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# taz.de -- Elektroautos mit Solarzellen: Sonne im Tank
> Die Firma Sono Motors will E-Autos bauen, die sich über Solarzellen
> selbst aufladen. Zu schön, um wahr zu sein? Versprechungen und Tücken im
> Check.
Bild: Schwarz muss sein: Der Sono hat Solarzellen auf Dach und Seite, mit deren…
Ein Auto, das nur mit Energie aus eigenen Solarzellen fährt – wie soll das
funktionieren?
Es ist eine faszinierende Idee: Mit Solarzellen sammelt ein Auto selbst den
Strom ein, den es zum Fahren braucht. In München bastelt das Start-up
[1][Sono Motors] daran, und das schon seit Jahren. Sion heißt das Auto. Es
ist sowohl auf dem Dach als auch an den Seiten mit Solarmodulen
vollgepflastert, die sich nahtlos in die Außenhülle einfügen. Sie sollen
den Strom produzieren, der den Elektromotor antreibt. Sono Motors spricht
großspurig von der „Mobilitäts-Revolution auf vier Rädern“. Doch von dem
schwarzen Gefährt gibt es bisher nur wenige Vorführ-Exemplare. Vor allem
mit der Finanzierung klappt es immer wieder nicht. Aktuell gibt es wieder
eine Crowdfunding-Aktion, weil das Geld ausgegangen war. Ein paar Mal schon
schien das Projekt an die Wand zu knallen. Jetzt sollen Käufer nochmals
Geld vorstrecken, damit das Auto gebaut werden kann.
Was klappt bei dem Auto technisch noch nicht?
Es ist weiterhin offen, ob das Ökofahrzeug jemals auf den Straßen rollen
wird. Mit dem selbst produzierten Strom lassen sich nach Herstellerangaben
wöchentlich im Schnitt 112 Kilometer fahren, das sind gerade einmal 16 pro
Tag. Energie für weitere Fahrten wird wie bei gewöhnlichen Elektroautos von
der Ladestation getankt. Damit das Auto die Kraft der Sonne aufnimmt, muss
es im Freien stehen und nicht in einer Garage. Das dürfte für manche
Autofahrer schwierig sein, in Großstädten wird die Zahl der Parkplätze
kontinuierlich verringert.
Wer steckt hinter der Firma, die das Solarauto baut?
Die Köpfe und Gründer der Firma heißen Laurin Hahn und Jona Christians, sie
sind Freunde noch aus Kinderzeiten und typische Vertreter der
Start-up-Szene. Hahn ist jetzt 28 Jahre alt, Christians 29. Sie erzählen
Medien, sie hätten 2012 in einer Garage die Idee vom Auto mit Solarzellen
gehabt. 2016 gründeten sie die Firma. Per Crowdfunding sammelten sie Geld
für das Sonnen-Auto, machten sich an die Entwicklung und stellten
Prototypen her. Es entstand ein Hype um das Fahrzeug. Mittlerweile hat die
Firma 400 Beschäftigte, bei einer Einstellung des Sion-Projekts müsste laut
Christians der Großteil entlassen werden.
Wie finanziert sich das Unternehmen?
Die aktuell laufende Crowdfunding-Aktion wurde nun nochmals bis Ende
Februar verlängert. Nach eigenen Angaben benötigen sie 105 Millionen Euro,
haben aber bisher nur knapp 50 Millionen eingesammelt. Die Leute zahlen mit
beliebigen Beiträgen Autos an, die sie später erhalten sollen. Nun wird
noch einmal die Werbemaschinerie angekurbelt, es gibt eventartige
Präsentationen des Fahrzeugs in verschiedenen Städten. Es erinnert stark an
den VW Golf, das deutsche Bürger-Auto schlechthin. Die PR spricht die
grün-ökologisch orientierte Familie mit eher hohem Einkommen an. Auf
Werbefotos sieht man Vater, Mutter und Kind beim Picknick am See, während
der Sion da steht und hoffentlich lädt.
Das Auto wurde schon mehrfach angekündigt, immer wieder gab es dann
Verzögerungen und Verteuerungen. Woran liegt das?
