Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Wahlkampf in Berlin: Wegner fährt schon mal den Wagen vor
> Die CDU hat Chancen, bei der Wahlwiederholung stärkste Partei zu werden.
> Ihr noch recht unbekannter Spitzenkandidat wirbt um Stimmen bei
> Autofahrern.
Bild: Reißt den Mund schon mal weit auf: Kai Wegner auf dem Parteitag am Samst…
Berlin taz | Elf Jahre. Elf lange Jahre hat die Berliner CDU darauf
gewartet, dass mal wieder die oder der Bundesvorsitzende bei einem
Landesparteitag vorbei schaut. Und dann kommt am Samstag in einem Hotel in
Mitte [1][Friedrich Merz] und räsoniert vor allem über Weltpolitik und
vieles schon von ihm im Bundestag Gehörtes.
Aktueller Berliner Politik widmet der Bundeschef kaum zehn Minuten seiner
dreiviertelstündigen Rede; darin kommt er auch noch ohne großes Lob für den
später als CDU-Spitzenkandidat bestätigten Berliner Parteichef Kai Wegner
aus. Zwar verspricht Merz Wahlkampfhilfe [2][bei der Wiederholung der
Abgeordnetenhauswahl] am 12. Februar, doch mit dem Zusatz: „nach Kräften“.
Was sich auch so verstehen lässt wie: Wenn sonst nichts ansteht.
Vom oft als großem Rhetoriker gepriesenen Merz ist kaum etwas zu spüren.
Und dass der Bundesvorsitzende als einzigen Berliner CDUler ausgerechnet
Mario Czaja lobt, unter Merz selbst zum Generalsekretär aufgestiegen, ist
auch nicht ohne. Czaja hatte Wegner vor und nach der nun zu wiederholenden
Abgeordnetenhauswahl 2021 [3][hart kritisiert]. Unter dem wenigen, was Merz
zu Berlin einfällt – etwa „der Quatsch mit der [4][Friedrichstraße]“ –
taucht dann noch SPD-Bausenator Andreas Geisel als „Verkehrssenator“ auf.
Doch nach diesem enttäuschende Auftritt – gewürzt nur mit der Forderung
nach härteren Strafen gegen Mitglieder der Gruppe „Letzte Generation“ –
folgt eine Überraschung: Wegner, der in den vergangenen Monaten fast
blutleer wirkende Reden im Abgeordnetenhaus gehalten hat, erlebt seinen
bisher wohl besten Tag als Landesvorsitzender und Spitzenkandidat.
Was ihm Merz an Rhetorik voraus hat – wenn er denn gewollt hätte – macht
Wegner durch Intensität und Engagement wett. Es ist dabei auch mal grob,
mal schlicht, aber durchweg voll Elan und mündet schließlich in dem
Anspruch: „Ich will Regierender Bürgermeister werden, ja was denn sonst,
deshalb trete ich doch hier an.“ Vor der Wahl 2021 hatte man Wegner auch so
verstehen können, dass er sich mit Mitregieren an der Seite von Franziska
Giffey (SPD) begnügen würde.
## Alter Verwalter!
Zentrales Wahlkampfthema soll bei der CDU sein, für eine funktionierende
Verwaltung Berlins zu sorgen. Nicht bloß Korrekturen, nein, eine
„tiefgreifende Staats- und Verwaltungsreform“ wollen die Christdemokraten.
Es ist das Thema, das gerade – nach dem [5][Urteil des Verfassungsgerichts
zur Wahlwiederholung] vom 16. November – schier alle Parteien umtreibt.
Erst vergangene Woche hatten die Grünen bei ihrem Parteitag einen
Leitantrag für ein „Update“ Berlins beschlossen.
Wegner, der sonst mehr im kleinen Kreis als auf großer Bühne zu begeistern
weiß, vermittelt vor allem eins: Dass er an seine Chance wirklich glaubt.
Was an einem nicht zu unterschätzenden Fakt liegen kann: Anders als bei der
Wahl 2021, als der Negativtrend der parallelen Bundestagswahl auch die
Berliner CDU nach unten zog, liegen die Christdemokraten auf Bundesebene
seit Monaten [6][weit vor SPD und Grünen].
## Kein Koalitionspartner in Sicht
Völlig offen lässt Wegner dabei, wer ihm denn als kleinerer Partner die
nötige Mehrheit im Abgeordnetenhaus verschaffen soll. Mit der FDP allein
reicht es nicht – die [7][muss bei bloß 5 Prozent in der jüngsten Umfrage]
sogar befürchten, dass sie aus dem Landesparlament fliegt. Wegners Kalkül
ist offenbar: Die Wahl mit einem solchen Vorsprung zu gewinnen, dass eine
Fortsetzung der rot-grün-roten Koalition selbst bei knapper Mehrheit nicht
zu vermitteln ist.
