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# taz.de -- Energieverbrauch senken: Effizienzgesetz steckt fest
> Bei seinem AKW-Machtwort hatte der Bundeskanzler ein Gesetz für einen
> geringeren Energieverbrauch angekündigt. Aber es kommt einfach nicht.
Bild: Große Karre, viel dahinter – zumindest was den Energieverbrauch angeht
Berlin taz | Das von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) versprochene
Energieeffizienzgesetz lässt auf sich warten – zu lange. Das kritisieren
die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz und das Umweltinstitut
München. Die Umweltexpert:innen sprechen von einem „Zurückhalten des
Gesetzentwurfs“.
Den hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) seinen
Kabinettskolleg:innen nämlich schon vor Monaten zur sogenannten
Ressortabstimmung vorgelegt. Und dort liegt er nun, eine Einigung der
Bundesregierung steht aus. Das bestätigte das Wirtschaftsministerium auf
Anfrage. Es gebe noch „Gesprächsbedarf“.
Dabei wurde das Projekt schon an prominenter Stelle angekündigt. Als
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Oktober [1][sein Machtwort zum
Streckbetrieb der Atomkraftwerke sprach], sicherte er den enttäuschten
Grünen auch einen Erfolg zu: Es solle ein Energieeffizienzgesetz geben, wie
Habeck es zum Unmut der FDP bereits in Planung hatte.
„Es wird ein ambitioniertes Gesetz zur Steigerung der Energieeffizienz
vorgelegt“, hieß es in einem Schreiben von Scholz an Habeck und
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), die sich in der Atomdebatte
gegenüberstanden. Umweltverbände fordern ein solches Gesetz schon lange.
Und die aktuelle Energiekrise mit ihren unliebsamen Atom-, Gas- und
Kohle-Deals brachte nun den politischen Schwung: Energie, die man
eingespart hat, muss man schließlich nicht erst aufwändig beschaffen.
## Die AKWs laufen, das Effizienzgesetz hängt fest
Dass die Atomkraftwerke noch bis Mitte April laufen dürfen, war dann im
November beschlossene Sache. Das Energieeffizienzgesetz hingegen kommt
einfach nicht auf den Weg.
„Seit drei Monaten hängt dieses zentrale Gesetz nun fest, und das in einer
Zeit, in der alles darangesetzt werden muss, die Verbräuche für die
kommenden Winter zu senken“, sagt Christian Noll, Chef der Deutschen
Unternehmensinitiative Energieeffizienz. Ihr gehören mehr als 200
Unternehmen aus verschiedenen Branchen an, die besonders auf
Energieeinsparung und Klimaschutz achten wollen. „Die Bundesregierung
verschenkt weiter unnötig viel Zeit.“
Den Energieverbrauch zu senken, ist aber nicht nur wegen der aktuellen
Energiekrise und kurzfristig nötig. Es ist auch Voraussetzung dafür, dass
der Klimawandel nicht zur permanenten Energiekrise wird.
Das zeigt zum Beispiel [2][die Studie „Klimaneutrales Deutschland 2045“ im
Auftrag der Denkfabrik Agora Energiewende und der Stiftung
Klimaneutralität]. Darin gehen die Expert:innen davon aus, dass sich
bis zum Jahr 2045 der Primärenergieverbrauch halbiert, also der
Energiegehalt aller in Deutschland direkt oder indirekt genutzten
Energieträger. Alles andere würde eine unrealistisch Anzahl von Windrädern
und Solaranlagen erfordern – oder eben zu einem Energiemangel führen.
Im Entwurf für einen Gesetzentwurf aus dem Bundeswirtschaftsministerium ist
denn auch eine Senkung des Primärenergieverbrauchs um 57 Prozent die Rede.
Inklusive Vorgaben für große Unternehmen mit hohem Energieverbrauch zum
Beispiel. Dem Erstentwurf nach müssten sie Umweltmanagementsysteme
einführen und bestimmte Maßnahmen umsetzen. Rechenzentren etwa müssten die
entstehende Abwärme nutzen – Energie, die derzeit einfach ungenutzt in
die Umgebung entweicht.
Aus zivilgesellschaftlichen Beobachterkreisen ist zu hören, dass die
FDP-geführten Ministerien für Finanzen und Verkehr Einwände haben. Die
Neoliberalen sind bekanntermaßen keine Fans von Vorgaben für Unternehmen.
Wenn das Gesetz, wie von Habeck vorgesehen, alle Wirtschaftssektoren
betreffen soll, wäre eventuell sogar die Automobilwirtschaft betroffen.
Dort ist der jahrelange Trend: Die Motoren werden effizienter, aber die
Autos größer und schwerer. So werden theoretisch mögliche
Energieeinsparungen wieder zunichte gemacht.
Auch das SPD-geführte Bauministerium sei nicht begeistert, ist zu hören.
Dort dürfte der Knackpunkt eher woanders liegen, etwa bei Vorgaben für
Bundesländer zur Pflichtsanierung öffentlicher Gebäude.
Dabei beruft sich das Bauministerium an anderer Stelle bereits auf das
geplante Gesetz: Weil der Gebäudesektor im Jahr 2021 die gesetzlichen
CO2-Vorgaben gerissen hat, mussten Bau- und Wirtschaftsministerien als
zuständige Regierungsressorts [3][ein Sofortprogramm vorlegen]. Dort wird
ein Energieeffizienzgesetz schon als Maßnahme angeführt.
Auch die Deutsche Umwelthilfe wartet ungeduldig auf das neue Gesetz. Aber
bislang werde auch die Konsultation der Verbände, bei der die Umwelthilfe
zu Rate gezogen würde, von Woche zu Woche geschoben, beklagt Elisabeth
Staudt, Energie- und Klimaexpertin bei der Organisation. „Es kann sich kein
Wirtschaftssektor mehr um dieses Thema herumwinden.“
18 Jan 2023
## LINKS
[1] /Streit-um-Atomkraftwerke/!5889222
[2] /Neue-Studie-zur-Klimaneutralitaet/!5801166
[3] /Uneinigkeit-in-der-Bundesregierung/!5864326
## AUTOREN
Susanne Schwarz
## TAGS
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