# taz.de -- Türkei-Besuch der Innenministerin: Faeser in heikler Mission | |
> Die Bundesinnenministerin ist zu Besuch in der Türkei. Wird sie klare | |
> Worte zu den türkischen Luftangriffen in Syrien und Irak finden? | |
Bild: Innenministerin Nancy Faeser | |
BERLIN taz | Um Terrorismusbekämpfung und um Migration soll es beim | |
zweitägigen Besuch von [1][Bundesinnenministerin Nancy Faeser] in der | |
Türkei gehen. Als das Haus der SPD-Politikerin den Besuch plante, war nicht | |
abzusehen, dass ersteres Thema nun eine ganz neue Wendung bekommt. | |
Die Regierung von Recep Tayyip Erdoğan hat nämlich ihr eigenes Verständnis | |
von Terrorbekämpfung und lässt derzeit Stellungen kurdischer Milizen in | |
Nordsyrien und im Irak bombardieren. Dort kämpfen Kurdenmilizen gegen den | |
islamischen Staat, unterstützt von den USA. Die türkischen Angriffe sind | |
eine direkte Reaktion auf das [2][Bombenattentat in der Instanbuler | |
Einkaufsstraße.] Die Türkei macht dafür die kurdische Arbeiterpartei PKK | |
und die Kurdenmiliz YPG verantwortlich und beruft sich auf ihr Recht zur | |
Selbstverteidigung. Beide, PKK und YPG, streiten [3][eine Beteiligung | |
allerdings ab] und werfen Erdoğan vor, einen Vorwand für die lange geplante | |
Offensive gesucht und gefunden zu haben. | |
In Deutschland steigt der Druck auf Faeser sich in dieser heiklen | |
Gemengelage zu positionieren. Die Linksfraktion im Bundestag erwartet von | |
der Bundesregierung den türkischen „Angriffskrieg“ entschieden zu | |
verurteilen. „Nancy Faeser muss bei ihrem Türkei-Besuch auf ein umgehendes | |
Ende der völkerrechtswidrigen Angriffe drängen“, so Sevim Dağdelen, | |
Linken-Obfrau im Auswärtigen Ausschuss. | |
## Druck von Linken und Grünen-Politiker*innen | |
Khaled Davrisch, Vertreter der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien in | |
Deutschland fordert Faeser dagegen auf, ihren Staatsbesuch in der Türkei | |
sofort abzubrechen. Nach Angaben der Selbstverwaltung hätten Kampfflugzeuge | |
und Drohnen Städte und Dörfer in der Region angegriffen und Krankenhäuser, | |
Elektrizitäts- und Wasserwerke getroffen. Mindestens 12 Zivilisten seien | |
bis jetzt getötet worden, darunter ein Journalist. | |
Das Auswärtige Amt mahnte die türksische Regierung am Montag immerhin zur | |
Zurückhaltung „Wir fordern die Türkei auf, verhältnismäßig zu agieren und | |
dabei das Völkerrecht zu achten“, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amts | |
in der Bundespressekonferenz. Dazu gehöre insbesondere, „dass Zivilistinnen | |
und Zivilisten zu jeder Zeit geschützt werden müssen“. Berichte über | |
mögliche zivile Opfer der türkischen Luftschläge seien extrem | |
besorgniserregend. | |
Weniger diplomatisch äußerten sich die Grünen Außenpolitiker Jürgen Trittin | |
und Max Lucks. „Wir weisen die aggressive Außenpolitik der türkischen | |
Regierung entschieden zurück“, so die beiden Bundestagsabgeordneten in | |
einer gemeinsamen Erklärung. Die Angriffe der türkischen Luftwaffe seien | |
völkerrechtswidrig. „Der Verweis auf den verheerenden Bombenanschlag in | |
Istanbul und das Recht zur Selbstverteidigung trägt nicht.“ Dass die | |
Ergebnisse der Ermittlungen nicht abgewartet und transparent gemacht | |
würden, lasse Zweifel an der Begründung für die Angriffe aufkommen, | |
schreiben Trittin und Lucks. | |
Auch die Linken-Abgeordnete Gökay Akbulut verweist auf ein Gutachten des | |
Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags vom April, in dem erhebliche | |
Zweifel am Rechtfertigungsnarrativ der türkischen Regierung geäußert | |
werden. Das sei völkerrechtlich nicht haltbar. Im April war das türkische | |
Militär ebenfalls mit der Behauptung der Selbstverteidigung gegen | |
Stellungen der Kurden in Syrien und im Irak vorgegangen. | |
Faeser will sich laut ihrem Ministerium am Dienstag äußern. Ein Sprecher | |
sagte am Montag, die Innenministerin werde bei ihrem Türkei-Besuch über | |
alle aktuellen Themen sprechen. | |
21 Nov 2022 | |
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## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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