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# taz.de -- Neues Biopic über Emily Brontë: Spürt die Pheromone, wie sie fun…
> Oh, verbotene Liebe, ihre Flammen lodern im Spielfilm „Emily“. Doch
> leider zeichnet Frances O'Connor das Bild von Emily Brontë mit zu viel
> Klischee.
Bild: Schriftstellerin Emily Brontë (Emma Mackey), im Hintergrund Sonnenunterg…
Woher stammen Ideen? Woher kommen die Figuren für eine Geschichte, woher
die starken Gefühle, die beschrieben werden? Was inspirierte die
[1][Schriftstellerin Emily Brontë, als sie die Sehnsucht und Dramatik von
„Wuthering Heights“] erdachte?
In Frances O’Connors Porträt „Emily“, das eine weitere, filmische
Interpretation des Lebens der begabten Brontë-Schwestern und ihres Bruders
anbietet, ist die Sache klar: Eine so verzehrende Liebe wie die zwischen
Catherine und Heathcliff kann nur aus eigenen Erfahrungen rühren.
Regisseurin und Drehbuchautorin O’Connor malt ihr düsteres Bild des
viktorianisch-eisernen Brontë-Lebens mit den klassischen Zutaten Talent,
(geschwisterliche) Rivalität, Misogynie und Restriktionen.
Emily (Emma Mackey) ist die Außenseiterin der sozial eh recht isolierten,
mutterlosen, britischen Pfarrerskinder; [2][ihre Schwestern Charlotte]
(Alexandra Dowling) und Anne (Amelia Gething) sowie ihr Bruder Branwell
(Fionn Whitehad) halten durch verschiedene Erlebnisse verhalten Kontakt zu
einem „normaleren“ Leben: Branwell kommt seinen unterdrückten
Leidenschaften mit Alkohol bei und hat ab und an (unsittliche)
Verhältnisse. Die Schwestern sammeln Erfahrungen in Berufen und
Ausbildungen fernab von zu Hause.
Nur Emily, die der [3][„Sex Education“-Star Mackey] mit neugierigem,
offenem Gesicht und zusammengekauertem Körper gibt, sitzt zwischen allen
Stühlen – und muss einen Internatsaufenthalt frühzeitig abbrechen, weil sie
es in der Fremde nicht aushält. Im vertrauten, beengenden Elternhaus kennt
sie dagegen immerhin jeden Schmerz. Auch den, eine „alte Jungfer“ zu
werden.
Der stärkste Moment in O’Connors einer recht vorhersehbaren Dramaturgie
folgendem Film ist der erste Wendepunkt: Die Schwestern hocken in der
schmucklosen Kirche, Gesichter unter den steifen, geflochtenen Hauben und
schauen nach vorn. Von der Kanzel brettert der Vater das übliche
Himmel-Hölle-Gewäsch.
Als ein Hilfspfarrer zunächst angekündigt wird und dann dessen Stimme
ertönt, drehen sich die – im mehrfachen Sinne – „behüteten“ Köpfe, d…
Bedeckung das weibliche Sichtfeld Mitte des 19. Jahrhunderts einschränkte
wie Scheuklappen bei einem Pferd, unisono nach ihm um – und er ist ziemlich
„easy on the eye“: Man kann die Pheromone geradezu spüren, die von dem
großen, dunkelhaarigen William Weightman (Oliver Jackson-Cohen) in Richtung
Frauen funken.
## Rühren im Ekstase Topf
Zwar verneinen sämtliche Emily-Brontë-Apologeten die Idee einer Beziehung
zwischen ihr und dem schönen Jungpfarrer (das reale Vorbild für die Figur
hatte, das behaupten viele Biograf:innen, wenn überhaupt eher ein
Techtelmechtel mit Anne). Doch O’Connor rührt im Ekstase-Topf, und schickt
ihre Lovebirds nach einigen amourösen Eifersüchteleien in einsame Hütten,
wo sie sich ihrer geknöpften und gebundenen Kleidungsschichten entledigen
und übereinander herfallen. Gleichzeitig tauscht der unglückliche Branwell
den Sherry mit dem Opium und zieht seine Schwester mit in inspirative
Trips.
So nennt „Emily“ neben der körperlichen Hingabe und dem als Konsequenz
daraus folgenden Herzschmerz auch Drogenerfahrungen als Quelle für das
erfolgreiche und einzige Werk der jung verstorbenen Autorin, das sie
zunächst – anders als der Film behauptet – unter einem männlichen Pseudon…
veröffentlichte.
Dass dieses Werk selbst jedoch nur eine Nebenrolle in O’Connors für ein
jugendliches, weibliches, Romantik-affines Publikum ausgerichtetem Film
spielt, ist ärgerlich: O’Connors ein wenig klischierte Botschaft von der
beengten Situation, in der die Einbildungskraft wächst, wirkt angesichts
der großen sprachlichen, rhythmischen und psychologischen Finesse des
Romans ein wenig zu schlicht. Immerhin: Die Flammen der verbotenen Liebe
lodern hoch.
24 Nov 2022
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## AUTOREN
Jenni Zylka
## TAGS
Biografie
Spielfilm
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Autorin
Literatur
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Film
Theater
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