# taz.de -- Wohnraumkrise in Deutschland: Umverteilung von unten nach oben | |
> Das geforderte Sondervermögen für Wohnungsbau ist unrealistisch. Es | |
> braucht eine neue Gemeinnützigkeit beim Wohnungsbau. | |
Bild: In Großstädten entstehen immer öfter Wohnungen, die man sich ohne Erbs… | |
Ganze [1][50 Milliarden Euro Sondervermögen aus den öffentlichen Haushalten | |
fordert ein Verbändebündnis „Soziales Wohnen“]. Man müsse damit mehr | |
sozialen Wohnungsbau finanzieren, um der „neuen und in ihrer Dimension | |
beängstigenden Sozialwohnungsnot“ zu begegnen, erklärt das Bündnis. | |
Die Forderung ist sicher berechtigt – nur schleicht sich sofort der Gedanke | |
ein, dass diese 50 Milliarden Euro aus Steuergeldern nicht kommen werden. | |
FDP-Bundesfinanzminister Christian Lindner hat bereits erklärt, dass in | |
Zukunft eher Sparrunden drohen, angesichts der Verschuldungen durch die | |
Entlastungspakete, der Folgen des Ukrainekriegs – und außerdem sei der | |
Bundeshaushalt klamm. Schon die Finanzprobleme in der Pflege, bei der Rente | |
liegen auf Eis und werden nicht angegangen. | |
Dabei wird die Dramatik der Wohnungsfrage immer sichtbarer: In Berlin etwa | |
[2][wohnen Tausende Geflüchtete mit dauerhaftem Aufenthaltsstatus schon | |
seit Jahren in Heimzimmern], ohne Aussicht auf eine eigene Wohnung. In | |
ihrer Nachbarschaft entstehen Drei-Zimmer-Neubauwohnungen für 750.000 Euro, | |
die man sich ohne Erbschaft kaum leisten kann. | |
Wohnungsneubau in den Metropolen ist eine Art Umverteilung von unten nach | |
oben geworden: Versiegelt werden dabei kostbare Flächen, was alle betrifft | |
– um aber Wohnraum zu schaffen, den sich meist nur eine finanzielle | |
Oberschicht leisten kann. | |
## Kleinstadtleben als Alternative | |
Neben einer stärkeren finanziellen Förderung sind daher Maßnahmen sinnvoll, | |
die diesen Ausverkauf begrenzen. Landeseigene Flächen sollten nur noch in | |
Erbbaupacht für den Wohnungsbau mit langer Sozialbindung freigegeben | |
werden, wie es mancherorts schon geschieht. Eine neue Gemeinnützigkeit beim | |
Wohnungsbau muss entstehen, das sieht auch der Koalitionsvertrag vor. Doch | |
das reicht natürlich nicht. | |
Darüber hinaus wäre es hilfreich, die Fixierung auf die Metropolen zu | |
überdenken und das Wohnen im Umland und in kleineren Städten nicht mehr als | |
eine Art „Provinzialismus“ abzutun. Die Zeit dafür ist günstig: | |
Arbeitskräfte werden in vielen Regionen gesucht. Das Arbeiten im Homeoffice | |
in vielen Berufen, wenn man nur noch zwei Tage in der Woche in die Firma | |
fahren muss, eröffnet neue Perspektiven für die Wohnraumsuche in billigeren | |
Gegenden. | |
Es ist eine Überlegung wert, ob man fast die Hälfte seines Einkommens für | |
die Miete ausgeben will, nur um in einer kleinen Wohnung in der Metropole | |
zu sitzen, im Homeoffice zu werkeln und am Abend die Wahl zu haben, ins | |
vegane Hipsterrestaurant oder ins Arthouse-Kino gehen zu können. Also | |
Optionen zu haben, die man so oft dann auch nicht nutzt. | |
12 Jan 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Fehlender-Wohnraum-in-Deutschland/!5905219 | |
[2] /Unterbringung-von-Gefluechteten-in-Berlin/!5901078 | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
## TAGS | |
Wohnungsmarkt | |
Wohnungsnot | |
Mietenwahnsinn | |
Großstädte | |
GNS | |
Geburt | |
Die Linke Berlin | |
Sozialer Wohnungsbau | |
Sozialwohnungen | |
Kolumne Grauzone | |
Sozialer Wohnungsbau | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Brief an das eigene Baby: „Ich denke jetzt oft an Alan Kurdi“ | |
Unser Autor schreibt einen Brief an seine neun Monate alte Tochter. Es ist | |
ein trauriger und wütender Brief – aber ohne Hoffnung ist er nicht. | |
Linken-Konzept für kommunalen Wohnungsbau: Lederer legt ne Schippe drauf | |
Die Linke will den Bau von bezahlbaren Wohnungen ankurbeln. Landeseigene | |
Gesellschaften sollen Eigenkapital erhalten – und 7.500 Wohnungen pro Jahr | |
bauen. | |
Mieterbund über sozialen Wohnungsbau: „Das ist ein Konstruktionsfehler“ | |
Ulrike Hamann vom Berliner Mieterverein kritisiert die Fördersystematik des | |
sozialen Wohnungsbaus. Die Allgemeinheit müsse langfristig profitieren. | |
Fehlender Wohnraum in Deutschland: Bündnis für Bauwumms | |
Das Bündnis „Soziales Wohnen“ warnt vor einem Rekordwohnungsmangel. Es | |
fordert 50 Milliarden Euro, um einen Kollaps zu vermeiden. | |
Mietmarkt in Deutschland: Kommt jetzt die Wende? | |
Der Wohnungsmarkt ist leer gefegt. Auch, weil die Politik lange geschlafen | |
hat. Die SPD hat nun einen möglichen Ausweg präsentiert: | |
Profitbeschränkung. | |
Ende der Wohnungsgesellschaft GSW: Am Schluss bleiben Fassaden | |
Die GSW wird abgewickelt. Ihre Privatisierung ist ein Lehrstück über | |
falsche Versprechungen privater Investoren und das Versagen der Politik. |