# taz.de -- Debütalbum von Modus Pitch aus Leipzig: Motivminiaturen in Rundums… | |
> Fritz Brückner nennt sein Soloprojekt Modus Pitch. Auf dem Debütalbum | |
> „Polyism“ bringt er den Instrumentenpark panoramatisch zum Schwingen. | |
Bild: Wer genau schaut, erkennt Fritz Brückner, aber auch seine Instrumente un… | |
Alles fängt mit einer Melodie an, einer Melodie ohne Rhythmus, Tempo und | |
Harmonien – auf dieser Regel beruht „Polyism“, das Debütalbum von Modus | |
Pitch, veröffentlicht beim Leipziger Label Altin Village. Und die Musik | |
trägt ihre präziseste Inhaltsangabe schon im Titel. Hinter Modus Pitch | |
steht der Leipziger Musiker und Sounddesigner Fritz Brückner. „Polyism“ ist | |
sein Debüt als Solist, ein Anfang, der auf zwei Jahrzehnten Erfahrung als | |
Studiomusiker baut. | |
Brückner war auch Mitglied der Artrockband White Wine, tourte mit [1][Yoko | |
Ono] durch die Welt und spielte bei [2][Jan Böhmermann] & das | |
Rundfunktanzorchester Ehrenfeld. Mit seinem Tonstudio Haunted Haus hat er | |
seit Langem einen festen Platz in der Leipziger Musikszene und produzierte | |
neben vielen anderen Künstler:innen Drangsal, Dear Reader und Warm | |
Graves. | |
Es mag an der kompositorischen Herangehensweise liegen, jede einzelne | |
Melodie auf „Polyism“ wirkt akustisch genau erfassbar. Gleichzeitig bleibt | |
oft vage, was eigentlich zu hören ist: In „Hill Top Jacuzzi“ fließt in | |
hallverwischter, dubbiger Szenerie unter [3][getragenem Saxofon] leise | |
pochend eine Klangschicht, die unmittelbar an Wasser denken lässt, ohne | |
dass die klangliche Quelle preisgegeben wird. | |
## Was knirscht denn da? | |
Ein regelmäßiges Knirschen gibt den sanften, um einen einzigen Ton | |
gehaltenen Synthesizerflächen und dem darin schwebenden Vibrafon in | |
„Iridescent Path“ Struktur. Ob es von Schritten eines Gehenden stammen | |
könnte, nach denen das Geräusch klingt, bleibt der eigenen Überzeugung | |
überlassen. | |
Umgekehrt verrät nur eine Ahnung den Ursprung der verfremdeten, gecutteten | |
Samples in der stolpernd groovigen Single „Suspender“: Es ist die Stimme | |
von Brückners vierjähriger Tochter. Das Instrumentarium von Modus Pitch ist | |
ungewöhnlich groß und umfasst neben etlichen Analogsynthesizern auch selbst | |
gebaute Klangerzeuger. | |
Dank klassischer Musikausbildung kann Brückner zudem Instrumente einbinden, | |
die im Popkontext eher selten vorkommen, wie etwa sein Fagott. Zusätzlich | |
ergänzen zahlreiche Gäste die neun Stücke: Brückners musikalische Eltern | |
Isabell und Bernd Brückner etwa sind mit Klarinette, Saxofon und Querflöte | |
zu hören, [4][Fabian Altstötter (Jungstötter)] spielt Vibrafon, Johannes | |
Döpping (Aua Aua, Schnaak) sitzt am Schlagzeug und Martin Wenk (Calexico) | |
bedient die Trompete. | |
## In ungewohnter Rolle mit fremden Produzenten | |
Für sein Solodebüt arbeitete Brückner zum ersten Mal mit einem anderen | |
Produzenten zusammen, statt sich selbst in eine Doppelrolle zu zwingen: | |
„Polyism“ wurde mit seinem langjährigen Freund P. A. Hülsenbeck produziert | |
– auch bekannt als Mitglied der Indieband Sizarr und als Doomhound. | |
Die Musik auf „Polyism“ beeindruckt auch angesichts der Spannweite ihrer | |
stilistischen Einflüsse von Jazz, Avantgarde und Klassik über elektronische | |
Musik bis hin zu Dub und Funk und dennoch wirkt sie kaum zitathaft. | |
Vielmehr erscheinen die Stücke als Teil einer fließenden musikalischen | |
Ausdrucksweise in einer eigenen, extrem assoziativen Klangsprache. | |
Makroaufnahmen gehen nahtlos in Surroundsound über, gewaltige Räume bauen | |
sich auf und brechen jäh wieder ab: In „Compound Eye Dialogue“ lassen sich | |
zunächst schneidende Einwürfe eines Synthesizers ganz aus der | |
mikrofonierten Nähe hören. Dann wächst im Hintergrund aus Bässen und | |
Flimmern ein weiteres Panorama ringsherum. Das klingt, als wäre es immer | |
schon da gewesen, bloß unbemerkt. | |
Und schließlich füllen diese gespenstische Größe einige kleine Motive – | |
wenige Töne im schnellen Wechsel, gespielt von Klarinette, Saxofon und | |
Querflöte. Sie bringen Wärme. Und dann, plötzlich, bricht der Synthesizer | |
ab, die große dunkle Kuppel ist ganz fort und die Szene gleicht einem | |
MinimalMusic-Werk. Die kleinen Motive umkreisen einander noch eine Weile, | |
ganz nah. | |
14 Dec 2022 | |
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## AUTOREN | |
Tabea Köbler | |
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