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# taz.de -- Intimität in Langzeitbeziehungen: Penetrationsstress muss nicht se…
> Wer lange zusammenlebt, braucht intime Anschubser, sagen Lebensberater.
> Es geht aber auch ohne, sagen andere. Zum Beispiel mit Loriot.
Bild: Nach 30 Jahren Ehe jeden Tag einen Zungenkuss? „Klingt nach Stress“, …
Mit Freundin Hille kam ich neulich auf Zungenküsse zu sprechen. In einem
Interview mit Beziehungsguru John [1][Gottman] las ich, Langzeitpaare
sollten sich jeden Tag mindestens einmal sechs Sekunden lang küssen, das
helfe jeder Ehe. „Sechs Sekunden. Ist das schon ein Zungenkuss?“, fragt
Hille. „Jeden Tag ein Zungenkuss nach 30 Jahren Ehe. Klingt nach Stress.“
Hille ist mit Günni schon sehr lange zusammen.
Der Essayist Florian Felix Weyh schrieb in „Die ferne Haut“, viele
Langzeitpaare würden sich nicht mehr zungenküssen, weil das als ein Zuviel
an Intimität wahrgenommen werde. Ein geteilter Alltag sei so viel intimer
als ein kurzer Austausch von Körperliquiden.
„Wäre mal eine interessante Umfrage: Küssen Sie Ihren Langzeitpartner noch
mit der Zunge? Habe ich noch nichts drüber gelesen“, sage ich. In den
Umfragen geht es immer um Sex mit Penetration. [2][Wie oft?] Wie oft noch?
Auch noch nach 30 Jahren? Mit 65? Hm?? Wenn man das liest, fühlt man sich
wie bei der Penetrations-Stasi. Sex mit Penetration ist nach dieser
penetranten Logik der Beweis, dass alles noch stimmt in der Ehe. Oder eben
nicht. „Also wenn man zwei Wochen keinen Sex gehabt hat, dann ist was faul
in der Ehe,“ hatte Kollegin F. schon vor 25 Jahren behauptet. Ich war
damals schon innerlich zusammengezuckt und hatte ein nebulöses Schuldgefühl
verspürt.
Könnte es sein, dass in vielen Langzeitbeziehungen „was nicht stimmt“? Und
man trotzdem zusammenbleibt? 60 Prozent der Ehepaare, die 25 Jahre zuvor
heirateten, sind [3][noch zusammen,] sagt das Statistische Bundesamt in
einer fünf Jahre alten Statistik. 68-jährige B-Prominente, die die
Wespentaillen ihrer jungen Zweitfrauen umfassen, kommen vor allem in der
Bild vor und sind nicht die Mehrheit.
Aus Andeutungen in meinem Umfeld (niemand redet gern ganz explizit über Sex
mit Ende 60, auch nicht mit Freund:innen) und meiner eigenen Langzeitehe
weiß ich, dass jede Langzeitpartnerschaft ihren eigenen Algorithmus hat.
Die einen fühlen sich einander nah, wenn sie um Mitternacht im Bett
gemeinsam auf dem iPad alte Loriot-Sketche gucken, sich dabei ausschütten
vor Lachen und jedenfalls kein Penetrationsstress herrscht. Die andern
reden mit 70 Jahren noch über ihre sexuellen Vorlieben und sind froh, wenn
es wenigstens im Urlaub noch zu Sex kommt. Wieder andere sorgen sich um die
Gesundheit der Partner und fragen beunruhigt nach, wenn die Schmerzen im
linken Arm nicht weggehen und Übelkeit dazukommt. Die Zeit läuft, eine
Beziehung kann dadurch kostbarer werden.
„Humor und Respekt sind wichtiger als Sex in der Langzeitehe“, behauptet
Hille. „Übrigens dauern Zungenküsse elf Sekunden, lese ich gerade.“ Sie
googelt immer auf ihrem Handy herum. „Wenn man sich jeden zweiten Tag zum
Lachen bringt, schützt das jede Ehe“, sage ich. So weit reicht meine
Empirie und ich liebe es, neue Regeln zu erfinden.
9 Jan 2023
## LINKS
[1] /Beziehungsratgeber-von-Therapeutenpaar/!5872044/
[2] https://www.psychologytoday.com/ca/blog/sexual-self/202209/why-were-having-…
[3] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2018/07/PD18_251_12631…
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
## TAGS
Küssen
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