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# taz.de -- Medienpolitik im Jahr 2023: Berlusconi auf ProSieben?
> Der Rundfunk braucht Reformen, Alternativen zu Twitter wollen gefunden,
> Papierzeitungen gerettet werden. Was in der Medienwelt 2023 wichtig wird.
Bild: Schielt mit seinem Medienkonzern nach Deutschland: Silvio Berlusconi
Schlesinger, Berlusconi, Musk. Das waren viel genannte Namen im vergangenen
Medienjahr. Von den einen wird man wohl weiter hören, von der anderen wohl
nicht. Was dieses Jahr ansteht in der Welt von Rundfunk und Presse.
Öffentlich-rechtliche Zukunft
Geld sparen, digital erneuern, Filz ausmisten, Mitbestimmung stärken: Bei
der Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist es wie beim Dachboden
aufräumen. Man weiß nicht, wo anfangen. Vielleicht beim Führungspersonal?
Der RBB muss 2023 eine neue Chef*in finden. Katrin Vernau war im September
nach dem [1][Skandal um Vorgängerin Schlesinger] für ein Jahr gewählt
worden. Vermutlich wäre es förderlich, wenn der RBB sich einen möglichst
transparenten Wahlkampf gönnt. Einen Wettbewerb der Reformideen.
Auch der MDR wählt dieses Jahr eine neue Spitze. Der Verwaltungsrat soll
bis Ende Januar einen Vorschlag vorlegen. Interessant wird auch, welche
Rolle [2][der neue ARD-Vorsitzende Kai Gniffke] spielen wird. Als
Tagesschau-Chef stand Gniffke für Transparenz und Bürgerdialog. Als
SWR-Intendant versprach er Erneuerung und Innovation. Als ARD-Chef muss er
sich nun entscheiden: Gibt er den radikalen Reformton an – oder wartet er
damit bis zum Ende seiner Amtszeit?
Journalismus nach Twitter
Alle namhaften Twitter-User*innen wandten sich augenblicklich ab, als Elon
Musk die Plattform kaufte. Boykottbewegung des Jahrhunderts. Nein, Spaß,
einige gingen, man sprach kurz über [3][Mastodon]. Aber bis dato bleibt
Twitter die Plattform Nummer eins für die Vernetzung von Politik,
Journalismus, Zivilgesellschaft, Wissenschaft. Was nicht heißt, dass es
keine alternativen Ideen geben kann. In jedem Fall ist es Zeit für den
Journalismus, sich seine Netzwerke über alternative Wege aufzubauen.
Facebook pfeift auf News
Nachdem Facebook jahrelang als eine Art fiese Endgegnerin für den
Qualitätsjournalismus galt, hat es sich diesem in den letzten Jahren
ernsthaft verschrieben. Mit Millionen-Förderung unterstützte der Konzern,
der inzwischen [4][„Meta“] heißt, lokaljournalistische Projekte, meist in
Form von Schulungen, auch in Deutschland. Aber die Krise ist da und Meta
muss sparen. Nachdem der Konzern zuletzt einige Top-Leute im Bereich
Journalismus-Förderung gefeuert hat, fürchten viele, das er sich komplett
zurückziehen wird.
Auf Anfrage sagt der Deutschland-Sprecher: „Nachrichten sind für die
Mehrheit der Menschen nur ein Bruchteil dessen, wofür sie unsere
Plattformen nutzen. Facebook- und Instagram-Nutzer*innen interessieren sich
zunehmend für Inhalte, die von Creator*innen erstellt werden,
insbesondere für Videos.“ Man werde Verlagen weiterhin
Produktaktualisierungen zur Verfügung stellen und mit afp, Correctiv und
dpa zusammen Faktenchecks betreiben. Mehr aber offenbar nicht.
Journalismusförderung im [5][Lokalen] ist eine Lücke, die dringend, am
besten gestern, gefüllt gehört. Unabhängige Lokalzeitungen sind in
Deutschland längst die Ausnahme.
Kein gutes Jahr für Papier
Mit dem gedruckten Journalismus steht es wie immer herzlich schlecht. Schon
vor der Inflation stieg der Papierpreis. Nun kommt hinzu, dass die
Kaufkraft sinkt und Zeitungsabos nicht einfach so teurer werden können.
Laut Koalitionsvertrag will die Ampel Fördermöglichkeiten prüfen, um eine
„flächendeckende Versorgung mit periodischen Presseerzeugnissen“ zu
gewährleisten. Der Bundesrat hat die Regierung im September daran erinnert.
Eine [6][Zustellförderung für Zeitungen] könnte zum Beispiel helfen. Aber
dafür hat noch nicht einmal jemand den Hut auf bei der Ampel, fand der
Fachdienst epd medien kürzlich heraus. Eine Studie zur Bedarfsermittlung
läuft offenbar noch.
Powered by Berlusconi
[7][Silvio Berlusconis Medienkonzern Media for Europe (MFE)] greift nach
ProSiebenSat.1. MFE gehört schon zirka ein Viertel der Münchner
Sendergruppe, dieser Anteil soll auf bis zu 29,9 Prozent aufgestockt
werden, das meldete MFE kürzlich bei der Bayerischen Medienanstalt an.
Könnte Wichtigtuerei oder Preistreiberei sein. Oder aber ernst zu nehmen.
Jemand müsste Berlusconi die fehlenden Anteile aber verkaufen. Und dann
müsste das ganze kartellrechtlich geprüft werden. Leider laufen die
Geschäfte beim deutschen Privatfernsehen schlecht, und wer eine
Finanzspritze aus italienischen Politikerkreisen verhindern will, muss ein
besseres Angebot machen.
8 Jan 2023
## LINKS
[1] /Skandal-beim-RBB/!5871890
[2] /Debatte-um-den-OeRR/!5894368
[3] /Twitter-Alternative-Mastodon/!5893407
[4] /Entscheidung-nach-ueber-vier-Jahren/!5906974
[5] /Lokaljournalismus/!t5318216
[6] /Neue-Initiative-zur-Pressefoerderung/!5866238
[7] /Einflussnahme-bei-ProSiebenSat1/!5900813
## AUTOREN
Peter Weissenburger
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