# taz.de -- Aktivist:innen-Camp in Keyenberg: Auffangstation für Lützerath | |
> Ein verschlammtes Camp empfängt diejenigen, die in Lützerath geräumt | |
> wurden. Dort gibt es Kleidung, warmen Tee und psychologische Betreuung. | |
Bild: „Wer aus Lützerath geräumt wird, kommt nicht mehr hinein.“ | |
KEYENBERG taz | Es regnet schon den ganzen Donnerstagmorgen. Die Wiese des | |
„Unser aller Camp“ in Keyenberg ist eine einzige Schlammlandschaft, trotz | |
der milden Temperaturen tummeln sich Menschen um eine Feuertonne. | |
Beschaulich ist es nicht, im Dauerregen zu campen, doch ohne das | |
„Ausweichcamp“ in der Nähe von [1][Lützerath] hätten es die | |
Besetzer:innen gerade noch schwerer. | |
[2][Dort sieht es gerade nicht so gut aus für diejenigen, die sich für den | |
Erhalt des Ortes und der Braunkohle darunter einsetzen]: Die Räumung ist | |
weit vorangeschritten, zwei Bagger reißen Gebäude ein. | |
Seit Anfang des Jahres steht das „Unser aller Camp“ (UAC) auf dem | |
öffentlichen Sportplatz in Keyenberg. Der kleine Ort liegt knapp vier | |
Kilometer von Lützerath entfernt – und soll wie vier weitere von den | |
Kohlebaggern verschont werden. Auf dem Platz stehen, neben ein paar hundert | |
Zelten, Bierbänke, eine komplette Küche unter freiem Himmel und zwei große | |
Zirkuszelte. | |
Die Menschen hier wollen von außen die Besetzung des Weilers Lützerath | |
unterstützen, sich vernetzen und auch von hier aus Aktionen starten. Es ist | |
außerdem eine notwendige – und teils die einzige – Anlaufstelle für die | |
Aktivist:innen, die sich aus Lützerath haben räumen lassen. | |
## „Mein ganzes Zeug ist noch da drin“ | |
Unter den Menschen, die jetzt noch in den Strukturen der Besetzung | |
ausharren, planen viele, gegen Abend ins Camp zu kommen. Ihnen drohen sonst | |
Platzverweise. „Ich weiß auch nicht, wo ich jetzt hin soll. Mein ganzes | |
Zeug ist noch da drin“, erzählt ein Aktivist am Ortsausgang von Lützerath. | |
Er wurde gerade geräumt. Am „Strabag-Lager“ werden er und die anderen | |
geräumten Aktivist:innen in Empfang genommen und zum Camp gefahren. Im | |
„Unser Aller Camp“ finden sie warme Mahlzeiten aus der „Küche für alle�… | |
Tee, Duschen, einen „Free-Shop“ mit frischen Klamotten und | |
Camping-Equipment und einen sicheren Schlafplatz, außerdem psychologische | |
Betreuungsangebote, um die Räumungserfahrungen zu verarbeiten. | |
„Wir fangen die Leute hier auf“, berichtet Zohra, eine Sprecherin des | |
Camps. Die zwei Zeltwiesen des Camps sind voll. „Wir kümmern uns gerade | |
darum, noch mehr Platz zu schaffen.“ Heute wurde die Scheune von Landwirt | |
Eckardt Heukamp geräumt, der früher in Lützerath lebte. 70 Menschen hatten | |
sich dort verbarrikadiert. | |
## Demo zieht nach Lützerath | |
Wer aus Lützerath geräumt wird, kommt nicht mehr hinein. Bereits gegen | |
Mittag des ersten Räumungstages Mittwoch begannen die Einsatzkräfte mit dem | |
Bau eines doppelreihigen Zauns um die Evakuierungszone. Auch | |
Pressevertreter:innen wird ohne eine gesonderte Akkreditierung durch | |
die Polizei der Zutritt zur Besetzung verwehrt. Einige | |
[3][Journalist:innen] wurden ebenfalls in den vergangenen zwei Tagen | |
des Platzes verwiesen. | |
Von Keyenberg startete am Donnerstag auch eine Demonstration Richtung | |
Lützerath. Die Polizei schätzte etwa 800 Menschen. Unter den Teilnehmern | |
war auch die Fridays-for-Future-Aktivistin Luisa Neubauer. Sie trug ein | |
Schild mit der Aufschrift „Klimaschutz ist Handarbeit“. Neubauer hatte der | |
Polizei brutales Vorgehen bei der Räumung vorgeworfen. Dass die Polizei die | |
Räumung bei Dunkelheit und bis in die Nacht hinein fortgesetzt habe, sei | |
gefährlich und unverständlich, sagte Neubauer. | |
12 Jan 2023 | |
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## AUTOREN | |
Annika Reiß | |
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