# taz.de -- Grüne Ministerien in Thüringen: Erfurter Stühlerücken | |
> Die Grünen besetzen ihren Kabinettsposten in Thüringen neu. | |
> Migrationsminister Adams muss gehen, Nachfolgerin wird die Polizistin | |
> Denstädt. | |
Bild: Berufung mit Symbolcharakter: Doreen Denstädt, neue Ministerin für Just… | |
BERLIN taz Die Thüringer Grünen besetzen ihre beiden Kabinettsposten in der | |
rot-rot-grünen Minderheitsregierung mitten in der Legislaturperiode neu. | |
Ministerin für Justiz, Migration und Verbraucherschutz wird die | |
Polizeihauptkommissarin und Diplom-Verwaltungswirtin Doreen Denstädt. Ihre | |
Berufung hat durchaus Symbolcharakter: „Die einzige schwarze Polizistin in | |
Thüringen“ nannte Bundestagsvizepräsidentin Katrin-Göring-Eckart Denstädt | |
im vergangenen Jahr. Die Thüringer Grünen hatten sie damals nach Berlin | |
geschickt, um den Bundespräsidenten zu wählen. Neuer Umweltminister wird | |
Co-Landeschef Bernhard Stengele, der auch den Posten des stellvertretenden | |
Ministerpräsidenten übernimmt. | |
Für die Neubesetzung schmeißen die Grünen ihren derzeit amtierenden | |
[1][Justiz- und Migrationsminister Dirk Adams] raus. „Nach intensiven | |
Gesprächen hat sich der Landesvorstand entschieden, nach der Vakanz im | |
Umweltministerium eine kraftvolle personelle Neuaufstellung vorzunehmen“, | |
sagte Ann-Sophie Bohm, Stengeles Co-Landeschefin, am Montag in Erfurt. | |
[2][Umweltministerin Anja Siegesmund] hatte kurz vor Weihnachten aus | |
persönlichen Gründen ihren Rücktritt angekündigt. Man habe | |
Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) gebeten, Adams als Minister zu | |
entlassen, so Bohm weiter. „Dieser Schritt ist für uns alle schmerzlich.“ | |
Besonders schmerzlich dürfte er für Adams sein. Dieser hatte am | |
Montagvormittag auf Twitter noch betont, dass er der Aufforderung der | |
beiden Landesvorsitzenden, selbst zurückzutreten, nicht nachkommen werde. | |
„In der derzeitigen Situation kann ich, aus Verantwortung gegenüber meinem | |
Ministerium, dieser Aufforderung nicht nachkommen“, so Adams. In der | |
Vergangenheit gab es aus den Kommunen Kritik an der Flüchtlingspolitik der | |
Landesregierung, für die Adams bislang zuständig war. Innerhalb der Grünen | |
ist zu hören, dass Adams als Minister blass gewesen sei, eigene Akzente in | |
der Migrationspolitik hätten gefehlt. | |
Adams Nachfolgerin, die im Thüringer Saalefeld geboren und in Erfurt | |
aufgewachsen ist, arbeitet derzeit in der Polizeivertrauensstelle im | |
Thüringer Innenministerium. Die 45-Jährige ist erst seit 2021 Mitglied der | |
Thüringer Grünen und Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft Innenpolitik. | |
„Der Wert einer Gesellschaft bemisst sich ganz maßgeblich am Umgang mit den | |
Schwächsten“, sagte Landeschef Stengel. Diesem Grundsatz fühle sich | |
Denstädt verpflichtet. Mit Denstädt an der Spitze des Ministeriums | |
unterstreiche man, „welchen Stellenwert die Themen Integration und | |
Migration für uns Bündnisgrüne haben“, so Stengel. | |
Der Landeschef, der nun Umweltminister und Ramelows Vize wird, kommt aus | |
dem Allgäu und hat lange als Schauspieler gearbeitet. Als | |
Schauspieldirektor für die Bühnen in Altenburg und Gera kam er 2012 nach | |
Thüringen, seit drei Jahren ist er Landeschef der Grünen. Dieses Amt wird | |
er zum Landesparteitag im März zur Verfügung stellen. | |
Stengele habe sich nicht erst als Landeschef intensiv mit den Themen | |
Energiewende, Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Forsten | |
beschäftigt und ein tiefes Verständnis von der Komplexität der Klimakrise | |
entwickelt, sagte seine Co-Vorsitzende Bohm. | |
Die Personaldecke der Thüringer Grünen ist dünn, sie stellen im Landtag mit | |
fünf Mitgliedern die kleinste Fraktion. Bei der Landtagswahl 2019 hatten | |
sie 5,2 Prozent der Stimmen erhalten. Nach Umfragen lagen sie jüngst | |
zwischen 5 und 7 Prozent. Die nächste Landtagswahl findet regulär im Herbst | |
2024 statt. | |
9 Jan 2023 | |
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## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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