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# taz.de -- Beginn des Wahlkampfs in Berlin: Wer wählt Giffey?
> Fünf Wochen sind es noch bis zur Wiederholungswahl. Klare
> Favorit*innen gibt es nicht. Die große Frage ist: Wie beliebt ist die
> Amtsinhaberin?
Bild: Giffey, sonst (fast) nix: Die SPD im Wahlkampf
Die Taktik der Berliner SPD im Wahlkampf ist eindeutig: Sie setzt voll auf
die Amtsinhaberin. Franziska Giffey soll und muss es am 12. Februar wuppen
und dafür sorgen, dass das Rote Rathaus seinem Namen auch im übertragenen
Sinn weiterhin alle Ehre macht. Bisweilen reicht diese Giffeyfixierung bis
ins Kitschige hinein: „Unsere Regierende“ steht neben einem Foto von ihr
auf einem der Plakate, die [1][die SPD zu Wochenbeginn vorgestellt hat].
Das wirft die große Frage dieses Wahlkampfs auf: Ist Giffey wirklich die
Regierende der Berliner*innen? Oder polarisiert sie derart, dass allein ihr
Anblick Wählende in andere Lager treibt? Etwa zu dem nicht sonderlich
bekannten [2][CDU-Chef Kai Wegner], der auf gute Umfragewerte für die
Bundespartei als Unterstützung hoffen muss, oder [3][der grünen Bettina
Jarasch], die als recht präsente Verkehrssenatorin immerhin die niedrigsten
Bekanntheitswerte hinter sich gelassen hat.
Tatsächlich äußern weiterhin viele Menschen mit anderen Parteipräferenzen
als die SPD eine klare Abneigung gegenüber Giffey. Das mag mit der Affäre
um ihren aberkannten Doktortitel zusammen hängen, auch mit ihrem Auftreten
oder der Schwierigkeit, sie politisch einzuordnen. Im Wahlkampf 2021
blinkte die damals frisch zurückgetretene Bundesfamilienministerin deutlich
rechts, etwa mit Forderungen nach autofreundlicher Politik, und
distanzierte sich damit teilweise von der rot-rot-grünen Koalition ihres
Parteikollegen Michael Müller.
Nach der Wahl musste sie allerdings die Koalition mit Grünen und Linken
fortsetzen. Ihr Wunschbündnis war das nicht – Giffey wollte eine Ampel oder
eine Deutschlandkoalition mit CDU und FDP. Doch der Druck auch aus der
eigenen Partei war zu groß. In diesem Wahlkampf versucht die SPD nun, den
Begriff Verkehrswende, den die Grünen glaubten, gepachtet zu haben, zu
ihren Gunsten zu wenden.
Zwar werde es immer Menschen geben, die aufs Auto angewiesen seien, betonte
Giffey am Montag, etwa Handwerker*innen oder Menschen mit Handicap. Es
brauche eine „Vielfalt der Mobilität“, sagte sie, und bezog dabei explizit
die Forderungen von Radfahrenden nach mehr Sicherheit mit ein. Zudem will
sie mit dem 29-Euro-Ticket, der Berliner Fortsetzung des 9-Euro-Tickets,
Wähler*innen der Grünen umgarnen.
## CDU, SPD und Grüne in Umfragen gleichauf
Derzeit liegen die drei stärksten Parteien, CDU, SPD und Grüne, laut
mehreren Umfrageinstituten bei jeweils rund 20 Prozent. Angesichts der
Fehlertoleranz von 3 Prozentpunkten nach oben oder unten ist also alles
drin. Das bedeutet aber auch: Es ist noch lange nichts entschieden, wie
auch Wahlforscher Thorsten Faas, Professor für politische Soziologie am
Otto-Suhr-Institut der Freien Universität, erklärt. Bei Wahlen zu den
Landesparlamenten gebe es häufig erhebliche Verschiebungen auf der
Zielgeraden, sagte Fass der RBB-Abendschau.
Ein oder zwei grobe Schnitzer der Spitzenkandidat*innen können also
schwerwiegende Folgen haben. Auch kann es sein, dass Giffey ihren Amtsbonus
– die schlichtweg größere Bekanntheit – stärker ausspielen kann, je näh…
der Wahltermin rückt. Es dürfte also ein kurzer, aber harter, intensiver
Wahlkampf werden.
## Fast jeder Zweite macht Briefwahl
Es gibt noch eine weiteres Fragezeichen in dieser an unsicheren Faktoren
reichen Situation: Ein guter Teil der Wählenden hat die Stimme schon
abgegeben, wenn der Wahlkampf auf die Zielgerade geht. Seit 2. Januar ist
Briefwahl möglich, Landeswahlleiter Stephan Bröchler geht davon aus, dass
mehr als 40 Prozent der Abstimmenden diese Möglichkeit nutzen.
Je früher aber die das tun, umso mehr läuft selbst die beste Wahlkampagne
ins Leere: Wer schon abgestimmt hat, kann sich zwar noch durch einen
genialen Auftritt oder peinlichen Patzer beeindrucken lassen, die
Wahlentscheidung aber nicht mehr ändern.
Vor diesem Hintergrund hat die SPD und Giffey eigentlich keine andere
Option, als auf die eigenen Stärken und die eigene Spitzenkandidatin zu
setzen – wohlwissend, dass sie damit auch andere mobilisieren, die eben
nicht für die Regierende stimmen.
7 Jan 2023
## LINKS
[1] /Wahlkampf-der-SPD-in-Berlin/!5903580
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[3] /Wahlkampf-der-Gruenen-in-Berlin/!5904237
## AUTOREN
Bert Schulz
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