| # taz.de -- IG-Metall Tarifabschluss: Arbeitskampf in schwierigen Zeiten | |
| > Der Konflikt in der Metall- und Elektroindustrie ist beigelegt. IG Metall | |
| > und Arbeitgeber einigten sich auf prozentuale Lohnerhöhungen und | |
| > Einmalzahlungen. | |
| Bild: Protestaktion während der Tarifverhandlungen in Ludwigshafen am 16.11.20… | |
| Berlin taz | Es gab schon einmal bessere Zeiten für Gewerkschaften, um gute | |
| Tarifabschlüsse zu erstreiten. Schon in der Coronapandemie waren ihre | |
| Arbeitskampfmöglichkeiten stark reduziert, was sich entsprechend negativ | |
| auf die Tarifabschlüsse ausgewirkt hat. | |
| Nun sind sie auch noch mit den fatalen ökonomischen Auswirkungen des | |
| Ukrainekriegs auf Deutschland konfrontiert, die sie erneut in eine | |
| schwierige Lage bringen. Denn nicht nur, dass die Menschen mit stark | |
| gestiegenen Lebenshaltungskosten zu kämpfen haben, auch die wirtschaftliche | |
| Situation vieler Unternehmen ist schwieriger geworden. Da überrascht auf | |
| den ersten Blick der [1][Pilotabschluss in der Metall- und | |
| Elektroindustrie,] auf den sich die Tarifparteien Ende vergangener Woche in | |
| Baden-Württemberg verständigt haben. | |
| In einer äußerst herausfordernden Zeit sei es „gelungen, die Beschäftigten | |
| spürbar zu entlasten, Einkommen nachhaltig zu stabilisieren und die | |
| Kaufkraft zu stärken“, schwärmte IG-Metall-Chef Jörg Hofmann. Möglich | |
| gemacht hätten das die rund 900.000 Beschäftigten, die sich bundesweit an | |
| Warnstreiks beteiligt hätten. Der Abschluss sei „absolut an der Grenze | |
| dessen, was wir für die Mehrzahl unserer Mitglieder gerade noch für tragbar | |
| halten“, verkündete demgegenüber Harald Marquardt, der Verhandlungsführer | |
| der Arbeitgeberseite. | |
| ## Inflation lässt Lohnsteigerung gering wirken | |
| Die Gewerkschaft zeigt sich zufrieden, die Arbeitgeber klagen. Das folgt | |
| der üblichen Rezeption von Tarifabschlüssen. Bei genauerer Betrachtung | |
| zeigt sich, dass es komplizierter ist. Von einer Lohnsteigerung von | |
| „insgesamt 8,5 Prozent“ spricht die IG Metall. Das erweckt den Eindruck, | |
| als hätte sie sogar noch mehr als die von [2][ihr geforderten 8 Prozent] | |
| herausgeholt. Das stimmt nicht. Denn die IG-Metall-Forderung bezog sich auf | |
| eine Vertragslaufzeit von 12 Monaten – und zwar rückwirkend vom 1. Oktober | |
| 2022 bis zum 30. September 2023. Vereinbart wurden jedoch eine Laufzeit bis | |
| zum 30. September 2024, also von 24 Monaten. Die erste Gehaltssteigerung um | |
| 5,2 Prozent erfolgt im Juni, das bedeutet erst mal 8 Monate ohne | |
| Lohnerhöhung. Eine zweite Stufe von um 3,3 Prozent kommt dann im Mai 2024. | |
| Auf das Jahr 2023 umgerechnet bedeutet das gerade mal eine Lohnsteigerung | |
| von rund 3 Prozent. Damit bewegt sie sich knapp unter dem Niveau des | |
| Tarifabschlusses in der Chemieindustrie. Hier handelte die IG BCE Mitte | |
| Oktober eine Tariferhöhung von 3,25 Prozent ab Januar 2023 aus. Zum 1. | |
| Januar 2024 kommen noch mal 3,25 Prozent hinzu. Für das Jahr 2024 ist der | |
| IG-Metall-Abschluss also etwas besser. | |
| Angesichts der hohen Inflationsrate erscheinen die prozentualen | |
| Lohnsteigerungen sowohl in der Chemie- also auch in der Elektro- und | |
| Metallindustrie bescheiden. Dass die IG Metall und die IG BCE sie trotzdem | |
| akzeptiert haben, liegt an der „Inflationsausgleichsprämie“, die im Oktober | |
| von Bundestag und Bundesrat beschlossen wurde. | |
| Danach ist es möglich, einen Betrag von maximal 3.000 Euro pro | |
| Arbeitnehmer:in steuer- und sozialversicherungsfrei als | |
| Inflationsausgleich auszuzahlen. Dieses Instrument kommt nun in beiden | |
| Branchen zur Anwendung. Die Beschäftigten erhalten in zwei Tranchen im | |
| nächsten und im übernächsten Jahr jeweils eine Sonderzahlung von 1.500 Euro | |
| pro Kopf. | |
| Auswirkungen dürften die Abschlüsse der IG Metall und der IG BCE auf die | |
| nächste große Tarifauseinandersetzung haben: Am 24. Januar starten die | |
| Verhandlungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes bei Bund und | |
| Kommunen. Verdi geht mit einer Forderung von 10,5 Prozent an den Start. | |
| 21 Nov 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Pascal Beucker | |
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