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# taz.de -- Häusliche Gewalt in Berlin: „Die Gewalt gegen Frauen steigt“
> An Weihnachten mehren sich Übergriffe gegen Frauen. Die
> Grünen-Abgeordnete Bahar Haghanipour erklärt, wie Betroffene besser
> geschützt werden können.
Bild: Protest gegen Femizide im Oktober in Lichtenberg anlässlich des Mordes a…
taz: Frau Haghanipour, jede dritte Frau in Deutschland hat mindestens
einmal in ihrem Leben Gewalt erfahren, jede vierte von ihrem Partner. Rund
um die Weihnachtsfeiertage nimmt die Gewalt gegen Frauen nochmal zu. Warum
ist das so?
Bahar Haghanipour: Zum Jahresende häufen sich Stress und Streitereien.
Gerade in Zeiten, in denen das öffentliche Leben ruhiger wird, kann das
eigene Zuhause für Gewaltbetroffene zur Hölle werden. Dann steigen die
Übergriffe, das berichten Gewaltschutzverbände, die in ganz Berlin für
betroffene Frauen oft die erste Anlaufstelle sind.
Generell steigt in Krisen das Gewaltpotenzial gegen Frauen. Davon hatten
wir in diesem Jahr ja nicht wenige. Macht sich das auch in den Zahlen
bemerkbar?
Inflation, Energiekrise, Krieg und Pandemie hinterlassen ihre Spuren. In
Berlin wird für 2022 erwartet, dass die Gewalt gegen Frauen steigt. Die
Zahlen der polizeilichen Kriminalstatistik belegen, dass das eigene Zuhause
für Frauen der gefährlichste Ort ist. Viele Übergriffe sind hier aber nicht
aufgeführt, denn das Dunkelfeld ist um ein Vielfaches größer. Es kostet
Betroffene viel Kraft und kann mehrere Anläufe brauchen, um Hilfe zu
suchen. Darum setzt Berlin darauf, Gewaltbetroffene künftig besser zu
erreichen.
Und wie? Frauenhäuser haben ja schon zu normalen Zeiten oftmals nicht
ausreichend Plätze. Frauen, die zu Weihnachten Schutz suchen, könnten also
möglicherweise abgewiesen werden.
Die Krisen sind eine Belastung, aber Berlin nimmt seinen Schutzauftrag
ernst. In den letzten Jahren wurden die Schutzplätze ausgebaut, Personal
aufgestockt, es gibt barrierefreie Plätze und Unterkünfte für Frauen mit
älteren Söhnen, ein weiteres Frauenhaus wird eröffnet. Gewaltschutz hat
viele Hebel: Gleichstellungssenatorin Ulrike Gote entwickelt einen
Landesaktionsplan gegen Gewalt. Ein Monitoring soll aufzeigen, wo wir das
Hilfenetz noch besser spannen müssen.
Jeden dritten Tag wird eine Frau von ihrem (Ex-)Partner getötet. Umso
wichtiger sind Präventionsmaßnahmen, damit es gar nicht erst zu Femiziden
kommt. Viele Betroffene häuslicher Gewalt fühlen sich von der Polizei
allerdings nicht ernst genommen, wenn sie Anzeige erstatten. Werden die
Berliner Polizeibehörden im Umgang mit dem Thema sensibilisiert?
Die Polizei ist im Umgang mit häuslicher Gewalt immer mehr sensibilisiert.
Da berichten mir die Beratungsstellen, dass sie merken, dass das schon viel
besser läuft. Aber die Istanbul-Gewaltschutzkonvention ist noch nicht
überall angekommen. Sie muss stärker in der Aus-, Fort- und Weiterbildung
von Polizei, Justiz und Verwaltung verankert werden.
Wie könnte das aussehen?
Wir brauchen ressortübergreifende Fallkonferenzen. Die Sicherheit
gewaltbetroffener Mütter darf nicht unter dem Mantel des Umgangsrechts
gewalttätiger Väter verhandelt werden. Gewaltschutz hat Vorrang! Gleiches
gilt für den Umgang mit Femiziden: Tötungen von Frauen, weil sie Frauen
sind, sind keine Beziehungsdramen, sie sind geschlechtsspezifisch.
Bedrohungslagen müssen frühzeitig entdeckt und ernst genommen werden, um
Femizide zu verhindern.
Die Außenwelt bekommt von Gewalt gegen Frauen häufig nichts mit,
insbesondere wenn diese innerhalb von Beziehungen stattfinden. Was kann
jede*r Einzelne tun, um Frauen zu schützen?
Betroffene sind oft im eigenen Umfeld, in der Familie, im Freundeskreis, in
der Nachbarschaft, auf der Arbeit. Deshalb mein Appell: Achten Sie
aufeinander, nutzen Sie die Angebote des Hilfesystems. Die Mitarbeiterinnen
der Gewaltschutzstellen sind darauf spezialisiert, zu helfen.
22 Dec 2022
## AUTOREN
Marie Frank
## TAGS
Schwerpunkt Femizide
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Patriarchat
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Frauenkampftag
Antifeminismus
Internationaler Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen
Gewalt gegen Frauen
Schwerpunkt Femizide
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