# taz.de -- Wahl beim MDR in Leipzig: Verwalter Gestalter | |
> Der bislang wenig bekannte Ralf Ludwig wird neuer MDR-Intendant. Er trat | |
> ohne Gegenkandidaten an. | |
Bild: Der Mann in der Mitte: Ralf Ludwig, Intendant des MDR | |
LEIPZIG taz | Der 54-jährige Wirtschaftswissenschaftler Ralf Ludwig ist am | |
Montagvormittag vom Rundfunkrat des Mitteldeutschen Rundfunks zu dessen | |
neuem Intendanten gewählt worden. Ohne Gegenkandidat erreichte er in | |
Leipzig die erforderliche Zweidrittelmehrheit der 48 anwesenden Mitglieder. | |
Ende Oktober tritt er die Nachfolge von Karola Wille an, die nicht mehr für | |
eine dritte Amtszeit kandidierte. | |
Bei seiner Bewerbung kündigte Ludwig an, verlorenes Vertrauen der | |
Bevölkerung wiedergewinnen und die Akzeptanz der Dreiländeranstalt | |
verbessern zu wollen. Bei den digitalen Angeboten wie auch hinsichtlich der | |
Präsenz in der ARD sieht Ludwig Reserven. In seiner Sechs-Punkte-Agenda ist | |
auch von einer Stärkung regionaler Produzenten und von der Zusammenarbeit | |
mit Universitäten, Zeitungen oder Schülerradios die Rede. | |
Die Vita des bisherigen MDR-Verwaltungsdirektors Ralf Ludwig liest sich an | |
sich unspektakulär. Er ist ein DDR-Gewächs, 1968 in Borna bei Leipzig | |
geboren. „Für viele Gremienmitglieder ist es wichtig, dass ein Ostdeutscher | |
oder eine Ostdeutsche an der Spitze des MDR die ostdeutschen Interessen | |
bedient“, begrüßte der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner | |
Haseloff (CDU), die Nominierung Ludwigs. [1][Die FAZ titelte daraufhin] in | |
einem Beitrag: „Hauptsache aus dem Osten“. | |
Ludwig absolvierte als Instandhaltungsmechaniker eine DDR-typische | |
Berufsausbildung mit Abitur. Nach der Wende studierte er ab 1991 an der | |
Leipziger Universität Wirtschaftswissenschaften, arbeitete danach als | |
Prüfer bei der Wibera-Wirtschaftsberatung. Sachbearbeiter, Referent des | |
Verwaltungsdirektors, Hauptabteilungsleiter Finanzen lauteten seine | |
Stationen beim Mitteldeutschen Rundfunk, bevor er Ende 2015 zum | |
Verwaltungsdirektor avancierte. | |
## Mann aus dem Apparat | |
„Wer ist Ralf Ludwig?“, war seit der Kandidatenkür durch den Verwaltungsrat | |
im Januar in der Belegschaft und unter den freien Mitarbeitern zu hören – | |
und bis kurz vor der Wahl auch aus der Presse. Wenn überhaupt, war Ludwig | |
aus der Verwaltung, nicht durch Gestaltung bekannt. Öffentlich ist er | |
bislang kaum in Erscheinung getreten. Ein Mann aus dem Apparat, ohne | |
journalistische Kenntnisse und Erfahrung, wohl aber mit den geschäftlichen | |
Interna der ARD vertraut. | |
Die scheidende Intendantin Carola Wille hingegen stand vor ihrer Wahl vor | |
12 Jahren wegen einiger MDR-Affären häufiger im Blickpunkt. 15 Jahre | |
amtierte sie vor Amtsantritt bereits als Juristische Direktorin und als | |
Stellvertreterin des Gründungsintendanten Udo Reiter. Eine späte | |
Nachwirkung dieser turbulenten, von Wille relativ clever gemanagten | |
MDR-Zeiten wird derzeit noch am Landgericht Leipzig im Verfahren gegen den | |
ehemaligen Unterhaltungschef Udo Foht verhandelt. Es geht um Betrug und | |
Untreue, weil Foht sich für ehrgeizige Showprojekte illegal Geld pumpte. In | |
der Ära Wille hatte der MDR zwar weiterhin mit Strukturproblemen wie etwa | |
dem Verhältnis zwischen festen und freien Mitarbeitern zu kämpfen, blieb | |
aber von Skandalen weitgehend verschont. | |
Im Zusammenhang mit der Nominierung Ludwigs regte sich allerdings Unwillen | |
und neuerlicher Filzverdacht. Die Linken-Fraktionsvorsitzende Eva von | |
Angern im Sachsen-Anhaltischen Landtag bezeichnete das Vorablob des | |
anhaltischen CDU-Ministerpräsidenten Reiner Haseloff für den Kandidaten | |
Ludwig als „unangebracht und anmaßend“, als Einmischung nach Gutsherrenart. | |
In den 1990er Jahren stand der für die drei neuen Bundesländer Thüringen, | |
Sachsen-Anhalt und Sachsen zuständige MDR im Ruf eines „Schwarzfunks“, ein | |
Verdacht, den seit Langem aber niemand mehr äußert und begründen könnte. | |
## Begünstigungen | |
Die auffällige Nominierung des Verwaltungsdirektors durch den | |
Verwaltungsrat kritisierte im Vorfeld der Wahl wiederum der | |
MDR-Gesamtpersonalrat. Er warnte vor einer „spürbaren Nähe der Gremien | |
untereinander und zu den Leitungen“. [2][Die beim RBB im Zusammenhang mit | |
der Abberufung von Intendantin Patricia Schlesinger aufgedeckten | |
Begünstigungen] müssten auch den MDR sensibilisieren. Das Verfahren sei | |
wenig transparent gelaufen, nur drei von angeblich 29 Bewerbern seien zum | |
Vorstellungstermin eingeladen worden. | |
Im Schreiben des Personalrats geht es auch um Zusatzkonditionen in einem | |
möglichen Intendantenvertrag für Ludwig. Der möchte die Zusicherung eines | |
Ruhegehalts aus seinem bisherigen Vertrag übernehmen. Derartige Verträge | |
würden „Negativschlagzeilen und in der Belegschaft erheblichen Unmut“ | |
verursachen, kritisieren die Personalvertreter, die am | |
Nominierungsverfahren nicht beteiligt wurden. | |
13 Mar 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/mdr-intendantenwahl-hauptsach… | |
[2] /Kritik-an-Schlesingers-Ehemann/!5913246 | |
## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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