| # taz.de -- Einigung in Metall- und Elektrobranche: Mehr Geld für Metaller | |
| > Nach zähen Verhandlungen einigen sich Arbeitgeber und die IG Metall auf | |
| > Lohnsteigerungen für Millionen Beschäftigte in der Metall- und | |
| > Elektrobranche. | |
| Bild: Protest vor dem Mercedes-Benz-Werk in Berlin: Warnstreik der IG Metall ha… | |
| Ludwigsburg dpa | Nach zwölf Stunden Verhandlungen und einem drohenden | |
| Abbruch haben sich IG Metall und Arbeitgeber auf ein Tarifwerk für die | |
| deutsche Metall- und Elektrobranche durchgerungen. Für die 3,9 Millionen | |
| Beschäftigten der Branche sind Lohnsteigerungen von 5,2 Prozent zum Juni | |
| 2023 und noch mal 3,3 Prozent ab Mai 2024 bei einer Laufzeit von 24 Monaten | |
| vorgesehen. Dazu kommen steuerfreie Einmalzahlungen von insgesamt 3000 | |
| Euro. Das Ergebnis verkündeten beide Parteien am frühen Freitagmorgen in | |
| Ludwigsburg bei Stuttgart. | |
| Unterm Strich stünden damit nach zwei Jahren Tabellenerhöhungen von 8,5 | |
| Prozent, rechnete IG-Metall-Chef Jörg Hofmann vor. Für einen Facharbeiter | |
| seien das rund 7000 Euro mehr – davon 3000 Euro steuerfrei. „Das ist ein | |
| Wort.“ Aus Sicht von Gesamtmetall-Chef Stefan Wolf ist das Ergebnis ein | |
| „kräftiger Vorschuss“ auf den künftigen Aufschwung. Er räumte aber ein: … | |
| Abschluss liege über dem, was die Arbeitgeber eigentlich wollten, und was | |
| die aktuelle Lage hergebe. | |
| Der Vorstand der IG Metall habe wie Gesamtmetall die Übernahme des | |
| Ergebnisses in allen Tarifgebieten empfohlen, sagte Hofmann. Nach den | |
| Diskussionen in der Tarifkommission werde das Ergebnis dann Schritt für | |
| Schritt auf das gesamte Bundesgebiet übertragen. | |
| Die IG Metall war [1][Mitte September mit ihrer höchsten Forderung] seit | |
| 2008 in die Gespräche gegangen: Acht Prozent mehr Geld bei einer Laufzeit | |
| von einem Jahr. Die Arbeitgeber hatten im Laufe der Tarifverhandlungen 3000 | |
| Euro als Einmalzahlung angeboten. Dazu hatten sie eine unbezifferte | |
| Erhöhung der Gehaltstabellen bei einer Laufzeit von 30 Monaten in Aussicht | |
| gestellt. | |
| ## Durchbruch in Baden-Württemberg | |
| Nach vier ergebnislosen Verhandlungsrunden richteten sich zur fünften Runde | |
| am Donnerstag alle Augen nach Baden-Württemberg. Die IG Metall hatte grünes | |
| Licht für einen Pilotabschluss in dem Bezirk gegeben, der auch früher schon | |
| oft Vorreiter für tarifliche Einigungen gewesen war. Vorab hatten beide | |
| Seiten laut Gewerkschaft etliche Detailfragen ausgeräumt. Dass die 3000 | |
| Euro steuerfrei kommen sollen, erschien daher schon vor der Runde | |
| unstrittig. Offen waren hingegen noch Laufzeit und Höhe möglicher | |
| Lohnerhöhungen. | |
| Bei diesen beiden Punkten jedoch verhakten sich die beiden Parteien in | |
| Ludwigsburg derart, dass kurzzeitig auch ein Abbruch der Gespräche im Raum | |
| stand. Die Arbeitgeber hätten sich mit den großen Beträgen, die die IG | |
| Metall auf den Tisch gelegt habe, schwer getan, sagte Verhandlungsführer | |
| Harald Marquardt von Südwestmetall. „Das war dann auch fast ein | |
| Dealbreaker.“ | |
| Laut seinem Gegenpart Roman Zitzelsberger von der IG Metall in | |
| Baden-Württemberg passten Laufzeit und Entgelthöhe nicht zusammen – hier | |
| hätten beide Seiten dann noch einmal einen Schritt zurück gemacht und einen | |
| neuen Ansatzpunkt gesucht. Schließlich rauften sie sich zusammen: „Mit | |
| Streiks in der jetzigen Situation ist niemanden geholfen – weder den | |
| Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die eine noch unsichere Zukunft hätten, | |
| noch den Unternehmen“, sagte Marquardt. | |
| Im Falle eines Scheiterns der Gespräche hatte die IG Metall vorab mit | |
| 24-Stunden-Warnstreiks sowie Urabstimmungen und Flächenstreiks in einzelnen | |
| Regionen gedroht. Bis zu der Verhandlung am Donnerstag hatten laut | |
