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# taz.de -- Fehlender Wohnraum in Deutschland: Bündnis für Bauwumms
> Das Bündnis „Soziales Wohnen“ warnt vor einem Rekordwohnungsmangel. Es
> fordert 50 Milliarden Euro, um einen Kollaps zu vermeiden.
Bild: Solche Kräne bräuchte es noch viel mehr: Auch der Wohnungsneubau gerät…
Berlin taz Die Entwicklung ist seit Jahren klar. Ob Leipzig, München oder
Berlin – bezahlbare Wohnungen sind Mangelware. Die Zahl der Sozialwohnungen
schrumpft kontinuierlich. Nun droht ein neuer Tiefpunkt. „Die Situation am
Wohnungsmarkt ist dramatisch“, warnte der Präsident des Deutschen
Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, am Donnerstag in Berlin.
Eine vom Bündnis „Soziales Wohnen“ nun veröffentlichte Studie kommt zu
einem erschreckenden Ergebnis: Im Jahr 2023 drohe ein Rekordmangel von mehr
als 700.000 Wohnungen – das größte Defizit seit gut 20 Jahren. Hauptgründe
seien die Zuwanderung von Ukrainer*innen infolge des russischen
Angriffskrieges und der Einbruch beim Wohnungsbau. Betont wird aber auch,
dass Zuwanderung angesichts der Bevölkerungsentwicklung und den
Fachkräftemangel gebraucht werde.
Um einen Kollaps auf dem Wohnungsmarkt zu vermeiden, fordert das Bündnis,
in dem Mieterbund sowie verschiedene Sozial- und Wirtschaftverbände
organisiert sind, ein Sondervermögen von 50 Milliarden Euro für den
Sozialen Wohnungsbau. „Es bedarf eines Wumms“, sagte Siebenkotten. Neben
dem Sondervermögen müsse die Regierung die Mehrwertsteuer für den sozialen
Wohnungsbau von 19 auf 7 Prozent senken. Zudem bräuchte es schnellere
Planungs- und Genehmigungsverfahren.
Die Studie, durchgeführt vom Pestel-Institut in Hannover und dem Kieler
Bauforschungsinstitut ARGE, untersucht verschiedene Bereiche: etwa die
aktuelle Bevölkerungsentwicklung, die Kostenentwicklung beim Bauen und mit
besonderen Fokus den sozialen Wohnungsbau.
## Vorbildlich ist Hamburg
Gerade bei Letzterem sieht die Prognose düster aus. Die Zahl der
Sozialwohnungen ist [1][seit Jahren rückläufig]: 2007 gab es noch mehr als
2 Millionen Sozialwohnungen, heute hat sich die Zahl fast halbiert. Denn es
fallen mehr Sozialwohnungen aus ihrer Mietpreisbindung, als neue entstehen.
Laut Studie hat sich der Bestand von 2018 bis 2021 im Schnitt um 30.000
Wohneinheiten pro Jahr vermindert. Da Baukosten und Bauzinsen gestiegen
sind, würden die bisher zur Verfügung stehenden Mittel bei Weitem nicht
ausreichen, um 100.000 Sozialwohnungen pro Jahr zu schaffen.
Eigentlich hat sich die Ampel zum Ziel gesetzt, 400.000 neue Wohnungen pro
Jahr neu zu bauen – davon 100.000 öffentlich gefördert. Laut Studie müssten
Bund und Länder pro Jahr 12,5 bis 15,2 Milliarden Euro in den sozialen
Wohnungsbau stecken – je nachdem, mit welchen Energiestandards gebaut
würde.
Aktuell stellt der Bund den Ländern bis 2026 aber nur rund 14,5 Milliarden
Euro zur Verfügung. Die Länder sind zudem verpflichtet, die Summe mit
mindestens 30 Prozent gegenzufinanzieren. Eigentlich ist das im Vergleich
zur Vorgängerregierung eine Rekordsumme. „Wenn man sich in zehn Jahren die
Entwicklung anschaut, dann soll man ganz klar sehen: 2022 war das Jahr, wo
es wieder nach oben ging mit dem sozialen Wohnungsbau“, sagte
Bundesbauministerin [2][Klara Geywitz (SPD) der taz im April].
Dieses Ziel wird aber voraussichtlich verfehlt. Die Studie geht davon aus,
dass 2022 nur etwa 20.000 Sozialwohnungen gebaut wurden. Dabei gäbe es bei
den Ländern eine sehr unterschiedliche Bereitschaft, den Neubau von
Sozialwohnungen zu fördern. „Spitzenreiter und damit Musterland des
sozialen Wohnungsbaus ist unbestritten Hamburg“, so das Bündnis.
Bezogen auf die investierten Fördergelder folge auf Hamburg Bayern und
Schleswig-Holstein. Vorn liegt Hamburg laut Studie auch bei den neu
geschaffenen Mietwohnungen 2017 bis 2021. Vorbild in puncto Bürokratieabbau
sei Schleswig-Holstein. Dort werde ein Förderantrag für den
Sozialwohnungsbau meist innerhalb von vier Wochen bearbeitet.
„Wohnen ist eine soziale Frage, aber sie muss auch klimapolitisch
beantwortet werden“, sagte der Grünen-Wohnungspolitiker Kassem Taher Saleh.
Es brauche daher „klimafreundliches Bauen im Bestand“. In Großstädten
könnten Büroflächen umgenutzt oder Gebäude aufgestockt werden.
Der Bausektor gehört zu den größten CO2-Emittenten in Deutschland. Doch
derzeit gibt es einen Zielkonflikt: Höhere Energiestandards beim Bau sind
auch teurer. (mit dpa)
12 Jan 2023
## LINKS
[1] /Ruecklaeufiger-Trend/!5858502
[2] /Klara-Geywitz-zur-Wohnungsnot/!5846177
## AUTOREN
Jasmin Kalarickal
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