Die Technik ist kompliziert, [2][die Entwicklung teuer.] Vieles ging nicht
voran wie geplant. Anfangs sollte der Sion 16.000 Euro kosten, jetzt liegt
der Grundpreis bei 29.900. Einst wurde der Beginn der Fertigung für Herbst
2019 angekündigt. Dann fehlte wieder Geld, erneut per Crowdfunding sammelte
Sono Motors weitere 53 Millionen Euro ein. Ende 2021 ging die Firma an die
US-Börse, der Kurs schnellte am ersten Tag auf 38,50 Dollar pro Aktie, das
brachte 135 Millionen. Mittlerweile liegt das Papier unter einem Dollar
respektive Euro. In einem Statement bekannten die Firmenchefs vor Kurzem
offenherzig: „Wir haben es nicht geschafft, den Investoren zu erklären,
warum der Sion das Potenzial zum ersten erschwinglichen Solar-Elektroauto
der Welt hat.“
Weshalb steigen die großen Autokonzerne nicht ein bei der Entwicklung
solarer Elektroautos?
„Sie sind dabei“, sagt Michael Müller-Görnert vom Verkehrsclub Deutschland
(VCD), der sich für eine ökologische Verkehrswende einsetzt. Demnach würden
Mercedes-Benz und Tesla gegenwärtig an der Integration von Solarzellen in
Elektroautos arbeiten. „Das ist sehr anspruchsvoll“, sagt er im Gespräch
mit der taz. In den Niederlanden hat sich das Start-up „Lightyear“
jahrelang an einem Auto mit Solardach abgemüht. Als es produktionsfertig
war, wurde der Preis mit 250.000 Euro angegeben. Gerade im Januar entschied
die Firma, die Herstellung abzublasen. Bis 2025 soll ein neues, günstigeres
Modell gebaut werden.
Nach Ansicht von Müller-Görnert werden solche Autos aber über kurz oder
lang auf die Straßen kommen. Momentan kann man schon einen E-Hyundai gegen
Aufpreis mit Solardach bestücken lassen. „Der Fall Sion zeigt aber, wie
schwer es für ein Start-up ist, in dieser Branche Fuß zu fassen“, so der
VCD-Mann. „Denn man braucht am Anfang verdammt viel Geld.“ Die Konzerne
sind dabei klar im Vorteil. Mit Verbrennerautos machen sie Gewinne, die sie
dann in andere Technologien investieren können.
Lösen solare E-Autos und E-Autos allgemein tatsächlich die Umweltprobleme
im Verkehr?
Elektroautos, die mit Strom aus erneuerbaren Energien fahren, sind
grundsätzlich deutlich [3][weniger klimaschädlich] als Fahrzeuge, die mit
Benzin oder Diesel angetrieben werden. Dies gilt auch, wenn man nicht nur
die Fahrten, sondern die gesamte Palette der benötigten Wertstoffe für die
Herstellung der Fahrzeuge betrachtet.
Eines der Probleme am E-Auto-Markt momentan ist allerdings die geringe
Auswahl kleinerer und günstigerer Wagen. Große Protz-SUV mit elektrischem
Antrieb sieht Michael Müller-Görnert vom Verkehrsclub Deutschland als
schädlich an, da sie viel Strom fressen und Platz beanspruchen.
Der Elektromotor ist für Müller-Görnert im Autoverkehr der „Antrieb der
Wahl“. Allerdings sagt er auch: „Man sollte nicht alle älteren Autos eins
zu eins durch neue E-Wagen ersetzen.“ Die Nachhaltigkeitsziele im Verkehr
lassen sich nur mit deutlich weniger Pkws erreichen. Kein Auto ist also
immer noch besser als E-Auto. Durch die Konzentration auf Pkws – auch auf
E-Autos – geraten andere wichtige Baustellen aus dem Blick:
[4][Fahrradfreundlichkeit], Ausbau des [5][öffentlichen Nahverkehrs] oder
eine Leihinfrastruktur für geteilte Fahrzeuge in Städten.
1 Feb 2023
## LINKS
[1] https://sonomotors.com/de/
[2] /Start-ups-in-der-Elektromobilitaet/!5654825
[3] https://www.bmuv.de/themen/luft-laerm-mobilitaet/verkehr/elektromobilitaet/…
[4] /Fahrrad/!t5007577
[5] /OePNV/!t5018153
## AUTOREN
Patrick Guyton
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