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# taz.de -- Scholz-Plan gegen Inflation: Gemischte Reaktionen
> Bundeskanzler Scholz schlägt eine „konzertierte Aktion“ zur Bewältigung
> der Inflation vor. Die Resonanz ist verhalten.
Bild: Olaf Scholz bei der Haushaltsdebatte am 31.5. im Bundestag
Berlin taz | Auf gemischte Reaktionen stößt der Vorschlag von Bundeskanzler
Olaf Scholz, Arbeitgeber, Gewerkschaften und die Politik sollten zu einer
„konzertierten Aktion“ zusammenkommen. Die Verkehrsgewerkschaft EVG warnte
am Donnerstag vor einem Eingriff in die Tarifautonomie. „Schon die
Einladung macht deutlich, dass am Ende Zurückhaltung bei den
Lohnforderungen erwartet wird“, erklärte dazu EVG-Tarifvorstand Kristian
Lorch am Donnerstag auf der Webseite der Gewerkschaft.
Scholz hatte am Mittwoch im Bundestag angekündigt, er wolle Vertreter von
Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu einer „konzertierten Aktion“
zusammenrufen, um über gemeinsame Maßnahmen gegen die hohe Inflation zu
beraten. „Gemeinsam mit den Sozialpartnern wollen wir diskutieren, wie wir
mit der aktuellen Preisentwicklung umgehen“, sagte er. Im Kanzleramt hieß
es am Donnerstag, die Bundesregierung werde kurzfristig über die weiteren
Details informieren.
Scholz hatte als positives Beispiel auf die chemische Industrie verwiesen,
die mit einer einmaligen Sonderzahlung für die Beschäftigten einen
„interessanten“ Weg gewählt habe, so Scholz. In der chemischen Industrie
waren Tariferhöhungen im April wegen der unsicheren wirtschaftlichen und
politischen Lage auf den Oktober verschoben worden. Als Zwischenlösung
bekommen die Tarifbeschäftigten der Chemiebranche spätestens im Mai eine
sogenannte Brückenzahlung von in der Regel einmalig 1.400 Euro. Der Vorteil
dieser Einmalzahlungen für die Arbeitgeber liegt darin, dass sie nicht
dauerhaft in die Entgelte eingehen und auch nicht in die Entgelthöhen, die
bei den nächsten Tarifverhandlungen als Grundlage für weitere Steigerungen
dienen.
Für die Metallindustrie stehen im Herbst Tarifverhandlungen an. Der Erste
Vorsitzende der IG Metall, Jörg Hofmann, erklärte, Einmalzahlungen könnten
zwar dazu beitragen, temporär „soziale Härten auszugleichen“. Sie seien
aber „kein Ersatz für eine verteilungsgerechte Erhöhung der
Entgelttabellen“. Die IG Metall werde sich gemeinsam mit der
Chemiegewerkschaft IG BCE für „dauerhaft höhere Entgelte der Beschäftigten…
einsetzen. Ein Sprecher des Arbeitgeberverbandes Südwestmetall begrüßte den
Vorschlag von Bundeskanzler Scholz und warnte im Gespräch mit der taz,
Tarifpolitik könne „nicht die aktuelle Inflation ausgleichen“.
## Erinnerungen an 1967
Der von Scholz gewählte Begriff „konzertierte Aktion“ weckt Erinnerungen an
die sogenannte [1][Konzertierte Aktion] im Jahre 1967. Damals stagnierte
die Wirtschaft. Karl Schiller (SPD), damals Wirtschaftsminister in einer
Großen Koalition, setzte einen Dialog zwischen Gewerkschaften und
Unternehmerverbänden in Gang mit dem Ziel, sich in der Lohnpolitik auf
moderate Erhöhungen zu einigen. Als die Wirtschaft wieder boomte, forderten
die Gewerkschaftsmitglieder eine stärkere Erhöhung der Reallöhne, es kam
1969 zu sogenannten „wilden Streiks“.
Jahrzehnte später gab es weitere Kooperationsversuche von Arbeitgebern,
Gewerkschaften und Politik, so wie ein von den Gewerkschaften initiiertes
„[2][Bündnis für Arbeit und Standortsicherung“] im Jahre 1995 und im Jahre
1998 dann das [3][„Bündnis für Arbeit“] unter der Regierung von Gerhard
Schröder (SPD). Aufgrund der Massenarbeitslosigkeit konnten die Arbeitgeber
damals mit dem Abbau von Jobs drohen, um moderate Lohnsteigerungen zu
erzwingen. Heute herrscht hingegen Arbeitskräftemangel.
In der Praxis gehen die Tarifkämpfe derweil weiter: Beschäftigte der
Stahlindustrie beteiligten sich am Donnerstag an regionalen
Warnstreikaktionen. In der Stahlindustrie fordert die IG Metall 8,2
Prozent mehr Lohn.
2 Jun 2022
## LINKS
[1] https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/242411/vor-50-jahren-erst…
[2] https://www.dgb.de/themen/++co++62243886-1902-11df-6dd1-00093d10fae2
[3] /!1322851/
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
## TAGS
Gewerkschaft
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Tarifverhandlungen
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Inflation
SPD
Inflation
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Lohnerhöhung
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