Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- EU-Gipfel zur Energiekrise: Fauler Kompromiss made in Germany
> Statt eines Gaspreisdeckels kommt nur ein vager „Fahrplan“. Deutschland
> hat seine Eigeninteressen durchgesetzt – und damit Europa geschwächt.
Bild: Wer auf Ursula von der Leyen gebaut hatte, sah sich nach dem Energiegipfe…
Die EU lässt ihre Bürger und Unternehmen hängen. Nichts anderes bedeutet
der Beschluss des [1][EU-Gipfels zum sogenannten Gaspreisdeckel], den die
27 Staats- und Regierungschefs nach zehnstündigen Diskussionen am frühen
Freitagmorgen in Brüssel verkündet haben.
Kanzler Olaf Scholz und seine Amtskollegen haben keine Sofortmaßnahmen
gegen die Mondpreise bei Gas und Strom beschlossen, sondern nur einen
„Fahrplan“. Das ist so, als würde man eine Arbeitsgruppe zur
Brandbekämpfung gründen, wenn das Haus in Flammen steht.
Die EU-Chefs wollen auch kein verbindliches Preislimit einführen, sondern
bloß einen „vorübergehenden dynamischen Preiskorridor“ für Notlagen. Der
Kessel kocht über – doch die Köche scheuen sich, die Temperatur herunter zu
stellen und den Deckel drauf zu machen!
Zu verdanken haben wir diesen faulen Kompromiss der deutschen Regierung.
Ein Jahr lang hat sie in Brüssel alle Vorschläge gegen die Energiekrise
abgebügelt. Dann hat sie eine nationale Gaspreisbremse eingeführt. Beides
hat Deutschland in der EU isoliert.
Doch statt auf die EU-Partner zuzugehen und ein europäisches Pendant zum
bis zu 200 Milliarden Euro teuren deutschen „Doppelwumms“ vorzuschlagen,
schaltete Scholz in Brüssel auf stur. Kein verbindlicher Preisdeckel und
keine neuen EU-Hilfen, so seine Ansage.
Nun hat er sich durchgesetzt – doch um welchen Preis! Bürger und
Unternehmen müssen weiter auf eine europäische Lösung warten. Von dem vagen
„Fahrplan“ für einen Gaspreisdeckel können sie sich nichts kaufen. Hilfe
aus Brüssel kommt viel zu spät – wenn überhaupt.
Selbst wenn sich die [2][Energieminister] wie geplant in der kommenden
Woche über den mageren Gipfelkompromiss beugen und die fehlenden Details
nachtragen sollten – der Schaden ist längst angerichtet. Viele Bürger sind
schon zahlungsunfähig, viele Unternehmen gehen gerade pleite.
Wer auf die EU und ihre Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gehofft
hatte, sieht sich schwer enttäuscht. Die deutsche Politikerin hat sich an
die deutsche Linie gehalten. Eigene Initiativen hat sie nicht gewagt,
Vorschläge aus anderen Ländern hat sie allzu lange ignoriert.
Doch auch Scholz’ Ansehen hat schwer gelitten. Angetreten war er mit dem
Versprechen, Deutschland und die EU aus der Krise zu führen. Nun ist er der
Kanzler, der Europa in der schwersten Krise seit dem 2. Weltkrieg
ausgebremst und das nationale deutsche Interesse obenan gestellt hat.
Sogar der vielbeschworene [3][deutsch-französische „Motor“] ist beschädig…
Die Regierungskonsultationen, die eigentlich in der kommenden Woche
stattfinden sollten, wurden auf Januar verschoben. Es hakt nicht nur in der
Energiepolitik, sondern auch bei der Verteidigung – und das mitten im
Krieg.
21 Oct 2022
## LINKS
[1] /EU-Gipfel-zur-Energiekrise/!5889815
[2] /Zwist-vor-EU-Gipfel/!5889759
[3] /Deutsch-franzoesisches-Verhaeltnis/!5889748
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
EU-Sondergipfel
Ursula von der Leyen
Olaf Scholz
Schwerpunkt Emmanuel Macron
Energiekrise
Gaspreise
Energiekrise
Energiekrise
Schwerpunkt Emmanuel Macron
Schwerpunkt Emmanuel Macron
Gas
## ARTIKEL ZUM THEMA
Streit um EU-Gaspreismechanismus: Deckel ohne Wert
Der EU-Gipfel einigt sich auf einen Gaspreisdeckel mit zweifelhaftem
Nutzen. „Ich hoffe, dass er niemals relevant wird“, sagt Bundeskanzler
Scholz.
Geplante Gaspreisbremse für 2023: Früherer Start gefordert
Wirtschaftsvertreter und Ministerpräsident wollen die Einführung
der Gaspreisbremse bereits zum 1. Januar. Bundeskanzler Scholz prüft das.
EU-Gipfel zur Energiekrise: Scholz bremst bei Gaspreisdeckel
Deutschland verhindert beim EU-Gipfel ein dauerhaftes Preislimit. Die
EU-Staaten wollen gemeinsam Gas kaufen, damit es günstiger wird.
Ministerpräsidentenkonferenz in Hannover: Strompreisbremse ab 1. Januar
Die Regierungschefinnen und -chefs der Länder fordern von der
Bundesregierung mehr Entlastungstempo. Kritik üben sie am Zeitplan der
Gaspreisbremse.
EU-Gipfel zur Energiekrise: Einheit gewahrt, Kompromiss vage
Der EU-Gipfel in Brüssel findet einen Kompromiss im Streit um Maßnahmen
gegen hohe Energiekosten. Was das aber ganz genau bedeutet, ist noch
unklar.
Zwist vor EU-Gipfel: Scholz’ unangenehme Reise
Zwischen Frankreich und Deutschland herrscht schlechte Stimmung. Grund sind
Meinungsverschiedenheiten in der Verteidigungs- und Energiepolitik.
Milliardenpaket gegen die Gaskrise: Falsches Signal an Europa
Der „Doppelwumms“ ist nötig, darf aber nicht auf Deutschland beschränkt
bleiben. Die Bundesregierung muss sich für eine europäische Lösung
einsetzen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.