# taz.de -- Migration nach Deutschland: Wettstreit um helfende Hände | |
> Das Kabinett beschließt Eckpunkte, um die Einwanderung von Fachkräften zu | |
> erleichtern. Die Ampel freut sich darüber, sich ausnahmsweise einig zu | |
> sein. | |
Bild: „Richtig gutes Teamwork“: Die Minister:innen Heil, Faeser und Habeck … | |
BERLIN taz | Das Bedürfnis nach Harmonie scheint groß in der letzthin | |
[1][häufig zerstrittenen Bundesregierung]. Und so nutzten am Mittwoch | |
gleich vier Bundesminister*innen die Gelegenheit, die Koalition und | |
ihre Pläne zur Arbeitsmigration in allen Tönen zu loben. | |
„Das war wirklich gutes Teamwork“, erklärte Wirtschaftsminister Robert | |
Habeck (Grüne), nachdem das Kabinett am Vormittag die [2][Eckpunkte des | |
neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes beschlossen] hatte. Das Gesetz werbe | |
offensiv für eine „Gesellschaft der vielen“ und erkenne an, dass die | |
deutsche Wirtschaft Fachkräfte aus dem Ausland brauche. „Ich bin überzeugt, | |
dass dieses Eckpunktepapier und dieses Gesetz nur in dieser | |
Regierungskonstellation entstehen konnten“, schwärmt Habeck. | |
Dank des „sehr umfangreichen Eckpunktepapiers“, das die Details schon | |
regele, könne man nun schnell auch einen Gesetzentwurf vorlegen, versprach | |
Innenministerin Nancy Faeser (SPD). Damit wolle man „Fachkräften und | |
Arbeitskräften einen unbürokratischeren Zugang als bisher“ ermöglichen. | |
Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) betonte, das Vorhaben sei | |
„längst überfällig“. Zwei Millionen Arbeitsstellen in Deutschland seien | |
unbesetzt. „Uns fehlen nicht nur Akademiker, sondern die ganze Bandbreite. | |
Die Gastronomie muss teilweise schließen, Geschäfte haben nicht mehr an | |
allen Tagen offen, weil Arbeitskräfte fehlen.“ Hier sei „viel liegen | |
gelassen worden“, stichelt sie gegen die Vorgängerkoalition aus Union und | |
SPD, die 2019 das erst Fachkräfteeinwanderungsgesetzes beschlossen hatte. | |
## Angst vor dem Worst-Case-Szenario | |
Mitverantwortlich damals wie heute war als Arbeitsminister Hubertus Heil | |
(SPD). Und auch er kritisiert das eigene Vorgängergesetz: „Wir dürfen | |
Einwanderung nicht nur irgendwie bürokratisch hinnehmen wie in der | |
Vergangenheit, sondern müssen für unseren Wohlstand und unser Wachstum auch | |
anwerben. Wir müssen Migration wollen“, sagte er. „Deutschland braucht in | |
Zukunft alle helfenden Hände und klugen Köpfe.“ Um diese konkurriere es mit | |
anderen Ländern. | |
Expert*innen gehen davon aus, dass Deutschland jährlich rund 400.000 | |
Arbeitskräfte aus dem Ausland braucht. In einem Worst-Case-Szenario könnten | |
Deutschland bis 2035 ganze sieben Millionen Fachkräfte fehlen, | |
prognostiziert Heil. | |
Das will die Ampel verhindern. Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz | |
[3][soll die bisherigen Verfahren entbürokratisieren, beschleunigen und | |
Hürden senken]. Die Anerkennung von Abschlüssen soll einfacher werden und | |
nicht mehr in jedem Fall notwendig sein. Berufserfahrung soll stärker ins | |
Gewicht fallen. | |
## „Es kommen Menschen“ | |
Eine Chancenkarte soll es Menschen ermöglichen, zur Jobsuche nach | |
Deutschland zu kommen, wenn sie von einer Reihe Kriterien mindestens drei | |
erfüllen – dazu gehören neben Qualifikation auch Sprachkenntnisse, | |
Berufserfahrung, Deutschlandbezug und Alter. | |
Man dürfe die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen, warnte Heil. „Am | |
Ende kommen nicht nur Fachkräfte, sondern es kommen auch Menschen.“ | |
Deswegen brauche es Integration von Anfang an. Der Minister kündigte an, | |
man werde Anfang kommenden Jahres den Gesetzenwurf in den Bundestag | |
einbringen. | |
30 Nov 2022 | |
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## AUTOREN | |
Dinah Riese | |
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