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# taz.de -- Schwedens Ministerpräsident in Ankara: Erdoğan erwartet konkrete …
> Auch nach seinem Staatsbesuch stimmt der türkische Präsident Schwedens
> Nato-Beitritt noch nicht zu. Umstritten bleibt die Terrorismusbekämpfung.
Bild: Der neue schwedische Ministerpräsident suchte in Ankara die türkische Z…
Istanbul taz | Die Richtung ist gut, aber es reicht noch nicht. So in etwa
lässt sich die Haltung der türkischen Regierung zum Nato-Beitritt von
Schweden und Finnland zusammenfassen. Auch nach einem persönlichen Gespräch
mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan am Dienstagabend in
Ankara konnte [1][der neue schwedische Ministerpräsidenten Ulf Kristersson]
noch kein grünes Licht für den Nato-Beitritt von Schweden und Finnland
verkünden.
„Wir erwarten noch konkrete Schritte zu Terrorismusbekämpfung“, sagte
Erdoğan nach dem Gespräch mit Kristersson. Auch der Sprecher des türkischen
Parlaments, Mustafa Sentop, hatte Kristersson nach einem Treffen gesagt, es
seien nach viele Schritte zu gehen, ehe das Parlament den Nato-Beitritt der
beiden skandinavischen Länder ratifizieren könne.
Die Zustimmung [2][zum Nato-Beitritt Schwedens und Finnlands] ist
mittlerweile durch alle Parlamente der Mitgliedsländer erfolgt, nur die
Türkei und Ungarn zögern noch. Doch während man in Stockholm damit rechnet,
dass bis Jahresende auch Ungarn zugestimmt haben wird, ist das Ja aus
Ankara immer noch unsicher.
[3][Während des letzten Nato-Gipfels im Sommer] in Spanien hatten die
Türkei, Schweden und Finnland ein trilaterales Abkommen unterzeichnet, auf
dessen Basis Erdoğan einem Beitritt beider Länder vorläufig zugestimmt
hatte und auf dessen Umsetzung die Türkei nun pocht. Dabei haben die
Skandinavier sich tatsächlich erheblich auf die Türkei zubewegt.
Erst wurde noch unter der sozialdemokratischen Regierung der
Rüstungsexportstopp für die Türkei aufgehoben, dann verkündete der
Außenminister der neuen rechten schwedischen Regierung, man werde die
Kurden in Syrien zukünftig nicht mehr unterstützen. Die dort vorherrschende
kurdische Organisation DYP und ihr militärischer Flügel YPG seien
tatsächlich, wie die Türkei schon immer gesagt habe, viel zu eng mit der
PKK verbunden, sagte Außenminister Tobis Billström. Ministerpräsident Ulf
Kristersson kündigte jetzt gar noch eine Verfassungsänderung an, um den
„Terrorismus besser bekämpfen zu können“, und beschuldigte seine
sozialdemokratische Vorgängerregierung, die Sicherheit der Türkei
missachtet zu haben.
Doch Erdoğan reicht das noch nicht. Im Zusammenhang mit dem Abkommen von
Madrid hatte man in Stockholm und Helsinki eine lange Liste angeblicher
Terroristen eingereicht, die nach Schweden und Finnland geflohen sind und
dort teilweise bereits seit Jahren leben. Diese sogenannten Terroristen
will Erdoğan ausgeliefert haben. Dabei handelt es sich vor allem um
Personen, die dem Umfeld der PKK oder der Gülen-Sekte, die für den
Putschversuch 2016 verantwortlich gemacht wird, angehören sollen.
Erdoğan, der es gewohnt ist, dass die Justiz macht, was er erwartet, will
nicht akzeptieren, dass auch die neue schwedische Regierung wohl kaum
Flüchtlinge ausliefern kann, die längst Asyl oder einen anderen
Schutzstatus erhalten haben.
## Entscheidende Türkei-Wahl im Frühjahr 2023
Auch wenn ihn die Proteste der schwedischen Zivilgesellschaft kaum kümmern
werden, die bereits heftig gegen mögliche Auslieferungen mobilmacht, wird
es für Kristersson dennoch schwer werden, die „konkreten Schritte“, die
Erdoğan fordert, nun umzusetzen.
Entsprechend wird die Türkei die Skandinavier hinhalten. [4][Erdoğan hat im
kommenden Frühjahr eine Wahl zu bestehen], die für ihn die schwierigste
seit seinem Amtsantritt werden dürfte. Die Inflation liegt in der Türkei
bei über 100 Prozent, die Menschen kämpfen gegen steigende Preise bei
Lebensmitteln und Energie. Entsprechend im Keller sind die Zustimmungswerte
für Erdoğan und seine AKP. Der Kampf gegen die PKK, den Erdoğan nun mit
Schweden ausficht, [5][ist populär und lenkt von der wirtschaftlichen
Misere ab]. Es spricht alles dafür, ihn noch weiter zu verlängern.
Außerdem ist aus Erdoğans Sicht die Zustimmung zur Nato-Mitgliedschaft von
Schweden und Finnland Teil eines größeren Pakets, das insbesondere die
Nato-Vormacht USA erfüllen soll. Die Türkei fühlt sich von den USA seit
längerem schlecht behandelt. Sie wurde aus dem Programm für den Bau-und
Erwerb des modernsten Kampfflugzeuges F-35 herausgedrängt und will nun
wenigstens eine Modernisierung ihrer F-16 Kampffliegertruppe durchsetzen.
Die Zustimmung dafür hängt im Kongress und dürfte nach den Wahlen in den
USA nicht leichter werden. Auch deshalb behält Erdoğan die Zustimmung für
Schweden und Finnland noch in der Hinterhand.
9 Nov 2022
## LINKS
[1] /Schwedens-Nato-Beitritt/!5890231
[2] /Nato-Beitritt-von-Schweden-und-Finnland/!5865153
[3] /Nato-Beitritt-von-Finnland-und-Schweden/!5864582
[4] /Wahlen-in-der-Tuerkei-2023/!5884001
[5] /Nato-Beitritt-von-Schweden/!5892829
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
## TAGS
Nato
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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Rechtsextremismus
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