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# taz.de -- Skandalisierung als „Klima-RAF“: Klimaschutz ja, Protest nein
> Eine Mehrheit der Deutschen lehnt die Aktionen der Letzten Generation ab.
> CSU schwadroniert weiter von „Klima-RAF“.
Bild: Risiko Klimaprotest: Wütender Autofahrer in Berlin
Um mehr Klimaschutz geht es ihnen nicht: Vielmehr forderten Politiker von
Union und FDP am Wochenende erneut schärfere Strafen für Protestierende,
die sich für mehr Klimaschutz einsetzen. Bundesjustizminister [1][Marco
Buschmann (FDP)] sagte der Bild am Sonntag, sein Ministerium werde genau
beobachten, wie die Justiz mit den Angriffen von
Klimademonstrant:innen auf Kulturschätze umgehe – und gegebenenfalls
die Rechtslage verschärfen: „Sollte ich zu dem Ergebnis kommen, dass der
rechtliche Rahmen nicht ausreicht, werde ich handeln“, sagte Buschmann.
Er und andere schauen bei ihren Aussagen genau auf die Umfragen. Ob es um
[2][Kartoffelbrei auf einem Monet] in Potsdam oder um Autobahnblockaden
geht: Die öffentlichkeitswirksamen Aktionen der Klimaaktivist:innen
sind in der Bevölkerung mehr als umstritten: Während sich die Deutschen bei
Umfragen für eine stärkere Klimaschutzpolitik aussprechen, lehnen sie die
konkreten Aktionen der Aktivist:nnen mit noch größerer Mehrheit ab. Erst
am Freitag waren es in einer repräsentativen ZDF-Umfrage 83 Prozent.
Bereits Anfang November hatte Buschmann gesagt: „Wer Kunstwerke bewirft,
kann sich einer Sachbeschädigung strafbar machen. Eine Straßenblockade kann
als Nötigung bestraft werden. Und wenn Rettungswagen ausgebremst werden,
kommt auch eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Körperverletzung in
Betracht.“ Politiker von Grünen und SPD sprachen sich indes wiederholt
gegen eine neue Rechtslage aus. Die bestehenden Gesetze reichten aus.
Das sieht Bayerns Ministerpräsident Markus Söder anders. Er bestärkte die
Idee, die Klimaaktivist:innen könnten sich zu einer „Klima-RAF“
wandeln. „Es besteht immer die Gefahr, dass bei einer großen Bewegung ein
kleiner Kern beginnt, aggressiver und radikaler zu werden“, sagte er der
Funke Mediengruppe. „Das ist dummes Zeug, mit RAF hat das nichts zu tun“,
widersprach der [3][einstige Bundesinnenminister Gerhart Baum] im
Deutschlandfunk. Gesetzesverschärfungen lehnte Baum ab. „Hüten wir uns vor
Übertreibung, bleiben wir nüchtern. Den jungen Leuten muss man allerdings
sagen, ihr schadet eurer Sache damit mehr als ihr eurer Sache nützt.“
## „Viel Falschberichterstattung“
Verständnis für die Aktivist:innen kam indes von der Kirche: Er habe
„Sympathie für kreative Klimaaktivisten“, sagte Sachsens evangelischer
Landesbischof Tobias Bilz am Samstag in Dresden vor der Landessynode. Er
„verstehe den Schmerz der jungen Generation, die sagen: Wir halten das
nicht aus“.
Die Rolle der Medien bei den Aktionen der Letzten Generation kritisiert
indes Journalismusforscherin Margreth Lünenborg von der Freien Universität
Berlin: „Die Schuldfrage wurde blitzschnell beantwortet“, sagt sie zur taz
– und bezieht sich auf die Debatte um den [4][Tod einer Radfahrerin], die
in der vorvergangenen Woche von einem Lastwagen überrollt wurde.
Ein Spezialfahrzeug, das helfen sollte, die Verletzte unter dem Lastwagen
zu befreien, stand nach Angaben der Feuerwehr in einem Stau auf der
Stadtautobahn. Dieser soll durch eine Aktion der Klimaprotestgruppe Letzte
Generation ausgelöst worden sein. Dagegen betont die Notärztin, ein
Spezialfahrzeug hätte nichts an der Lage geändert.
Bei der Berichterstattung habe es ein vorschnelles, „klassisches Muster von
Skandalisierung“ der Klimaaktivist:innen gegeben, zusammen mit „viel
Falschberichterstattung“, betont Lünenborg. „Den Medien war bewusst, wie
konfliktiv diese Meldung ist. Es war ein extremes Politikum. Da wäre ein
größeres Ausmaß an Quellenvielfalt sinnvoll gewesen.“
## Risiken öffentlich diskutieren
Es sei wichtig, die Risiken eines solchen Protestes öffentlich zu
diskutieren. „Proteste, die keinem wehtun, sind keine Proteste. Ziviler
Ungehorsam, den die Polizei beklatscht, ist kein ziviler Ungehorsam“,
erklärt Lünenborg. Und dies, so die Professorin, könne auch „unintendierte
Folgen haben“.
Auch wenn niemand ein solches Unfallopfer bezwecke, gebe es ein Risiko,
dass auch in Zukunft Menschen real gefährdet werden könnten. „Aus diesem
Dilemma gibt es kein Entkommen“, so Lünenborg. Denn die Dringlichkeit des
Anliegens der Aktivist:innen könne „niemand ernsthaft infrage stellen“
– und so würden die Aktivist:innen Risiken eingehen. „Aber Ambivalenz
können Medien schlecht kommunizieren“, so Lünenborg.
13 Nov 2022
## LINKS
[1] https://twitter.com/MarcoBuschmann/status/1591788387513806849?s=20&t=ub…
[2] /Letzte-Generation-bewirft-Monet-Bild/!5886956
[3] https://www.deutschlandfunk.de/raf-vergleich-mit-umweltaktivisten-interview…
[4] /Getoetete-Radfahrerin-in-Berlin/!5890360
## AUTOREN
Shoko Bethke
Kai Schöneberg
## TAGS
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