| # taz.de -- Hausprojekt in Prenzlauer Berg: Der letzte Aufstand | |
| > Die Kastanienallee 12 war eine rebellische Oase in Prenzlauer Berg. Jetzt | |
| > wollen die Bewohner verhindern, dass das Haus Spekulationsobjekt wird. | |
| Bild: Bewegte Gegenwart: Die Hinterhöfe der Kastanienallee 12 in Prenzlauer Be… | |
| Berlin taz | Ein bisschen ist es wie mit dem berühmten Wüstenrot-Tag für | |
| Bausparer: Steht die [1][Finanzierung der Kastanienallee 12] bis zum Ende | |
| des Jahres, können die Bewohnerinnen und Bewohner an Silvester aufs neue | |
| Jahr anstoßen. Wenn nicht, dann wäre alle Mühe vergeblich gewesen und der | |
| Prenzlauer Berg um ein symbolisches Haus ärmer. | |
| Von der Mühe, um die es hier geht, kann Angela Dreßler ein Lied singen. | |
| Seitdem die Besitzerin der Kastanienallee 12 gestorben ist, suchen die etwa | |
| 100 Mieterinnen und Mieter eine Lösung, um ihr Haus vor Spekulation zu | |
| retten. „Die beiden Erben haben sie dabei auf ihrer Seite“, sagt Angela | |
| Dreßler, die der Kastanienallee 12 seit vielen Jahren verbunden ist und die | |
| Bewohnerinnen und Bewohner unterstützt. Anders als im zuletzt öffentlich | |
| diskutierten Fall [2][Oranienstraße 169 in Kreuzberg], wo linke Vermieter | |
| das Haus an Spekulanten verkaufen wollen, sind die Erben bereit, an eine | |
| Genossenschaft zu verkaufen. | |
| Es wäre die Lösung, die auch Dreßler und die Bewohner des Hauses | |
| bevorzugen. „Hirschhof“ haben sie vor langer Zeit ihr Haus mit den 54 | |
| Wohnungen genannt. Vor der Wende war es einer der beiden Zugänge in den | |
| ersten selbstverwalteten Hinterhof der DDR. Durch drei Hinterhöfe musste | |
| man gehen, dann stand man in der Oase des rebellischen Prenzlauer Berg, die | |
| man über die Oderberger Straße wieder verlassen konnte. Seitdem die | |
| Eigentümer dort den Zugang zum Hof privatisiert haben, erinnert nur noch | |
| die „K12“ an diese Geschichte. | |
| Mit einem Verkauf an Spekulanten wäre auch diese Erinnerung verloren. Und | |
| ein Haus, in dem die Bewohnerinnen und Bewohner, so wie die zahlreichen | |
| Künstlerinnen und Künstler, noch zu bezahlbaren Mieten leben und arbeiten | |
| können. Ob es so weit kommt, liegt bei Stadtentwicklungssenator Andreas | |
| Geisel (SPD). Seine Verwaltung entscheidet darüber, ob es rechtzeitig | |
| Förderkredite für den Erwerb der Kastanienallee 12 durch eine | |
| Genossenschaft gibt. | |
| ## Kaufpreis 7 Millionen Euro | |
| Die Mietergenossenschaft Selbstbau, die in den Nachwendejahren mit der | |
| Sanierung zweier Häuser in der Rykestraße angefangen hat, ist gern bereit, | |
| das Haus in der Kastanienallee zu kaufen. Um den Kaufpreis von 7 Millionen | |
| Euro finanzieren zu können, braucht sie allerdings eine sogenannte | |
| Ankaufförderung aus dem [3][Fördertopf, den Geisels Verwaltung für | |
| Genossenschaften bereithält]. | |
| Doch selbst wenn diese Förderung kommen würde, wären nicht alle Hürden | |
| genommen. Dass die Mieten bislang niedrig sind, liegt auch daran, dass die | |
| verstorbene Eigentümerin wenig in das Haus investiert hat. Zusätzlich zu | |
| den Erwerbskosten müsste die Selbstbau-Genossenschaft also eine | |
| „nachgeholte Instandhaltung“ in Höhe von 2,5 Millionen Euro finanzieren. | |
| Ohne Förderung, heißt es dort, sei das nicht machbar. | |
| In einem Schreiben an die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat die | |
| Selbstbau eG nun ein Finanzierungskonzept vorgelegt und eine | |
| „Einzelfalllösung“ verlangt. | |
| Eine Reaktion aus der Verwaltung gibt es noch nicht „Wir sind aber im | |
| Gespräch“, betont Geisels Sprecher, Martin Pallgen, gegenüber der taz. „W… | |
| haben der Kastanienallee 12 deutlich gemacht, dass wir unterstützen, wo wir | |
| können.“ Pallgen versicherte, dass man „auf einem guten Weg“ sei. | |
| Allerdings drängt die Zeit. Denn die beiden Erben haben bereits eine | |
| Teilungsversteigerung beim zuständigen Amtsgericht beantragt. Mit einer | |
| solchen Versteigerung könnten sie die Schulden begleichen, die ihnen durch | |
| das Erbe entstanden sind. Aber auch die Selbstbau käme nicht zum Zuge. Bis | |
| zum 30. November muss es eine Förderzusage durch den Senat geben, heißt es | |
| vonseiten der Genossenschaft. Der Förderbescheid müsse bis im Dezember | |
| vorliegen, sodass der Kaufvertrag noch im Dezember unterzeichnet werden | |
| könne. | |
| Unterstützung bekommen die Mieterinnen und Mieter von Klaus Mindrup, der | |
| lange Zeit für die SPD im Bundestag saß. „Alle Parteien sagen, dass sie | |
| MieterInnen, vor allem mit geringen Einkommen, schützen wollen“, sagt | |
| Mindrup der taz. „Am Beispiel der Kastanienallee 12 wird es nun konkret.“ | |
| Mindrup fordert, die Fördermittel, die zum Teil aus Bundesmitteln bestehen, | |
| „sinnvoll einzusetzen und gemeinsam mit den MieterInnen und der | |
| Mietergenossenschaft ein langfristig tragfähiges Modell umzusetzen“. | |
| 14 Nov 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Uwe Rada | |
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