellung zu beziehen, zu erklären, zu
rechtfertigen. In diesen schnellen, unter Reaktionsdruck entstandenen
Aussagen sieht man gut, wie das Framing funktioniert und die Debatte
verschoben wird.
Viele verurteilten die Gewalt an Silvester und baten um eine differenzierte
Betrachtung. Einige listeten auf, wie viele nützliche gesellschaftliche
Beiträge von Migrant*innen und PoC geleistet werden. Ich nahm kaum
Stimmen wahr, die die Beschreibung der Silvesternacht an sich hinterfragten
und die daran erinnern, dass [2][die Polizei keine neutrale Quelle ist,
sondern auch eigene Interessen verfolgt.]
## Es geht um Ablenkung
Toni Morrison beschrieb Rassismus einmal als eine Ablenkungstaktik: „Die
Funktion, die sehr ernste Funktion von Rassismus ist die Ablenkung. Er hält
dich davon ab, deine Arbeit zu tun. Er lässt dich immer wieder erklären.“
In den letzten Wochen ließen selbst erfahrene Journalist*innen,
Politiker*innen und viele Menschen, deren Berufsbezeichnung irgendwas
mit Diversität ist, ihre eigentliche Arbeit liegen, um sich und uns alle zu
verteidigen.
Mit „uns“ meine ich in diesem Fall nicht nur: Migrant*innen mit und ohne
deutschen Pass, Schwarze Menschen und andere Poc, sondern alle, die
antifaschistisch aktiv sind oder einfach keinen Bock auf eine rassistische
Gesellschaft haben. Sicher: Wir können rassistische Behauptungen nicht
unwidersprochen lassen – doch wir müssen auch nicht über jedes Stöckchen
springen. [3][Integrationsdebatten sind Schrott.] Es kommt nie irgendetwas
Gutes dabei rum. Es ist reine Provokation, die von Leuten ausgeht, die
keine Ideen oder kein Interesse daran haben, große Fragen anzugehen. Also
soziale Probleme zu lösen und die Umwelt zu schützen.
Trotzdem können wir rassistische Aussagen nicht ignorieren. Wir können uns
oft nicht entscheiden, uns nicht ablenken zu lassen und entspannt unseren
Dingen nachgehen. Wir müssen uns damit beschäftigen, weil diese Aussagen
gefährlich sind. Denn sie bereiten das politische Klima, das zu
rassistischer Gewalt, Übergriffen und Terroranschlägen führt.
Wenn sich wieder wer fragt, ob sich PoC zu wenig für das Klima engagieren:
Hätte ich nicht das Gefühl gehabt, dass dieser Text heute sein muss, hätte
ich über Lützerath geschrieben.
15 Jan 2023
## LINKS
[1] /Debatte-ueber-Silvesternacht/!5905139
[2] /Die-Polizei-und-ihr-Image/!5905401
[3] /Integrationsdebatte-nach-Silvester/!5903491
## AUTOREN
Simone Dede Ayivi
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
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