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# taz.de -- Bibliothek „Fasiathek“ in Hamburg-Altona: Vernachlässigte Pers…
> Bücher Schwarzer Autor*innen gibt's viele. Aber in Deutschland sind
> sie schwer erhältlich. Die Hamburger „Fasiathek“ soll helfen, das zu
> ändern.
Bild: Liedermacherin Fasia Jansen (l.) ging vorneweg. In Hamburg folgt eine Bü…
Hamburg taz | Bücher von Schwarzen Autor*innen sind selten in
Deutschland. Dabei gibt es gar nicht so wenige. Aber das Problem mit ihnen
ist, dass sie eben selten sind – also kaum im Handel, kaum in den
öffentlichen Bibliotheken vertreten und als regelrecht versteckte Schätze
für den normalen Literaturliebhaber nahezu unerreichbar bleiben.
Millicent Adjei versucht, das zu ändern. Der Verein „Arca – Afrikanisches
Bildungszentrum“, dem sie angehört, hat nun die [1][„Fasiathek“] eröffn…
die erste Bibliothek in der er es ausschließlich Bücher von Schwarzen
Autor:innen gibt. In den Räumen der Fux Genossenschaft, der ehemaligen
Viktoria-Kaserne in Hamburg-Altona, gibt es mehrere Hundert Bücher, die vor
Ort gelesen werden können.
Die Sammlung umfasst Sachbücher, Lyrik, Theater, Romane, Kinderbücher und
mehr. Und richtet sich an „Bürger:innen Hamburgs die sich mit Schwarzer,
afrikanischer, afrodeutscher Geschichtsschreibung, aus der
[2][afrikanischen und Schwarzen Perspektive] auseinandersetzen möchten“, so
Millicent Adjei zur taz.
Die Fasiathek wirkt mit ihren Tischreihen und der Theke wie ein Lesecafé
und lädt deswegen dazu ein, die Bücher gleich vor Ort zu lesen. Aber der
Bestand setzt sich mehrheitlich noch aus gespendeten Büchern zusammen, die
den verschiedenen Communities und den Mitglieder:innen des Vereins
privat gehörten: „Aktuell sind wir noch eine Präsenz-Bibliothek, aber in
Zukunft wollen wir die Bücher auch tatsächlich verleihen können“, sagt
Adjei, die Sozialökonomie in Hamburg studiert hat.
Der Bücher-Fundus wächst stetig und es gibt schon einige Bestseller in der
Fasiathek: „Das beliebteste Buch bei uns ist gerade ,How Europe
Underdeveloped Africa' von Walter Rodney“, erklärt Adjei, die große
Holzohrringe in der Form des afrikanischen Kontinents trägt.
Walter Rodney war ein Politiker und Aktivist aus dem Karibikstaat Guyana
und eine wichtige Figur der Black-Power-Bewegung. Genauso im
Fasiathek-Regal: klassische Herzschmerz-Geschichten von Tsitsi Dangarembga
aus Zimbabwe. Oder „I Believe I can“ von der US-Amerikanerin Grace Byers,
die eigentlich als Schauspielerin bekannt ist und mittlerweile Bücher für
Kinder schreibt, um ihr Selbstvertrauen zu stärken.
Die Sprachen der Bücher in der Fasiathek sind so vielseitig wie die Themen.
Vorhanden ist Literatur auf den Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch,
Spanisch, Portugiesisch. Und bald steht das nächste Projekt für die
Fasiathek an: „Wir möchten unseren Fokus mehr auf afrikanische Sprachen
legen. Wir haben schon einige Bücher auf Yoruba hier.“ Yoruba gehört zu
einer der am meisten gesprochenen Sprachen in Westafrika: In Nigeria und
Benin wird sie von um die 30 Millionen Menschen gesprochen. Trotzdem
gestaltet sich die Beschaffung dieser Bücher als äußerst schwierig.
