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# taz.de -- Strafbarkeit von Straßenblockaden: Keine Erpressung mit Nötigung
> Auch Dringliches erlaubt in einer Demokratie keine Straftaten. Das ist
> leichter zu verstehen, wenn es um weniger Dringliches geht als den
> Klimaschutz.
Bild: Straßenblockade der Letzten Generation in München im Mai
Stellen wir uns vor, die „Aktion Lebensschutz für alle“ nimmt sich ein
Beispiel an der „Letzten Generation“ und beginnt nun ebenfalls [1][mit
Sitzblockaden auf den Hauptverkehrsstraßen]. Diese
Lebensschützer:innen setzen sich aber nicht für mehr Klimaschutz ein,
sondern für ein strengeres Abtreibungsrecht. Es könne nicht sein, dass in
einem der reichsten Länder der Welt Jahr für Jahr hunderttausend ungeborene
Kinder im Mutterleib zerstückelt werden. Das sei ein Massenmord an
künftigen Generationen, ein Zivilisationsbruch von unglaublichen
Dimensionen.
Die Forderung, so das Gedankenspiel, ist eindeutig: Die „Aktion
Lebensschutz für alle“ werde das öffentliche Leben so lange massiv stören,
bis der jüngst von der Ampel abgeschaffte Paragraf 219a im Strafgesetzbuch
wieder eingeführt wird. Es sei unerträglich, dass über mörderische
Schwangerschaftsabbrüche im Internet informiert werden darf, als ginge es
um eine Zahnreinigung.
Und natürlich berufen sich die Lebensschützer:innen nicht nur auf
Gott, sondern auch auf das Bundesverfassungsgericht, das schließlich schon
zweimal entschieden habe, dass Abtreibungen rechtswidrig sind und dass
Frauen eine Pflicht zum Austragen von Kindern haben. Die Nötigung von
Autofahrer:innen sei deshalb nicht verwerflich, wenn sie dem
Lebensschutz diene. Außerdem bestehe ein rechtfertigender Notstand, weil
die Straßenblockaden [2][die einzig erfolgversprechende Aktionsform] sind,
um Millionen ungeborener Kinder besser zu schützen.
Wie gut, dass Justizminister Marco Buschmann (FDP) auch in diesem
Gedankenspiel darauf hinweist, dass sich eine Demokratie nicht erpressen
lassen darf. Ein noch so dringliches Anliegen könne es nicht rechtfertigen,
dass Straftaten zur Durchsetzung politischer Ziele genutzt werden. Sonst
könne schließlich jeder sein Anliegen zum allerdringlichsten erklären und
nun ebenfalls die maximale Störung des öffentlichen Lebens propagieren.
Recht hat er. Es fällt aber natürlich viel leichter, das einzusehen, wenn
man das Anliegen der Klimaschützer nicht teilt. [3][Klimaschutz ist
wirklich sehr dringlich].
22 Nov 2022
## LINKS
[1] /Praeventivgewahrsam-fuer-Klimaaktivisten/!5893640
[2] /Soziologe-ueber-Letzte-Generation/!5894048
[3] /Blockaden-der-Letzten-Generation/!5890597
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Letzte Generation
Schwerpunkt Klimaproteste
Demokratie
Schwerpunkt Klimawandel
Marco Buschmann
Katharina Schulze
Bundesamt für Verfassungsschutz
Polizeigesetz
Transgender
IG
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