Vielleicht hat Merz dem Berliner Spitzenkandidaten gegenüber auch deshalb
so distanziert gewirkt, weil der jüngst einen Alleingang gestartet hat.
„Mit dem [8][neuen Schwerpunkt Mieterschutz] werde ich dem ein oder anderen
in der Partei einiges zumuten“, hatte Wegner Mitte Oktober angekündigt.
Merz hingegen spricht statt von Mieterschutz von mehr Wohneigentum.
Wegner listet in seiner Rede nebem dem Verwaltungsumbau noch mehr konkrete
Ziele auf: Eine Mobiltätswende soll kommen, aber mit Angeboten statt Zwang
– „wir lassen uns das Auto auch in Berlin nicht verbieten.“ Und bei der
A100 werde es mit der CDU „den vollständigen Ausbau“ geben. Später wird d…
Parteitag – durchaus mit 15 Gegenstimmen – noch einen Antrag beschließen,
der wie folgt überschrieben ist: „Fahrradfahrer als gleichberechtigte
Verkehrsteilnehmer“.
Nach Wegners einstimmiger Bestätigung als Spitzenkandidat gibt es eine Art
politisches Zitat: Wegner berichtet davon, dass ihm seine sechsjährige
Tochter am Morgen ein selbst gebasteltes Armband mit gegeben habe, das er
nun vorzeigt. Das war ganz im Stil von Armin Laschet, der [9][bei seiner
erfolgreichen Bewerbung] zum CDU-Chef 2021 jene Bergmannsmarke vorzeigte,
die ihm sein Vater ebenfalls als Glücksbringer mitgegeben haben soll. Daran
zu erinnern, hätte mutmaßlich den damals unterlegenen Friedrich Merz
gewurmt. Aber der war da schon längst nicht mehr im Saal.
27 Nov 2022
## LINKS
[1] /Die-Wahrheit/!5892107
[2] /Wahlwiederholung-in-Berlin/!5896319
[3] /Landesparteitag-der-Christdemokraten/!5858325
[4] /Berliner-Verkehrspolitik/!5887123
[5] https://www.berlin.de/gerichte/sonstige-gerichte/verfassungsgerichtshof/pre…
[6] https://www.wahlrecht.de/umfragen/index.htm
[7] https://www.wahlrecht.de/umfragen/landtage/berlin.htm
[8] /Wiederholung-der-Abgeordnetenhauswahl/!5883956
[9] /CDU-waehlt-Armin-Laschet-zum-Vorsitzenden/!5744527
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
Wahlkampf
Abgeordnetenhauswahl 2021
Kai Wegner
CDU Berlin
Abgeordnetenhaus
Kai Wegner
Schwerpunkt Wahlen in Berlin
Schwerpunkt Wahlen in Berlin
Bettina Jarasch
Kai Wegner
Vorkaufsrecht
Berlin
Bettina Jarasch
## ARTIKEL ZUM THEMA
Wahlwiederholung am 12. Februar: König ohne Land
CDU-Chef Kai Wegner steuert nach der neuesten Umfrage auf einen Wahlsieg zu
– und könnte trotzdem im Abgeordnetenhaus in der Opposition bleiben
Beginn des Wahlkampfs in Berlin: Wer wählt Giffey?
Fünf Wochen sind es noch bis zur Wiederholungswahl. Klare Favorit*innen
gibt es nicht. Die große Frage ist: Wie beliebt ist die Amtsinhaberin?
Wahlkampf der SPD in Berlin: Regierende Spitzenkandidatin
Die SPD setzt bei ihrer Wahlkampagne voll auf Franziska Giffey und
versucht, mit dem 29-Euro-Ticket den Grünen Stimmen abzujagen.
Berliner Verwaltungsmisere: „Das dauert mindestens fünf Jahre“
Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch stellt Leitlinien für eine
Verwaltungsreform vor. Die sei nur mit Konsequenz und Zähigkeit umzusetzen
CDU-Reaktion auf Flughafenblockade: Immer feste druff
CDU-Chef Merz nennt beim Berliner Landesparteitag Klima-Aktivisten
„kriminelle Straftäter“. Kai Wegner wird als Spitzenkandidat bestätigt.
Protest gegen Gentrifizierung: Laterne, Laterne, enteignet Konzerne
Hunderte Menschen beschwören beim widerständigen Laternenumzug von Bizim
Kiez die rebellischen Geister Kreuzbergs. Verdrängung gibt es dort viel.
Wahlkampf in Berlin: SPD setzt auf Oldtimer
Franziska Giffey ist im Wahlkampfmodus. Sollte es am 12. Fabruar zur
Wahlwiederholung kommen, ist auch Rot-Schwarz-Gelb nicht ausgeschlossen.
Berliner Verkehrspolitik: Friedrichstraße frei für Autos
Das Verwaltungsgericht erklärt die Sperrung der Friedrichstraße für
ungültig. Die freie Fahrt für Autos könnte aber begrenzt sein.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.