„Da sind wir schon sehr auf die [3][Communities] angewiesen, bei diesen
Sprachen“, muss Adjei zugeben. Themen der Bücher sind zweitrangig in der
Fasiathek. Wichtig ist nur, dass die Inhalte eine Schwarze Perspektive
wiedergeben. Die kommt für Millicent Adjei nämlich zu kurz: „Es braucht
eine extra Bibliothek dafür. Es gibt viele Bücher über Afrika, die aber
nicht von Afrikaner:innen und ihrer Diaspora geschrieben sind. Es geht
auch darum, unsere eigene Geschichte aus unserer Perspektive erfahren zu
können.“
Es gehe nicht darum, nicht-schwarze Autor:innen auszuschließen. Sondern
darum, dass Schwarze Autor:innen durch Orte wie der Fasiathek sichtbarer
gemacht werden. In den Listen der Universitäten oder staatlichen
Bibliotheken tauchen sie entweder nicht auf oder werden nicht als solche
gekennzeichnet: „Die anderen Bibliotheken bestellen die Bücher vielleicht
erst nachträglich, wenn sie darauf angesprochen werden“, argumentiert
Adjei.
Es geht in der Fasiathek auch darum, die Verhältnisse zwischen Schwarzen
und nichtschwarzen Autor:innen auszugleichen: „Wir sind nun mal eine
Spezialbibliothek, Bücher von weißen Autor:innen gibt es sowieso in
jeder anderen Bibliothek. Das ist bei Schwarzen Autor:innen nicht der
Fall.“ Tatsächlich sind auch Bücher weißer Autor:innen zu finden in der
Fasiathek, aber unter folgender Bedingung: „Wenn es sich um eine
Kollaboration mit einer Schwarzer Autor:in handelt.“
Mit der Fasiathek möchte der Verein Arca auch seinem selbstauferlegten
Bildungsauftrag gerecht werden. Deswegen finden dort auch Lesungen,
Workshops oder andere kulturelle Veranstaltungen statt. Kalligraphie-Kurse
für Kinder und Jugendliche gibt es in den Sommerferien. Die
Aufklärungsarbeit über afrodiasporisches Leben zieht sich durch alle
Strukturen des Vereins.
Das zeigt auch der Name „Fasiathek“. Er erinnert an Fasia Jansen, eine
Frau, die als Kind eines Schwarzen Mannes und einer weißen Mutter während
der NS-Zeit in Hamburg aufwuchs und [4][immer wieder rassistische
Diskriminierung erfuhr] – aber auch Solidarität. 1991 wurde Jansen ein
Bundesverdienstkreuz für soziales Engagement verliehen. Adjei ist selbst
sozial engagiert.
Die Betreiber:innen sind neben Vereinstätigkeiten auch aktivistisch
unterwegs, immer mit dem Schwerpunkt Afrika in einem Bildungskontext.
Deswegen soll die Fasiathek auch ein Ort für jene sein, um etwaige
Bildungslücken über Schwarzes Leben zu schließen.
Die Fasiathek hat immer mal mit Geldlücken zu kämpfen und bleibt auf
Spenden angewiesen. Es gibt keine Person, die Vollzeit für den Verein
arbeiten kann. Im Fux-Gebäude hat man zumindest eine Heimat gefunden. Die
Suche nach Räumen hatte mehrere Jahre gedauert. Der Einzug hier war ein
wichtiger Schritt für Adjei und den Verein: „Hey, wir sind jetzt hier und
wir bieten Bücher von Schwarzen Autor:innen an. Trotzdem möchten wir uns
weiter professionalisieren, auch um das besser nach außen tragen zu
können.“
21 Nov 2022
## LINKS
[1] https://arca-ev.de/projekt/fasiathek-schwarze-praesenzbibliothek/
[2] /Literaturwissenschaftler-ueber-Kolonialismus/!5876119
[3] /Black-Communities-Zentrum/!5859048
[4] https://www.fasia-jansen-stiftung-ev.de/Galerie/
## AUTOREN
Victor Efevberha
## TAGS
Empowerment
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Afrodeutsche
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