# taz.de -- NATO-Beitritt Schwedens und Finnlands: Schweden liefert Kurden aus | |
> Die Türkei verbindet die Nato-Erweiterung mit Bedingungen. Schweden | |
> liefert Kurden aus, die angeblich mit der PKK zusammenarbeiten. | |
Bild: Der Ministerpräsident von Schweden besuchte den Präsidenten der Türkei… | |
Stockholm taz | Schweden hat am Freitag zwei Kurden in die Türkei | |
abgeschoben. Während die Identität des einen Mannes am Sonntag noch nicht | |
offiziell bekannt war, handelt es sich bei dem zweiten um den wegen | |
angeblicher Zusammenarbeit mit der PKK in der Türkei verurteilten Mahmut | |
Tat. Er wurde Freitagnacht bei seiner Ankunft am Flughafen Istanbul | |
festgenommen und am Samstag inhaftiert. Türkische Medien waren vorab | |
informiert worden und veröffentlichen Foto- und Filmaufnahmen der | |
Festnahme. | |
Die Ausweisung wird in mehreren türkischen Medien als großer Erfolg der | |
Regierung dargestellt. Sie habe es geschafft, Stockholm zu Gegenleistungen | |
für eine Ratifizierung des schwedischen NATO-Beitrittsantrags zu der | |
Auslieferungen gezwungen zu haben. Recep Tayyip Erdoğan hatte Schweden | |
vorgeworfen, ein regelrechter Hort für kurdische Terroristen zu sein. | |
[1][Als Bedingung für eine türkische Zustimmung zur NATO-Norderweiterung] | |
hatte der türkische Präsident die Auslieferung von 73 namentlich genannten | |
„Terroristen“ gefordert. | |
Der Name von Mahmut Tat war nicht auf dieser Liste. 2015 flog er nach | |
Schweden, nachdem ein türkisches Gericht ihn zu einer Gefängnisstrafe von | |
sechs Jahren und zehn Monaten wegen „Zusammenarbeit mit einer | |
Terrororganisation“ verurteilt hatte. | |
Laut Tat handelt es um „eine Lüge“, er habe nichts mit der PKK zu tun | |
gehabt. Der einzige Beweis, der vor Gericht vorgelegt wurde, sei die | |
Aussage eines ehemaligen PKK-Mitglieds gewesen. Er hatte inzwischen Seiten | |
gewechselt und wurde zum Polizeiinformanten. | |
Tat stellte in Schweden einen Asylantrag, den die Migrationsbehörde erst im | |
März 2020 negativ beschied. Im Februar 2021 lehnte das Migrationsgericht | |
eine gegen diese Entscheidung erhobene Klage ab. Eine Ausweisung hatte aber | |
offensichtlich keine Priorität. | |
Tat versuchte nicht abzutauchen, sondern arbeitete weiterhin in einer | |
Pizzeria in Göteborg und stellte mit Hinweis auf eine mittlerweile | |
diagnostizierte Krebserkrankung einen Antrag auf Erteilung einer | |
Aufenthaltserlaubnis. Ein Antrag, der in vergleichbaren Fällen gute Chancen | |
auf eine positive Entscheidung hat. | |
## Verhaftet Ende November | |
Plötzlich wurde dann Tat am 22. November verhaftet. Zwei Tage später kam | |
dann er in Abschiebehaft. Die Abschiebung erfolgte eine Woche nachdem sich | |
Repräsentanten der Regierungen Schwedens, Finnlands und der Türkei in | |
Stockholm getroffen hatten, um „über die Umsetzung des Übereinkommens von | |
Madrid“ zu verhandeln. | |
Beim NATO-Gipfel in Madrid Ende Juni hatten die Länder ein „trilaterales | |
Memorandum“ unterzeichnet, in dem sich Finnland und Schweden | |
verpflichteten, die „Aktivitäten aller terroristischen Organisationen“ zu | |
unterbinden. Am vergangenen Mittwoch hatte der türkische Außenminister | |
Mevlüt Çavuşoğlu von „positiven Schritten“ gesprochen, die man mittlerw… | |
machen konnte. „Konkrete Handlungen“ [2][erwartete allerdings nun die | |
Türkei.] | |
Tats juristischer Vertreter Abdullah Deveci kritisiert die Abschiebung als | |
„fürchterlich – für Tat, aber auch für Schwedens Demokratie und für die | |
Menschenrechte“. Schwedens Migrationsministerin Maria Malmer Stenergard | |
bestritt jede Einflussnahme ihrer Regierung auf das Handeln von | |
Migrationsbehörden und Polizei. | |
## Finnland lobt Ungarn | |
[3][Um Ungarn, das zweite NATO-Land, das die Norderweiterung noch nicht | |
ratifiziert hat], kümmert sich derweil Finnland. Während die EU die Tonlage | |
gegenüber Ungarn zuletzt deutlich verschärfte, lobte Finnlands | |
Staatspräsident Sauli Niinistö neulich Viktor Orbán nach einem Telefonat | |
mit dem ungarischen Ministerpräsidenten: „Wie gut kann man sich auf Ungarn | |
verlassen“, betonte Niinistö. Er freue sich „über eine weitere Stärkung … | |
finno-ugrischen Verbindungen“. | |
Mit Hinweis auf die „rückgratlosen finnischen Politiker der Nachkriegszeit“ | |
gegenüber der Sowjetunion, spricht nun der Kulturchef der finnischen | |
Tageszeitung Hufvudstadsbladet von einer „Finnlandisierung 2.0“. | |
4 Dec 2022 | |
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[1] /Schwedens-Ministerpraesident-in-Ankara/!5894201 | |
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## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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