| Gewerkschaft rund 900 000 Beschäftigte bundesweit zeitweise die Arbeit | |
| niedergelegt. „Wir haben sicherlich die eine oder andere Kröte geschluckt, | |
| aber auch das Gefühl gehabt, dass auch die anderen nicht ganz ohne | |
| Krötenschlucken wegkamen“, sagte Südwestmetall-Verhandlungsführer Harald | |
| Marquardt. „Unser großes tarifpolitisches Ziel ist erreicht“, sagte | |
| Zitzelsberger. Er räumte ein, dass sich die Gewerkschaft die Zahlungen zu | |
| einem früheren Zeitpunkt gewünscht hätte. | |
| ## Gewerkschaft hofft auf gerechte Lastenteilung | |
| Aus Sicht von Gewerkschaftschef Hofmann ist der Abschluss auch ein Beitrag, | |
| die Rezessionstendenzen in der deutschen Wirtschaft zu begrenzen. Die | |
| mangelnde Wirtschaftskraft sei vor allem durch einen Rückgang im privaten | |
| Konsum getrieben. „Mit einem Lohnabschluss wie diesem haben wir nicht nur | |
| [2][eine gerechte Lastenteilung] erreicht, sondern auch einen | |
| verantwortungsvollen Abschluss im Sinne der weiteren konjunkturellen | |
| Entwicklung.“ | |
| IG-Metall-Bezirkschef Zitzelsberger gilt vielen als heißer Kandidat für die | |
| Nachfolge Hofmanns ab kommendem Jahr. Dass gerade er nun den Pilotabschluss | |
| gezimmert hat, wollte er aber am Freitag zunächst nicht auf die Goldwaage | |
| legen. „Die Frage ist, ob Jörg Hofmann nicht noch einmal antritt. Insofern | |
| würde ich Jörg Hofmann an dieser Stelle seine Entscheidung fällen lassen“, | |
| sagte Zitzelsberger. Erst dann werde sich die Frage der Nachfolge stellen. | |
| Hofmann ist seit Oktober 2015 Gewerkschaftschef der IG Metall. Im Oktober | |
| 2023 wählt der Gewerkschaftstag eine neue Führung. Der 66 Jahre alte | |
| Hofmann ließ offen, ob er weitermachen wolle. | |
| 18 Nov 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Tarifkonflikt-Metall--und-Elektrobranche/!5874283 | |
| [2] /Massnahmen-gegen-Gaskrise/!5883742 | |
| ## TAGS | |
| IG Metall | |
| Energiekrise | |
| Entlastungspaket | |
| IG Metall | |
| IG Metall | |
| IG Metall | |
| IG Metall | |
| Olaf Scholz | |
| Inflation | |
| Gewerkschaft | |
| Ukraine | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Forderungen der Gewerkschaften: Mittelstandspflege der IG Metall | |
| Viertagewoche? Mehr Work-Life-Balance? Eigentlich gute Ideen. Aber sie | |
| gehen an der Realität der Geringverdiener:innen vorbei. | |
| Tarifabschluss der IG Metall: Gesichtswahrend dank Scholz | |
| Der neue Tarifvertrag ist für die Gewerkschaft ein guter Kompromiss und für | |
| die Arbeitgeber verkraftbar – dank der steuerfreien Einmalprämie. | |
| IG-Metall Tarifabschluss: Arbeitskampf in schwierigen Zeiten | |
| Der Konflikt in der Metall- und Elektroindustrie ist beigelegt. IG Metall | |
| und Arbeitgeber einigten sich auf prozentuale Lohnerhöhungen und | |
| Einmalzahlungen. | |
| Tarifkonflikt Metall- und Elektrobranche: Null Bock auf Arbeitgebergeiz | |
| Die IG Metall weist die Arbeitgeber-Forderung nach Nullrunde zurück. Die | |
| Verhandlungen, die Mitte September beginnen, dürften konfliktreich werden. | |
| Inflationsbonus-Plan: Lohnpolitik geht Scholz nichts an | |
| Eine Einmalzahlung für Beschäftigte ist keine schlechte Idee. Doch sie ist | |
| Sache der Tarifpartner. Scholz bringt sie nur wegen Lindner ein. | |
| Scholz-Plan für „konzertierte Aktion“: Vom Damals lernen | |
| Scholz will in einer „konzertierten Aktion“ mit Staat, Arbeitgebern und | |
| Gewerkschaften die Inflation bekämpfen. Doch wie 1967 kann dabei viel | |
| schief gehen. | |
| Scholz-Plan gegen Inflation: Gemischte Reaktionen | |
| Bundeskanzler Scholz schlägt eine „konzertierte Aktion“ zur Bewältigung d… | |
| Inflation vor. Die Resonanz ist verhalten. | |
| Schlechte Aussichten für Metallbranche: Der Boom bleibt aus | |
| Die Unternehmen leiden unter gestörten Lieferketten, Produktionsengpässen | |
| und hohen Energie- und Rohstoffpreisen. |