# taz.de -- Plan der Innenministerkonferenz: Vorratsdatenzoff ohne Ende | |
> Die Innenminister wollen die Vorratsdatenspeicherung. Justizminister | |
> Buschmann hält dagegen. Der Streit entzweit selbst Landesregierungen. | |
Bild: Faeser will weiter die Vorratsdatenspeicherung – und bekommt nun Unters… | |
BERLIN taz | Seit mehr als 15 Jahren wird [1][über die | |
Vorratsdatenspeicherung gestritten], nun steht ein weiterer Vorstoß bevor. | |
Wenn ab Mittwoch die halbjährliche | |
[2][Innenminister:innenkonferenz (IMK)] tagt, wird am Ende wohl | |
die erneute Forderung nach Wiedereinführung der Massenspeicherung stehen. | |
Nach taz-Informationen wird dafür in einer Beschlussvorlage die „Nutzung | |
verbleibender Spielräume“ eingefordert. | |
Der Vorstoß kommt von den Unions-Innenminister:innen, aber auch etliche der | |
SPD unterstützen ihn, ebenso wie Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). | |
Erst im September hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) die | |
Vorratsdatenspeicherung in Deutschland eigentlich [3][für rechtswidrig | |
erklärt]. Die anlasslose Speicherung nur von IP-Adressen für Ermittlungen | |
gegen schwere Kriminalität erklärte er indes für vertretbar. Eine Ausnahme, | |
die Faeser sofort einforderte – und nun auch die Innenminister:innen. | |
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) lehnt das aber ebenso wie die | |
Grünen weiterhin vehement ab – beide plädieren stattdessen für das | |
[4][Quick-Freeze-Verfahren], bei dem Daten nicht anlasslos, sondern erst | |
nach einem Anfangsverdacht auf eine schwere Straftat und nur von konkret | |
verdächtigten Nutzer:innen erfasst werden. | |
Auf der IMK aber wollen die Innenminister:innen nun noch mal Druck | |
aufbauen. „Das EuGH-Urteil lässt große Spielräume, die es auszuschöpfen | |
gilt“, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) der taz. „Insbesondere | |
bei der Bekämpfung von Kindesmissbrauch ist die Einführung des | |
Quick-Freeze-Verfahrens keine Alternative zur Speicherung von IP-Adressen | |
und kann diese allenfalls ergänzen.“ | |
## Auch SPD-Innenminister sind fürs Speichern | |
Auch Joachim Herrmann (CSU), Bayerns Innenminister und IMK-Gastgeber, | |
verweist auf Kindesmissbrauchsfälle, bei denen Ermittlungen „häufig an der | |
unzureichenden oder fehlenden Speicherung von Verbindungsdaten scheitern“. | |
Es brauche daher „umgehend eine gesetzliche Neuregelung, welche die vom | |
EuGH aufgezeigten Spielräume konsequent ausnutzt“. Hier erwarte er eine | |
„große Einigkeit im Kreise der Innenminister“. | |
Und tatsächlich unterstützt etwa auch Niedersachsens SPD-Innenminister | |
Boris Pistorius den Vorstoß. Verkehrsdaten seien „ein überragend wichtiger | |
Ermittlungsansatz“, erklärte er zuletzt. Die Sicherheitsbehörden müssten in | |
einer digitalen Welt „mit Kriminellen Schritt halten“ und die | |
EuGH-Spielräume „schnellstmöglich nutzen“. | |
## Justizministerkonferenz plädierte für Quick Freeze | |
Faeser zeigte sich zuletzt „[5][optimistisch]“, sich mit Buschmann zu | |
einigen. Bisher ist aber weiter völlig offen, wie das aussehen soll. Der | |
FDP-Mann jedenfalls bleibt bei seinem Veto. Und er bekam zuletzt | |
Unterstützung von den Justizminister:innen der Länder. Die | |
beschlossen mit knapper Mehrheit von 9 zu 7 ihre Unterstützung für das | |
Quick-Freeze-Verfahren, für das Buschmann [6][bereits einen Gesetzentwurf | |
vorlegte]. Dieses sei eine „grundrechtsschonende und verfassungskonforme | |
Lösung“, hielten sie in einer Erklärung fest. Unter den | |
Justizminister:innen sind auch vier Grüne, zwei Linke und ein | |
FDP-Mann. Buschmann pries das Votum als „wichtiges Signal“. | |
Der Streit zieht sich inzwischen auch quer durch Landesregierungen. So | |
forderten am Montag Hessens Innenminister Peter Beuth und Justizminister | |
Roman Poseck, beide CDU, vehement die Speicherung von IP-Adressen ein. Es | |
sei eine „Schande“, dass Ermittlern dieses „wichtigste Ermittlungswerkzeu… | |
verwehrt sei, so Beuth. Jedes weitere Zögern „verlängert das Leid | |
Unschuldiger“, die Bundesinnenministerin müsse hier „endlich“ handeln. D… | |
mitregierenden Grünen reagierten pikiert. Das sei nicht die Meinung der | |
Koalition und ein „befremdliches“ Vorgehen der CDU, konterte Fraktionschef | |
Mathias Wagner prompt. | |
Auch die Grünen im Bund halten dagegen. Natürlich könne man als | |
Innenminister:innen „seit 16 Jahren gleichlautende Beschlüsse fassen, | |
ohne genau darzulegen, wie es verfassungsrechtlich denn konkret gehen | |
soll“, sagte Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz der taz. Der Arbeit | |
und Rechtssicherheit der Ermittler:innen diene das aber nicht. „Wir | |
brauchen endlich zielgerichtete und damit auch verfassungskonforme | |
Ermittlungsinstrumente“, forderte von Notz. Darauf hätten die | |
Justizminister:innen „völlig zu Recht“ hingewiesen. | |
Das Quick-Freeze-Verfahren reicht aber auch Sozialdemokrat:innen | |
nicht. Für Faeser kann dieses höchstens eine Ergänzung sein. Und auch | |
Pistorius erklärte, Quick Freeze sei nicht ausreichend. „Denn oftmals sind | |
die Daten dann schon gelöscht“. Die Debatte um die Vorratsdatenspeicherung | |
geht also in eine neue Runde. | |
30 Nov 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Nach-dem-EuGH-Urteil/!5882948 | |
[2] /Vor-der-Innenministerkonferenz/!5895271 | |
[3] /Die-Erklaerung/!5881410 | |
[4] /Vorratsdatenspeicherung-in-Deutschland/!5890806 | |
[5] /Herbsttagung-des-Bundeskriminalamtes/!5892358 | |
[6] /Vorratsdatenspeicherung-in-Deutschland/!5890806 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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